Deutschland digital und auch sonst zu doof
Oder anders gesagt: Irgendwie geht hier gar nichts mehr geradeaus, alles wird irgendwie kaputtkompliziert und gelähmt.
Ausland
Ich war im Ausland, in einem Land, das als deutlich kleiner, schwächer, weniger modern gilt als Deutschland.
Am – zugegebenermaßen sehr kleinen, aber trotzdem internationalen – Flughafen saßen zwei Beamte an der Passkontrolle. Zwei für den gesamten Flughafen. Und das hat völlig gereicht, man hatte höchstens zwei Personen vor sich in der Schlange, und es ging ruck-zuck durch.
Warum?
Sie haben da – gezählt habe ich sie nicht – so zwanzig oder dreißig Automaten rumstehen, zu denen man vorher geht. Die haben einen Touchscreen, einen Scanner für den Ausweis oder Reisepass, eine Kamera mit Beleuchtung und einen Thermodrucker, wie Bondrucker. Da hält man seinen Pass auf den Scanner, dann vermisst einen das Ding biometrisch über die Kamera und macht ein Foto von einem. Und wenn es zufrieden ist, druckt einem das Ding einen Zettel aus, auf dem ein Foto vom Gesicht drauf ist und dabei steht: Das ist der Danisch, geprüft und für korrekt befunden. Kommt man dann an die Passkontrolle und kann so einen Zettel vorlegen, guckt der nur kurz, ob man der ist, der auf dem Foto auf dem Zettel gezeigt ist, und die Sache ist erledigt. Vom Beamten genauer geprüft wird nur der, der, warum auch immer, am Automaten nicht zum Erfolg kam.
Ein zentraler Punkt daran ist, dass sie an den Automaten auch nicht strikt nach Warteschlange gehen. Es stehen genug rum. Kommt man hin, findet man einen, der frei ist. Manche Leute sind schneller, andere brauchen länger, aber die Schnelleren müssen nicht auf die langsameren Warten. Hochparallelisiert, sozusagen.
Auch sonst sehr effizient. Man kommt vom Parkplatz, geht ins Gebäude und steht direkt am Check-In. Von da bis zur Treppe am Flugzeug ist alles auf einer Ebene, es geht nicht hoch und nicht runter. Vom Eingang bis zur Flugzeugtreppe habe ich vielleicht – Gang zum Klo nicht eingerechnet – 150 Meter zurückgelegt. Horizontal.
Während ich auf den Flieger wartete, sprach mich eine Dame vom Flughafen an. Sie seien um Verbesserungen bemüht, und ob es mir wohl etwas ausmachen würde, ihren Fragebogen auszufüllen, ob denn auch alles zu meiner Zufriedenheit war, oder man etwas besser machen könne.
Berlin BER
Die Passkontrolle hat etwa eine halbe Stunde Anstehen gedauert. Dabei musste man erst mit dem Gepäck – wenn auch nur das Bordgepäck, aber auch das kann schon zwei, drei Taschen ausmachen oder bei anderen Leute kleine Kinder – eine Treppe über eine Etage hoch und hinten wieder eine Treppe über eine Etage runter. Und die ließen einen da wenig lang auf der Treppe und in stickigen Gängen anstehen, teils ging es gar nicht voran. Gestopfte Enge. An der Wand hängen Plakate, die höhnen, man möge doch wegen der Pandemie 2 Meter Abstand voneinander halten. Tatsächlich eher 20cm.
Ich habe mich unbeliebt gemacht. Ich habe Knie und Rücken, und bin deshalb statt das Gepäck die Treppe hochzuschleppen den Fahrstuhl genommen, um eine Etage hochzufahren. Was dann, wenn die Schlange auf der Treppe nicht voran geht, den Effekt des Vordrängelns hat. Die Frage, wie ich es denn richtig machen müsste, kann mir aber auch keiner beantworten.
Während man so in der Schlange steht, sieht man, dass sie da vier automatisierte Passkontrollen haben, die aber abgeschaltet und nicht in Betrieb sind. Nebendran sitzen vier Beamte in ihren Glaskästen und kontrollieren alles manuell. Was bei den Passagieren nur einer einzigen Boeing 737 eben eine halbe Stunde dauert.
Nachdem ich kontrolliert wurde, frage ich, warum die automatisierten Passkontrollen nicht in Betrieb sind. Sie erklärt mir, dass dafür da zwei sitzen müssten, und irgendwas Genuscheltes mit „Stellen“, irgendwie haben sie da nicht genug Leute. Die automatisierten Passkontrollen in Berlin sind nämlich, das hatte ich im Blog schon beschrieben, keine völlig selbständig arbeitenden Geräte, sondern nur den Beamten bei der Kontrolle vorgeschaltet. Da müssen dann zwei sitzen, und die drücken, wann einer durchgehen kann, weil die dem zusehen und sich das Ergebnis nochmal anschauen. Und weil da keine zwei Beamte hintendran sitzen, weil keine da sind, können auch die Anlagen nicht verwendet werden.
Ich wage nicht zu fragen, ob es nicht effektiver und effizienter wäre, wenn die vier Beamten, die sie ja haben, nicht alle vier manuell kontrollieren würden, sondern zwei von ihnen das automatisierte Ding in Betrieb nähmen. Die Antwort könnte mich zu sehr erschüttern.
Halten wir fest: Wir installieren automatisierte Passkontrollen, und können sie nicht verwenden, weil wir nicht genug von den Beamten haben, die die automatisierten Passkontrollen eigenlich ersetzen sollten, weil die alle manuelle Passkontrollen machen müssen.
Hintendran geht es wieder eine Treppe runter. Zum Gepäckband.
Mein Koffer kotzt. Weil ich so lange durch die Passkontrolle gebraucht habe, ist er so lange auf dem Gepäckband im Kreis herum gefahren, dass er seekrank geworden ist. Hatten sie nicht das Problem, dass die Gepäckbandkapazitäten nicht reichen? Kein Wunder, wenn das Gepäck da eine halbe Stunde rumfährt, bis seine Besitzer durch die Passkontrolle sind.
Wie kommt man von Terminal 2 zur S-Bahn?
Unklar. Die Raucherzone ist gut ausgeschildert, der Weg zur S-Bahn nicht. Man muss in Berlin Prioritäten setzen.
Also rein in Termninal 1, die Rolltreppe runter und dann mit dem Fahrstuhl zur S-Bahn zu fahren, weil die doof genug waren, einen Flughafenbahnhof zu bauen, von dem aus nur eine Rolltreppe hoch, aber keine runter geht. Anscheinend nahm man an, dass da sowieso keiner mehr zurück kommt, wenn er es erst mal geschafft hat, weg zu kommen.
Ich beschließe, entgegen meinem Ziel, der S-Bahn ganz unten, erst mal von der Zwischenetage hoch zu fahren. Denn ich finde es bekloppt, dass ich bei der Ankunft immer erst eine Rolltreppe runter und dann mit dem Aufzug noch weiter runter fahren muss, und könnte doch direkt mit dem Aufzug runterfahren, wollte aber mal gucken, wo der überhaupt ist, weil er nicht ausgeschildert ist. Also mal hochfahren und Kopf rausstrecken, wo man ankommt.
Es stinkt. Weil zu mir in den Fahrstuhl ein türkischer Flughafenarbeiter mit einer riesigen stinkenden Mülltonne reinkommt. Sie haben keine getrennten Fahrstühle für Passagiere und die Hausverwaltung. Als wir ganz oben ankommen und ich dann erleuchtet über den Ort der Fahrstuhltür bin, und schon auf “U2” gedrückt habe, weil ich ja eigentlich ganz nach unten will, kommt noch einer mit einem Reinigungsgefährt, das auch übel riecht, gerade auf mich zu, der will auch noch rein. Es ist absehbar, dass das fürchterlich eng wird und fürchterlich stinken wird, ich also erst mal raus. Der Türke stößt schreckliche Flüche gegen mich aus, weil ich U2 gedrückt habe (ganz unten) aber ganz oben aussteige. Zugegeben, es wirkt bösartig, aber dass ich von der Müllkolonne im Fahrstuhl in die Zange genommen werde, ist mir auch noch nicht passiert.
Ich also mit dem anderen Fahrstuhl wieder ganz runter, zur S-Bahn.
In der S-Bahn stinkt es übel nach Pisse.
Wie wird das erst, wenn jeder Penner ein 9-Euro-Ticket hat?
Andere Meinungen
Ich komme heim und finde in der Mailbox:
"Das ist kein Ort, an dem man leben will."
Ukrainische #Flüchtlinge beschweren sich über Zustände in #Berlin!
Obwohl die jungen Leute nicht unrecht haben, sind es erstaunliche Worte für jemanden, dessen Land "vor der Auslöschung" steht.
🙂#Ukraine️ pic.twitter.com/5V3AjceadI— Hartes Geld (@Hartes_Geld) May 19, 2022