Pseudodigitalisierung
Digitalisierung als gesellschaftliches Bekenntnisspiel.
Ein Leser schreibt:
Hallo Hadmut,
Du hattest ja über die re:publica abgelästert.
Ich hab das auch gestreamt, mir ist aber was anderes aufgefallen.Ich hab in 3 Tagen nur einen Talk gehört, der mit was digitalem zu tun hatte. Gleich am ersten Tag zum Thema Chat-Überwachung.
Technische Vorträge? Fehlanzeige.Ansonsten nur Klima, “irgendwas mit Medien”, “irgendwas mit Gender” und natürlich viele Leute, die gleich auch noch ihr Buch verkaufen wollten.
Digitales spielt bei dieser Veranstaltung offenbar keinerlei Rolle mehr.
Das ist mir auch aufgefallen, und zwar vor allem, als hinterher gesagt wurde, wer alles, sogar der Kanzler, gekommen sei, um sich „über Digitalisierung zu informieren“ oder zumindest eine Formulierung in der Art. Ich bin mir nur nicht mehr sicher, ob ich das in der Abschlussrede oder in irgendeinem Fernsehbericht gehört hatte, wo das also war, aber ich empfand es als den blanken Hohn.
Es gab zwei, drei Stellen, in denem im Rahmen dessen, was ich im Live Stream verfolgt hatte, tatsächlich etwas konkretes und interessantes gesagt wurde, aber das meiste war belangloser linker Zeitgeistquatsch. Vor allem nicht mal neu, weil linke Veranstaltungen längst hauptsächlich daraus bestehen, das längst gesagte als Glaubensbekenntnis zu wiederholen wie das Vaterunser in der Kirche. Zum hunderttausendsten Mal die immer selbe Aussage von den ach so diskriminierten Frauen und so weiter, der ganze Quatsch. Eine reine Bekenntnis- und Selbstbestätigungsveranstaltung.
Ich habe natürlich nur einen Bruchteil der Veranstaltungen gesehen, der Beitrag zu Digitalisierung von dem, was ich gesehen habe, war exakt gleich Null. Es war eigentlich nicht mal Thema.
Und wenn man sich die Themen anschaut, dann ist das sehr wenig, was überhaupt irgendwie mit „Digital“ zu tun hat, aber fast nichts zu „Digitalisierung“, und schon fast gar nichts mit technischem Inhalt. Mehr Schimpfen auf den Status Quo. Das meiste ist belangloser Dünnschiss. Im wesentlichen zu dem Zweck, Leuten eine Bühne zu bieten, von denen man sonst nirgends weiß, warum und wozu man ihnen eine Bühne geben sollte. Das, was ich da gehört habe, war noch nicht mal ernstlich schlecht, weil es schlicht zu inhaltslos war, um es schlecht finden zu können.
Das Problem ist, dass man „Digitalisierung“ als Begriff – wie so viele – gekapert, vereinnahmt, umdefiniert, sinnentleert hat, etwa wie den Begriff „Frau“. Völlig inhalts- und bedeutungslos geworden, nur noch das Vehikel um den immer selben linken Schmonzes zu reproduzieren.
Und so wurde da Digitalisierung wieder mal zum rein sozialen Event, zum Bekenntnisschlagwort. Damit Leute wie ein Kanzler Scholz nicht sagen müssen, dass sie zwar nicht wussten, was sie das sollen, aber musste, weil es eine SPD-Veranstaltung ist, sondern hinterher sagen können, es sei „irgendwas mit Digitalisierung“ gewesen, auch wenn das nicht stimmt.
Der Begriff „Digitalisierung“ ist längst so verbrannt, verbogen, zerstört, kaputt, dass wir die Digitalisierung niemals mehr schaffen werden, weil man keinem mehr sagen kann, was das sein und was er dazu machen soll.
Mir ist es in den letzten Jahren schon einige Male auf Konferenzen und Veranstaltungen passiert, dass da Politiker, Journalisten, Juristen, Ungelernte, Soziologen und so weiter verkünden und mir erzählen wollten, was Digitalisierung ist, und nicht einmal den Begriff verstanden hatten (wie „Algorithmus“, wovon auch alle reden und was auch kaum einer verstanden hat), aber meinten, das besser zu wissen als ich als Informatiker.
Digitalisierung ist nur noch leeres Buzzword, Schlagwort, Bullshit-Bingo-Hauptgewinn, unter dem längst alles und nichts verstanden wird.
Nur noch leeres Geschwätz.
Und die re:publica ist eine Fachkonferenz für leeres Geschwätz. Ahnung hatte da fast niemand. Aber jeder eine Bühne. Also, jeder, der der linken Einheitsmeinung war und sich dazu bekennen wollte. Was man sagte, war dann egal.
Und genau so funktioniert dann die Digitalisierung bei unserer Bundesregierung. Irgendein Leeres Gerede als Bekenntnis.