Ansichten eines Informatikers

Und sie waren doch Sozialisten…

Hadmut
8.6.2022 20:47

Übel, übel.

Ich hatte schon ein paarmal im Blog geschrieben, dass die Nationalsozialisten Sozialisten waren – wie der Name schon sagt.

Jedesmal bekomme ich böse, empörte Zuschriften, was für ein Unfug, was für ein Unsinn das wäre, niemals hätten die Nationalsozialisten irgendwas mit Sozialismus zu tun gehabt, sei ja das Gegenteil, weil Ungleichheit und so weiter.

Stinkt wieder mal nach Doppelbegriff für dieselbe Sache, einer positiv, einer negativ konnotiert. Passt’s gerade, nennt man es Sozialismus. Passt es einem nicht, nennt man es Nationalsozialismus.

Und dann ist man damit auch schon ziemlich nahe am Historikerstreit, Ernst Nolte vs. Jürgen Habermas. (Da habe ich wohl noch was anderes auf Lager.)

Ein Leser hat mich dazu nun darauf aufmerksam gemacht, dass Wladimir Putin vor wenigen Tagen russische Archive mit deutschen Schriftstücken aus dem Dritten Reich und Zweiten Weltkrieg geöffnet und öffentlich zugänglich gemacht habe, modern gescannt und im Internet zugänglich. Sollte wohl sowas wie ein Warnschuss gegen die Deutschen sein – Vorsicht, wenn Ihr zu sehr auf Ukraine macht, machen wir die Archive auf.

Und das könnte übel verlaufen, weil man hier doch eine Menge historische Vorgänge, sagen wir mal, an ideologischen Interessen ausgerichtet hat. Beispielsweise eben die Frage, ob die Nazis primär gegen Juden oder gegen Kommunisten waren, und ob sie eben Sozialisten waren oder nicht. Da könnte einiges in den Archiven schlummern, was nicht ganz zur Darstellung passt.

Bereits 2020 ging die Ankündigung durch die Medien.

Tagesspiegel
Russland kündigt an, Weltkriegs-Archive zu öffnen Putin will Geschichtsfälschern „das Maul stopfen“
WELT
Was in den hochsensiblen Akten russischer Archive schlummern kann
Augsburger Allgemeine
“Geschichtsfälschung”: Putin will Weltkriegs-Dokumente öffnen

Dazu nun schreibt mir ein Leser, dass die Russen darunter die „SS-Handbücher für den weltanschaulichen Unterricht“ publiziert hätten. Dem Scan nach dünne Heftchen, die da als Themenserie aufgelegt wurden und der SS dazu diente, wackere Nazis abzurichten.

Und in dieser „Akte 27“, dem Scan eines Stapels dieser Heftchen, der Nummern 1 bis 25, findet sich auf Seite 34 (der Link müsste direkt dahin gehen) das „Thema 5“: „Wir sind Sozialisten“

Und sie fangen – so richtige Nazis halt – gleich mit der wesentlichen Frage an:

Weshalb sind wir Sozialisten?

Weil echter Sozialismus Ausdruck unserer rassischen Substanz ist und daher auf die gesunde Erhaltung unserer blutlichen Gemeinschaft hinzielt.

Nazimäßiger könnte man es kaum formulieren.

Das kommt wie eine Antwort auf eine Frage daher, wirft aber erst richtig Fragen auf. Ob nämlich der Sozialismus eben nicht die Gleichwertigkeit, sondern eine homogenisierte Gleichheit zum Inhalt hat. Und der heutige Sozialismus wieder auf eine Homogenisierung hinausläuft, nur eben unter Vermeidung von Rasse und Herkunft, indem man künstlich künstlich mischt und unterschiedsblind macht.

Ob also der heutige Sozialismus im Prinzip genau derselbe wie der der Nazis ist, nur mit zwei Detailunterschieden:

  • International statt national
  • „Rasse“ kosmetisch aus der Ideologie herausoperiert, weil es sonst zu sehr nach Nazi aussieht und ja den Aspekt der Nationalität befördern könnte.

Ich hatte oft geschrieben, dass ich Linke und Rechte für sehr ähnlich halte, und es mich stört, dass man in den Ausstellungen immer den Fokus auf die konkreten Symbole wie Hakenkreuze, Uniformen und sowas legt, anstatt das Funktionsprinzip zu erläutert, damit es sich nicht wiederholt, und ich deshalb den Verdacht hege, dass man eben das gerade nicht will, dass es sich nicht wiederholt, sondern das Prinzip nochmal links neu auflegen will. Die Methodengleichheit hatte ich ja schon oft beschrieben und dass die Nazis in vielerlei Hinsicht ein Plagiat der Kommunisten waren. Achtet mal darauf, wie der Absatz weitergeht:

Weil nur eine gerechte soziale Ordnung die Zukunft des deutschen Volkes und Europas sichert.

Weil wir aus der Vergangenheit und ihren Fehlern gelernt haben.

Ersetze „deutsches Volk“ durch „Deutschland“, und die zwei Sätze könnten 1:1 im Wahlprogramm der SPD stehen, ohne irgendwie aufzufallen oder fremd zu wirken.

Oder der:

Welches waren die Fehler?

Das deutsche Volk bildete keine geschlossene Gemeinschaft; es hatte im Vergleich zu anderen Völkern zwar vorbildliche soziale Einrichtungen, Krankenversicherung, Unfallversicherung, Invalidenversicherung, Angestelltenversicherung, Altersversorgung, aber es war als Volk uneinig und zersplittert. Das wahre Gemeinschaftsgefühl fehlte.

Könnte – bis auf den Begriff „Volk“ – genau so von der SPD stammen.

Staat und Volk trennte eine tiefe Kluft. Soziale Einrichtungen allein verwirklichen noch nicht den Sozialismus. Das Volk muß zum sozialen Denken, Wollen und Handeln erzogen sein.

Liest sich wie die Programmanweisung an ARD und ZDF.

Das materielle Denken siegte. Der Aufstieg der Technik stand nicht im Dienst der Volksgemeinschaft und der sozialen Gerechtigkeit, sondern war Mittel der Ausbeutung durch Juden und internationales Kapital.

Streiche „Juden“ und man ist damit direkt bei den Schriften der Antifa. Obwohl die ja auch gerade wieder anfangen, gegen Juden zu töbern.

Ersetze „Juden“ durch „weiße Männer“, und man ist beim Feminismus.

Konzentration des Geldes in den Händen weniger: ihnen gegenüber Millionen, deren Lebensstandard aus Profitgier dauernd niedrig gehalten wurde.

Läuft nicht genau das ständig bei ARD, ZDF und in der Presse? Dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, dass die Milliardäre in der Pandemie so zugelegt hätten?

Was will unser Sozialismus?

Das Parteiprogramm fordert:

Punkt 9: Alle Staatsbürger müssen gleiche Rechten und Pflichten haben.

[…]

Die Volksgemeinschaft kennt keine sozialen Vorurteile. Sie schließt jede Art von Standes- und Gruppenegoismus aus.

[…]

Jedem Volksgenossen stehen alle Ausbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten offen, die seiner Begabung entsprechen. Der Pflicht zur Arbeit entspricht das Recht auf gerechten Lohn. […]

Die Volksgemeinschaft garantiert Sicherheit des Lebensabends, Sicherheit bei Krankheit, Invalidität und Mutterschaft sowie das Auskommen der Witwen und Waisen (Gegenbeispiel: England).

Liest man inzwischen quer durch alle Medien und von den Gewerkschaften. Die Renten sind sicher, Mütterrente, Gerechtigkeit und so weiter.

Es ist verblüffend, geradezu frappierend, wie sehr diese Nazi-Schriften – immerhin ideologisches Lehrmaterial der SS – heutigen Parteiprogrammen, Medieninhalten der Presse und des Rundfunks, Unterrichtsstoffen ähneln, eigentlich deckungsgleich sind und wortwörtlich passen, wenn man „deutsches Volk“ durch „Deutschland“ und „Juden“ durch „Weiße Männer“ ersetzt.

Was nun wiederum die Frage aufwirft, warum Putin das gerade jetzt rauslässt.

War das ein Warnschuss gegen die Bundesregierung?

Kann Putin die Bundesregierung mit den Leichen erpressen, die man da noch im Keller hat, namentlich in den russischen Archivkellern?