Ansichten eines Informatikers

Ursache des Zugunglücks in Bayern

Hadmut
3.6.2022 22:25

Mmmh. [Update]

Bei mir gehen wieder Mails zum Unglück und seiner Ursache ein. Heute das Zugunglück in Bayern.

Wie so oft ist mein Standpunkt, dass man mit der Benennung der Ursachen schon wird warten müssen, bis man sie weiß. Es gibt keine Pflicht, sich schon am Tag eines Unglücks auf eine Ursache festzulegen.

Ein Leser verweist auf einen Artikel des Guardian, in dem es eher lapidar heißt:

“It was just terrible,” an American soldier who witnessed the accident from a nearby road told Garmisch-Partenkirchener Tagblatt newspaper. “Just terrible, the train suddenly tipped over.”

So, wie Züge eben einfach so anlasslos umkippen.

Die Polizei hat ja heute schon gesagt, dass man die Ursache nicht kennt, aber zwei häufige Ursachen ausschließen kann: Es gab keine Kollision mit einem anderen Fahrzeug, und es gab keine Weiche, die falsch gestellt hätte sein können. Es gab da einfach nur so eine normale, einfache Strecke. Einfach nur so Schienen. Und aus denen ist der Zug irgendwie herausgefallen.

Ein Gedanke, der mir da kam, war Sabotage. Man kann natürlich ohne viel Aufwand etwas an den Schienen machen, wodurch der Zug entgleist. Was ich aber dann seltsam fände, wäre, dass der Zug anscheinend mit den mittleren Wagons entgleist ist, nicht von der Spitze her. Das sagt natürlich nicht viel, weil die Lok schwerer ist und deshalb nicht so leicht entgleist.

Ein anderer Gedanke, der mir kam, war überhöhte Geschwindigkeit. Denn die Strecke sieht auf den Bildern aus, als gäbe es da eine leichte Biegung, und der Zug sei genau da rausgefallen, als wäre er aus der Kurve geflogen.

Der Leser meint aber nun, der Zug sei wegen des 9€-Ticket einfach überladen gewesen, zuviel Passagiere.

Das erscheint mir jetzt etwas weit hergeholt. Kann man einen Personenzug mit Menschen überladen? So ein Wagon wiegt doch schon viele Tonnen, kann man da überhaupt noch soviel Menschen reinstopfen, dass es zu einer signifikanten Veränderung des Schwerpunktes kommt?

Die vollsten Züge, die ich je erlebt habe, waren die am Wochenende, mit denen ich vom Grundwehrdienst freitag abends heim gefahren bin. Ich habe mal eine dreiviertel Stunde auf nur einem Bein gestanden, weil der Zug zu voll war, um den zweiten Fuß auf den Boden zu kriegen. Das war überaus unangenehm, und die Luft darin sehr schlecht, aber der Zug nicht instabil.

Es sollte eigentlich physikalisch auch nicht auf das Gewicht ankommen, weil das Vektordiagramm gleich bleibt. Die Zentrifugalkraft in der Kurve hängt zwar von der Masse ab, die Gewichtskraft nach unten aber auch.

Kritisch könnte aber sein, dass beim leeren Zug das Gewicht unten im Fahrgestell ist, der Schwerpunkt deshalb sehr niedrig, und der Aufbau eher Leichtbau. Es wäre zumindest denkbar, dass eine große Zahl von Personen im Zug den Schwerpunkt nach oben verlagert, und der dann leichter aus der Kurve kippt.

Wieviel Leute passen in so einen Zugwagon, wenn man stopft? 100?

Normalerweise ist ein Wagon so um die 25 Meter lang. Das wären vier Leute auf jedem Meter. Nehmen wir mal 150. Mit Gepäck vorsichtig geschätzt zu 70 kg. Eher weniger, wenn das Schüler waren, aber die vieleicht mit Ranzen. Das wären ungefähr 10 Tonnen Mensch.

Gewichtsangaben habe ich jetzt nur zu historischen Wagons gefunden, aber die wiegen wohl so in der Größenordnung von 20 Tonnen.

Können die aus der Kurve fliegen, wenn 10 Tonnen Mensch drin sitzen? Im Fernsehen heißt es, der Zug sei „voll besetzt“ gewesen.

Weiß ich nicht, aber ich würde mal annehmen, dass genau das bei der Konstruktion von Zügen berücksichtigt wird. Und dass es für Züge Angaben gibt, mit welcher Geschwindigkeit die in welche Kurve gehen können.

Das allein scheint mir als Einzelursache nicht ausreichend. Meist beruhen Unglücke auf einer Verkettung mehrerer Ursachen.

Was, wenn die da immer zu schnell gefahren sind? Und das bisher nichts machte, weil nie so voll. Und jetzt eben 9€-Ticket-voll?

Die Rede ist von „voll besetzt“. Nicht von „überbelegt“.

Ich würde da eher nach einem Achsbruch oder einem Fremdkörper oder einer Manipulation an den Gleisen suchen.

Update: Es waren Doppelstockwagons. Heißt, dass a) mehr Menschen reinpassen und b) der Schwerpunkt stärker nach oben rückt.