Die Tagesschau, die Bundesdruckerei und das Märchen vom IT-Fachkräftemangel
Über Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt.
Ich will es mal so formulieren: Der Artikel hält meinem „Faktencheck“ nicht stand.
Denn eigentlich ist das gegenüber dem Fachkräftemangel größere Problem, dass unser Arbeitsplatzmarkt völlig kaputt – und vor allem zerlinkst und zerfeminisiert – ist. Ich will das mal erläutern.
Sie nehmen sich als Exempel die Bundesdruckerei in Berlin und eine Veranstaltung auf der re:publica her. Zur Bundesdruckerei unten mehr. Sich ausgerechnet eine völlig IT-ferne und im linken Politgeschwätz verhangene Pseudoveranstaltung die die re:publica auszusuchen, auf der sich kein Mensch mit Verstand noch blicken lassen würde, ist eigentlich schon Teil des Problems.
Ein Konferrenzraum auf der Digitalmesse re:publica Ende vergangener Woche. Es ist früher Nachmittag und der Raum brechend voll, rund 60 Leute sind anwesend, vor allem Frauen, die meisten sitzen auf dem Boden. Eine Arbeitsweltexpertin beendet gerade ihren Workshop. Der Titel: “Super Skills für die Jobs von morgen! Wie wir alle arbeiten können, was wir möchten”.
„Super Skills für die Jobs von morgen!“ – Wenn ich so eine Scheiße schon höre … von einer „Arbeitsweltexpertin“.
Ich fang mal im Jahr 2002 an und hangle mich an meinem Lebenslauf in 10-Jahres-Schritten voran.
2002
2002 war die Firma, bei der ich damals arbeitete, eigentlich Xlink, aber aufgegangen im künstlichen europäischen Konzern KPNQwest, pleite gegangen. Eigentlich nicht mal die deutsche Firma, der ging es noch halbwegs gut, aber blankes Missmanagement auf europäischer Ebene (und wie ich vermute, eine absichtlich zum Insolvenzbetrug gegenüber den Banken herbeigeführte, aber zumindest auf brachialer Inkompetenz des Vorstands beruhende) und die Dotcom-Krise führten zum Absturz. Ich war 2002 und 2003 auf Arbeitsplatzsuche und hatte mich, wie im Blog schon erwähnt, zunächst auf Konferenzen in den USA umgesehen, da hatte mir aber dieser Promotionskrach alle Chancen versaut, in Deutschland oft auch.
Was mir damals aber auffiel: Viele Stellenausschreibungen waren schlicht Fake, es gab die Stelle hinter der Ausschreibung nicht. Viele Firmen, die die dotcom-Krise überlebt hatten und wackelig da standen, wollten Wachstum und Gesundheit nach außen – teils sogar gegenüber den eigenen Mitarbeitern – vorgaukeln, indem sie so taten, als würden sie Leute suchen und einstellen, obwohl das nicht der Fall war.
Den umgekehrten Fall habe ich auch erlebt: Eine eigentlich bieder, langweilig und unwichtig daherkommende Stellenbeschreibung stand einem ziemlich ernstlichen Katalog von Qualifikationsanforderungen und einem gepflegten Gehalt/Standort/Nebenleistungen gegenüber. Im Bewerbungsgespräch stellte sich dann heraus, dass die Ausschreibung Fake war, sie aber eigentlich jemanden für eine richtig wichtige Stelle suchten, weil sie übel Sicherheitsprobleme haben und Superman suchten, das nur nicht offen zugeben konnten. Ich hatte da beide Bewerbungsgespräche am selben Tag direkt hintereinander, und schon den Vertrag mit dickem Gehalt auf dem Tisch liegen, als noch die Frage aufkam, warum ich eigentlich 4 Jahre Doktorand war und keinen Doktor hätte. Das musste ich beantworten. Dann war es nichts, weil man sagte, dass Superman keinen Doktor brauche, aber Superman eben auch nicht durch die Promotion brezele, und man einen, der sich gegen Korruption stellt, schon gleich gar nicht in die Nähe des Vorstands lasse. Die Stelle war nämlich direkt unter dem Vorstand aufgehängt und entsprechend dotiert. Es könnte aber auch eine Rolle gespielt haben, dass es da ein Verhältnis zwischen dem Vorstand und einem der Professoren gab, die mich abgesägt hatten.
Seriosität ist in der Branche generell kein Trumpf. Ich hatte mich blind über einen Personalberater als Datenschutzbeauftragter beworben und erfuhr erst am Tag des Vorstellungsgespräches vor Ort, wohin ich sogar noch gefahren wurde und bei Beginn der Fahrt noch nicht wusste, wo es hingehen sollte, zu einem Unternehmen der Finanzbranche im weitesten Sinne, dass ich eigentlich nur dazu da sei, pro forma die Stelle inne- und ein Türschild zu haben, und man es lieber sähe, wenn ich meine Arbeitszeit auf dem Golfplatz als im Büro verbrächte, um mich leichter aus allem raushalten zu können. Ich würde fürs blanke Nichtstun bezahlt, dafür würde dann eben mein Kopf rollen, wenn irgendwas schief ginge, damit einer schuld dran ist.
2012
2012 habe ich wieder gesucht, nachdem ich da froh war, aus dieser Rechtsabteilung bei einem Internetunternehmen heraus gekommen zu sein. Die Abenteuer in der Schweiz habe ich vorhin schon erwähnt.
Ich hatte damals noch drei interessante Stellen, die ich nicht bekommen habe, weil ich als überqualifiziert galt. Ich hatte mich als IT-Sicherheitschef eines Flugunternehmens an einem schnuckeligen kleinen Flughafen unweit des Dreiländerecks beworben, und das hätte eigentlich prima gepasst, weil ich den Pilotenschein machen wollte, und es da Flugschulen gibt. Das fanden sie famos, weil das für ein Flugunternehmen, das da am Flughafen dran ist, natürlich prima ist, wenn die Leute Ahnung vom Fliegen haben, und sagten mir schon, dass sie das deichseln können, dass das schnell und einfach gehe, und außerdem noch steuerlich absetzbar, weil man das im Arbeitsvertrag erwähnen könne, ruckzuck hätte ich einen Pilotenschein, das sei kein Problem. Und die Startbahn direkt vor der Nase. Ich dachte: Geil. Sie meinten dann aber, sie hätten die Befürchtung, dass sie mich nicht lange genug halten könnten, weil es halt doch eher langweilig wäre, und das Gehalt nicht so superspitze, und ich ihnen zu schnell abgeworben würde.
Selbiges habe ich auch von einem Lebensmittelhersteller und einem weltweit operierenden Hersteller und Betreiber sehr großer Maschinen gehört. Die sagten, ja, schön, aber bei ihnen sei es halt langweilig und die Gefahr zu groß, dass ich ihnen nach kürzester Zeit schon wieder abgeworben würde.
Ich war zu dieser Zeit eben schon einiges rumgekommen und hatte einen Lebenslauf und Erfahrungsschatz, mit dem man quer durch die Tür gehen muss, um nicht am Türrahmen hängen zu bleiben. Für normale Stellen überqualifiziert, für Top-Stellen das Promotionsproblem als Hindernis.
Die Unfähigkeit der Firmen
Was mir aber immer wieder auffiel: Wie grottenschlecht, wie grausam übel die Firmen Bewerbungsgespräche führen.
Die setzen da ihr HR-Personal in die Bewerbungsgespräche, und die können einfach nichts. Das ist oft so katastrophal schlecht, wie die da auftreten, weil die Qualitätsanforderungen in der HR-Abteilung eben oft nahe bei Null sind, und man das dann auch als Quoten-Ort einsetzt. Die meisten wissen überhaupt nichts über die Stelle, die sie besetzen sollen, und können das fachlich überhaupt nicht einstufen. Bei dem Maschinenbauer hatte ich den Eindruck, mit zwei völligen Laien im Gespräch zu sitzen, die noch nie ein Vorstellungsgespräch geführt haben, meine Unterlagen nicht kennen, die Stelle nicht kennen, komplett unfähig sind und gar nicht wissen, was sie da eigentlich wollen oder sollen. Bei einer anderen Firma stellte man mir so Anfängerfragen. Ob ich wüsste, was DHCP ist. Und eine Frage dazu beantworten könnte, was passiere, wenn man zwei DHCP-Server hat. Da kommt man sich dann verarscht vor.
Wie ich mir überhaupt in vielen Bewerbungsgesprächen schlicht verarscht vorkam.
Beispielsweise bei dem Baumaschinenhersteller. Die zwei Pappnasen, die man mir da reingesetzt hatte, waren völlig unfähig, wussten gar nichts. Konnten nicht mal ein inhaltsloses Gespräch, nicht mal Konversation führen. Die sagten nur, dass sie selbst nicht verstanden haben, wofür die Stelle gut sein sollte und worum es da gehe. Sie hatten da so ein A4-Blatt bekommen, das sie überhaupt nicht verstanden, und das ich ihnen noch erklären musste. Völlig unfähig. Ich habe versucht, ihnen darzustellen, dass ihre IT-Sicherheit ganz sicher nicht langweilig sei, weil sie – jede Wette – Ziel von Spionage seien. Der Russen, der Chinesen, der Amerikaner, der Konkurrenz. Ach nee, sie seien doch nur ein mittelständisches Unternehmen und ohnehin ohne Konkurrenz in ihrem Segment und auch ausgebucht, da könnte doch eigentlich niemand etwas von ihnen wollen. Wozu sie dann einen IT-Sicherheitsexperten suchten, wenn sie meinten, gar nicht bedroht zu sein, wollte ich wissen. Ja, das wüssten sie auch nicht, das hätten sie so ohne Erklärung auf den Tisch bekommen, aber sie wüssten eigentlich gar nichts zu der Stelle, und warum, und wieso. Da kam bei mir die Überzeugung auf, dass diesen Leuten schlicht nicht zu helfen ist. Ich hatte noch gesagt, dass wenn es nichts zu tun gäbe, ich mich überaus wohl fühlen würde, mit ihren Bautrupps und Maschinen in der Welt herumzureisen und vor Ort für IT-Sicherheit zu sorgen. Da meinten sie aber auch, das sie da eigentlich gar keine IT mitnehmen würden, das war einfach ein Scheiß-Bewerbungsgespräch. Denen war beim besten Willen nicht zu helfen. Jahre später stand dann in der Zeitung, dass ein chinesischer Konkurrent versuche, sie zu übernehmen. Manche Unternehmen sind schlicht und einfach zu doof. Die haben ihre Nische gefunden, weil der Firmenpatriarch irgendeine Marktnische mit seiner Maschine gefunden hat, aber keine 10 Meter weiter denkt. Manchen Firmen ist einfach nicht zu helfen.
Ich hatte auch mal ein Bewerbungsgespräch in einer Firma, direkt mit dem Chef. Ich sehe mich nicht in der Lage, den Inhalt des Gespräches zu beschreiben, weil es keinen hatte. Eine Person, mit der man kein Gespräch führen konnte, weil kein Satz irgendetwas mit dem vorigen oder mit dem, was man sagte, zu tun hatte. Oder mit der Stelle. Fast zwei Stunden Gespräch der absurden Sorte, in dem mit jedem Satz das Thema gewechselt und unsinnige Aussagen oder gar keine getroffen wurden. Ich habe das erst für einen Belastungstest gehalten und mich in Selbstbeherrschung, Geduld und Liebenswürdigkeit geübt, dann aber gemerkt, dass der wirklich so ist, der wirklich nicht alle Latten am Zaun hat.
Viele Firmen haben überhaupt nicht begriffen, dass die IT auch ein Fachkräftemarkt ist, und dass Bewerbungsgespräche dort zweiseitig sind, dass auch sie sich gegenüber dem IT-Experten so darstellen müssen, dass der Lust bekommt, dort seine Zeit zu verbringen.
Den meisten Firmen muss man leider sagen, dass der Weg zur Behebung des Fachkräftemangels unweigerlich nur darüber führen könne, erst mal die Leute aus seiner HR-Abteilung rauszuwerfen. Es ist unfassbar, was für unglaublich unfähige Leute ich in den letzten 25 Jahren in den Personalabteilungen erlebt habe. Und dann bekommen die oft noch extra fette Gehälter, weil sie als Teil der Geschäftsleitung aufgefasst werden. Ich war mal in einer Firma, in der die HR-Chefin eigentlich nur eine Witzfigur war, weil so doof und ungeschickt, dass Gegenstand täglicher Witze über sie. Bis durch eine Indiskretion herauskam, dass sie das drei- bis vierfache Gehalt der besten IT-Kräfte bekam und ihr Porsche ein von der Firma gestellter Dienst-Porsche war. Einfach nur, damit man eine Frau im Vorstand hatte.
Und das führt dann oft zu diesen „Katalog“-Ausschreibungen. Man sucht nicht mehr Leute, die das Potential haben, sich in den Job einzuarbeiten, sondern stellt einen Katalog von Anforderungen auf, und wählt dann Leute aus, die alle Anforderungen abhaken können. Und das dann meistens über externe Personalfirmen, die überhaupt nicht verstehen, um was es geht, sondern nur Begriffe abhaken. Eine Bewerbung ging mal schief, weil ich bei einem der gesuchten Begriffe (weiß nicht mehr) ein Synonym im Lebenslauf hatte und man mir sagte, das passe nicht, und als ich sagte „das ist doch dasselbe“ man nur sagte, oh, das habe man nicht gewusst, man verstehe ja von keinem der Begriffe, was sie bedeuten.
Eine Folge der Feminisierung der Personalabteilung. Die emanzipierte Frau von heute muss nicht mehr wissen, wovon sie redet, will aber auf jeden Fall jedes Risiko vermeiden und alles gnadenlos optimieren. Deshalb sucht man keine befähigten Leute mehr, die alles lernen können, sondern wie in der Partnerbörse den perfekten Match auf einen Katalog, der morgen früh dann sofort alles kann. Schaute man sich früher in den Zeitungen die Kontaktanzeigen an, ergab sich ein festes Muster: Männer beschreiben sich selbst, was sie sind, was sie können, „bewerben“ sich selbst im Wortsinne. Frauen beschreiben, wen und was sie haben wollen, welche Eigenschaften nachweisen sind. Frauen betreiben keine Partnersuche, die veranstalten eine öffentliche Ausschreibung der Stelle. Und genau so hat sich der Arbeitsmarkt mit der Feminisierung der Personalabteilungen verändert. Und damit verengt man sich selbst über diesen Optimierungsdrang. Selbst wenn man 10.000 Bewerber hätte und von denen 1.000 fähig wären, die Stelle zu erfüllen, filter der Anforderungskatalog dann vielleicht noch 3 davon heraus, die dann aber nicht wollen. Und dann jammert man über Fachkräftemangel, anstatt mal drüber nachzudenken, einen zu nehmen, der die Anforderungen zwar nicht erfüllt, aber einfach alles in einem Monat lernen kann. Irgendwo gab es mal eine Stellenausschreibung, deren völlige Erfolglosigkeit bejammerte, aber nicht bemerkt hatte, dass man 5 Jahre Berufserfahrung mit einer Software verlangte, die es erst seit 3 Jahren gab.
Wenn ich mir heute Stellenanzeigen der IT-Sicherheit anschaue, dann denke ich oft, dass ich mindestens 10 oder 20 Leute kenne, die die Stelle locker und ohne weiteres ausfüllen und die Arbeit machen könnten, aber keinen einzigen, der die Anforderungen aus der Stellenanzeige erfüllt. Das ist dann wie Bullshit-Bingo. Eine Anhäufung von Buzzwords und Zertifizierungen, und nur wenn man zu sämtlichen Abkürzungen „hier“ schreit, kommt man rein.
Wie entsteht sowas?
Es ist etwas, was aus dem englischsprachigen Ausland rüberschwappt. Denn dort ist die IT-orientierte Hochschulausbildung und mitunter auch die Berufstätigkeit längst so runtergekommen, dass sie als wertlos gilt. Und viele Berufstätigkeiten so inhaltsleer, dass sie nichts mehr belegen. Ich hatte mich aml in Australien nach Stellen umgesehen und mich mit Australiern unterhalten. Vom Wissen, Können und der Berufserfahrung würde ich die allermeisten Australier ganz locker in die Tasche stecken. Es nutzt mir nur nichts, weil ich es nicht in eine Währung umrechnen kann, die im Bewerbungsgespräch zieht. Man kann da nicht mit einem Lebenslauf kommen und sagen, ich habe das und das studiert, dies getan, war da und dort zugange, das und das getan. Das zieht nicht. Man braucht dort einen endlose Katalog aus irgendwelchen Zertifizierungen mit ominösen drei-, vier- und fünfbuchstabigen Abkürzungen. Was die bedeuten, weiß eigentlich keiner, aber die Personalabteilungen haken ab, ob man die hat. Deshalb macht man da jede Menge teure Kurse, in denen man irgendetwas auswendig lernt, dann irgendeinen Multiple-Choice-Test besteht und dafür dann so ein Zertifikat mit irgendeiner Abkürzung bekommt. Und bei der Bewerbung prüfen die dann, ob man genug Abkürzungen hat und auch die richtigen. Sonst wird man erst gar nicht zur Kenntnis genommen. Und dieser Stil ist zunehmend auch in Deutschland zu finden. Wer nicht die, die und die Abkürzung im Lebenslauf hat, braucht erst gar nicht zu kommen.
Oh, ja. Ich habe mal solche Abkürzungszertifizierungen mitgemacht. Noch, bevor es Webinare und Videokonferenzen gab. Der Tutor hat einen Foliensatz runtergeleiert und dann für den Test die Musterlösungen verteilt. Er sagte, mit Fachwissen könne man den Test nicht bestehen, weil der Test von Idioten gemacht und die „richtigen“ Antworten meist falsch und die richtigen Antworten „falsch“ seien. In der Musterlösung stand kein Text, sondern nur, dass die Antwort auf Frage 3 die Antwort b) sei. Bestehen, ohne die Testfragen und -antworten überhaupt zu lesen. (Und ja, ich bin in der Lage, auch im gehobenen Alter noch Multiple-Choice-Tests zu bestehen, den Sportbootführerschein und den Drohnenpilotenschein habe ich so gemacht.) So läuft das heute.
2021
Wie schon erwähnt, bin ich 2021 bei einer Berliner Tochtergesellschaft eines Konzerns ausgeschieden. Den will ich da auch mal positiv erwähnen, weil ich den ursprünglich gar nicht auf der Liste hatte. 2012 war ich da gelandet, weil mich ein Headhunter zum Bewerbungsgespräch gelockt hatte, und ich da eigentlich nur hin bin, weil ich auf diese Weise zwei Besuche in Berlin miterledigen und die Spesen abrechnen konnte. Eigentlich wollte ich da gar nicht hin. Die Bewerbungsgespräche waren aber so gut, dass ich da dann kleben gelieben bin. Man kann Fachkräfte anwerben, wenn man sich im Bewerbungsgespräch gut darstellt, auch wenn es eigentlich eine einfache Bude war. Hat über Jahre Spaß gemacht. Erst als es darum ging, die Tochterfirma in den Konzern einzugliedern, war der Spaß vorbei. Ich hatte ja berichtet, dass ich hier Schmierereien am Haus und Schmähschreiben gegen mich in den Briefkästen der Nachbarn hatte. Das hatte mit dem Konzern zu tun, da war Insiderwissen mit drin. Und das fing an, als ich im Mitarbeiterverzeichnis des Konzerns auftauchte. Dann Black Lives Matter von Führungspersonen diktiert, Frauenförderung rauf und runter, Frauen in Führungspositionen, die ihre Aufgabe nicht erfüllen. Frauen in IT-Sicherheitspositionen, die hanebüchene Fehler machen oder IT-Sicherheit mit Ratespielen betreiben wollen. Frauengemachte Fortbildungen auf Kindergartenniveau samt Bilder malen mit Wachsmalkreiden. Aber alle mindestens gleicbbezahlt wegen der Lohngleichheit. Wo man sich dann nur noch verscheißert fühlt. Und dann kommen sie damit, dass man festgestellt habe, dass der Altersdurchschnitt der IT-Abteilung bei 55 liege, und man dringend etwas dagegen unternehmen müsse. Die Alten raus.
Und dann wundern die sich, dass es ihnen schwer fällt, IT-Fachkräfte zu bekommen.
Sagen wir es so: Ab 55 bekommt man keine Stelle mehr. Ab 55 bekommt man dann aber freiberufliche Aufgaben, irgendwo aufzuräumen, wenn es brennt. Und die haben den Vorteil, dass man nicht auf das Niveau geschlechtergerechter Gleichbezahlung beschränkt ist. Was, alles in allem, besser ist. Denn eigentlich will man ab 55 auch keine Stelle mehr. Nicht in diesem Jahrzehnt des politischen Wahnsinns. Aber sie fordern, das Renteneintrittsalter auf 70 anzuheben.
Ich habe seit dem Ausscheiden auch wirklich gar keine Lust mehr, mich noch in diesen Bürodschungel zu begeben. Früher hat das mal Spaß gemacht, aber heute ist das nur noch Gender-Krieg, bei dem einem jedes noch so geringe falsche Wort sofort auf die Goldwaage gelegt und man dafür angegriffen wird, oder eben regelrechter Krieg gegen Leute anderer Meinung. Wie gesagt: Drohbriefe an den Arbeitsplatz, Beschimpfungen im Internet, Beschmieren der Hauswand hier am Wohnhaus, Schmähbriefe an die Nachbarschaft, das kam aus dem Konzern, weil darin Insiderwissen vorkam, das nur von Konzernmitarbeitern kommen konnte. Da fanden politische Konzernsäuberungen statt.
Wer würde da noch arbeiten wollen?
Alle Leute, die ich als befähigt in der IT-Sicherheit kenne, wollen während ihrer Arbeit eigentlich völlig von Politik verschont werden und sich auf die Sache konzentrieren. In einem solchen Umfeld kommt man aber nur an politisierte Hochstapler und Gender-Opportunisten.
Als ich da raus war, dachte ich mir, jetzt geht es mir besser, und ich werde die verbleibende Zeit bis zur Rente als Blogger und Buchautor verbringen – keine Vorgesetzten, keine Meetings, keine Bürozeiten, kein Kollegenkrieg, und vor allem: Keine politischen Konzernsäuberungen mehr.
Eigentlich mehr so, um die Frist einzuhalten und mir die Optionen offenzuhalten, hatte ich mich pro forma beim Arbeitsamt als „arbeitsuchend“ gemeldet. Auch wenn ich es eigentlich nicht war, aber ich habe jahrelang viel Geld in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt, und wollte mir zumindest nicht durch einen Formfehler mitten in der Corona-Pandemie die Möglichkeit abschneiden, Arbeitslosengeld zu beantragen. Man weiß ja nicht, was kommt.
Wie gesagt: Noch kein Arbeitslosengeld beantragt, sondern nur „arbeitsuchend“ gemeldet.
Dann passierte etwas, womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte: Das Arbeitsamt bombardierte mich mit Stellenanzeigen für Informatiker.
Was erstaunlich ist, weil eigentlich kein Mensch, der bei Trost und Verstand ist, Informatiker über das Arbeitsamt sucht. Habe mir die auch halt mal angesehen, halb aus Neugier, halb aus dem Antrieb, da keine Rechtsnachteile einzuhandeln.
Das war eigentlich alles Mist. Teils erkennbar Fake-Ausschreibungen, in denen jemand Wachstum markieren will. Vieles aber öffentlicher Dienst oder dem Staat gehörende Privatunternehmen, die Ausschreibungen über das Arbeitsamt machen müssen. Und die triggern dann einfach auf „Informatiker“ und schicken einem dann den ganzen Schrott, egal ob es passt oder nicht.
Auffällig: Die Gehaltsstufen im öffentlichen Dienst sind lächerlich, liegen zwischen einem Viertel und der Hälfte unter dem Marktpreis. Mit der Aussicht, dann irgendwelche ahnungslosen Politschranzen als Vorgesetzte zu bekommen.
Da waren zum Beispiel auch IT-Sicherheitsposten in Ministerien und Ämtern der Bundesregierung mit dabei. Während aber selbst die dümmste Parteinuss noch Staatssekretärin mit fettem Gehalt wird, soll man selbst mit gehobenen Aufgaben in IT-Sicherheit und einem ellenlangen Anforderungskatalog ein Witzgehalt bekommen. Und die dumme Staatssekretärin dann vielleicht noch als Vorgesetzte, die einen feuert, weil man im Blog was gegen Gender gesagt hat.
Dazu kommt, dass die Ausschreibungen meist blanker Schwachsinn ist, von Frauen für Frauen geschrieben. Frauenanteil erhöhen, Arbeitszeit flexibel, Work-Life-Balance und der ganze Frauenquatsch, weil man ja mehr Frauen haben will und muss, aber fast oder gar nichts zu Aufgaben und Tätigkeit. Sei Frau und komm zu uns, alles andere klären wir später.
Ich hatte tatsächlich mal ein Online-Bewerbungsgespräch mit einer staatseigenen Institution aus dem medizinischen Bereich. Zwei Gesprächspartner. Einen, der wusste, was sie brauchen. Und die Frauenbeauftragte. Gegen die will ich jetzt gar nicht mal was sagen, die war nett, und hat sich, wenn überhaupt, vernünftig geäußert. Aber zum Gespräch beigetragen hat sie auch nichts, außer von vornherein zu symbolisieren, wo die Prioritäten liegen.
Eine Sache, die mich tatsächlich interessiert hätte, war eben die Bundesdruckerei. Nicht nur, weil die wirklich was mit IT-Sicherheit machen, sondern weil die Bundesdruckerei so ungefähr 400 Meter von meiner Wohnung weg ist. Naheliegend. Unter Pandemiebedingungen ein richtiger Vorteil.
Nix, Absage.
Und dann jammert man per Tagesschau groß darüber, wie schwer es ihnen falle, IT-Fachkräfte zu bekommen.
Und dann steht da bei der Tagesschau:
Sarah und Stephan von der Bundesdruckerei wollen junge Leute für einen Job in der staatseigenen GmbH begeistern. Doch erst einmal müssen sie dafür sorgen, dass ihnen überhaupt jemand zuhören kann. Routiniert komplimentieren sie die schwatzenden Grüppchen aus dem Raum. Nur etwa ein Dutzend Zuhörer bleibt zurück.
Sarah und Stephan präsentieren die Bundesdruckerei als modernes Unternehmen. Beide haben T-Shirts an, auf denen vorn in Schwarz-Rot-Gold “bdr” steht. Auf dem Rücken: “Karriere. Sicherheit.” Auf einem Monitor läuft ein Imagefilm, darin: Großstadtszenen, junge Menschen, die lächelnd und dynamisch zur Arbeit kommen. Kann man dem Video glauben, ist die Belegschaft der Bundesdruckerei im Schnitt unter 40, hochmotiviert und geht geschlossen bei Peek & Cloppenburg einkaufen.
Das Klischee vom vermieften Öffentlichen Dienst soll schnellstmöglich beseitigt werden. “Noch immer glauben viele Menschen, wir seien eine Behörde. Dabei sind wir ein Unternehmen im Bundesbesitz”, stellt Sarah klar. Es geht viel um Innovation und um anspruchsvolle Jobs – schließlich ist eine der Aufgaben des Unternehmens die Absicherung systemrelevanter, kritischer Infrastruktur. Dafür braucht es Fachkräfte. Und zwar viele.
Damit reiht sich die Bundesdruckerei ein in die lange Liste öffentlicher Arbeitgeber, die lieber gestern als morgen IT-Fachkräfte eingestellt hätten.
Was einfach Fake News ist.
Die suchen nicht IT-Kräfte.
Die suchen eine diverse Polit-Suppe unter 40.
Und sie bilden sich ein, dass sie „Fachkräfte“ ausgerechnet auf einer SPD-linken Klapsmühlveranstaltung wie der re:publica finden könnte, auf der es nur noch um Gesinnung geht. Da helfen dann auch „Sarah und Stephan“ nichts mehr.
Ich hatte dem Arbeitsamt dann geschrieben, dass ich aus dem Käse wieder raus möchte, es auf ihrer Webseite aber nur die Möglichkeit zur An-, nicht aber zur Abmeldung gäbe.
Die Antwort war, dass sie das jetzt verwundert, weil doch normalerweise Leute erst durch eine Erfolgsmeldung und erfolgreiche Vermittlung wieder aus der Datenbank gelöscht werden, und nicht, weil sie den Käse nicht mehr haben wollen. Ob ich das erklären könnte.
Ja, antwortete ich.
Weil sämtliche Anzeigen, die ich von ihnen bekommen hätte, Schrott seien. Entweder erkennbarer Fake. Oder vom Gehalt so lächerlich niedrig, dass die gezielt nach Arbeitsmarktversagern beim Arbeitsamt suchen müssen. Und eben dieser ganze Polit-Scheiß, bei dem es nur noch um Frauenquote und Frauenförderung und überhaupt nicht mehr um die Sache geht. Jung, billig, weiblich will man haben. Bin ich alles nicht.
Es würde sich schlicht nicht lohnen, für sowas zu arbeiten und in Deutschland zu bleiben. Wenn man wie ich Nebeneinkünfte über das Blog hat, ist man so schnell im Spitzensteuersatz, dass einem von dem ohnehin schon weit unter Markt mickrigen Gehalt netto so wenig übrig bleibt, dass es die Mieten und Lebenshaltungskosten eines Singles in Berlin kaum noch oder nicht mehr trägt. Und dafür soll man sich noch 40 Stunden ins Büro setzen und sich mit irgendwelchen Politspinnern rumschlagen? Gerade im öffentlichen Dienst, wo man direkt unter der Politfuchtel ist? Und Frauen bei der Karriereleiter zugucken darf, während man als IT-Crack mit über 30 Jahren Berufserfahrung nach der Öffentlicher-Dienst-Nomenklatur ganz unten anfangen muss? Um dann sofort wieder diesem Säuberungsterror ausgesetzt zu sein? Bei 29 Tagen Urlaub im Jahr? Und das auch noch im kriminellen zugekackten linken Dreckloch Berlin mit Wohnungsnot? Um mit seinen Steuern alle anderen zu finanzieren? Nöh. Danke! Wer ist denn so blöd?
Sie bedankten sich dafür, dass ihnen das endlich mal einer aufrichtig und begründet schreibt. Die schieben da nämlich auch längst den Frust. Die sind ja selbst öffentlicher Dienst.
Tagesschau und Bundesdruckerei bringen Fake News.
Die haben keinen Fachkräftemangel.
Die haben Sarah und Stephan.
Und sie haben ein Arbeitsumfeld geschaffen, in dem kein Mensch, der noch irgendwas kann und reale Chancen auf den Arbeitsmärkten der Welt hat, noch freiwillig arbeiten würde.
Der IT-Arbeitsmarkt ist völlig zerstört. Zerfeminisiert. Zergendert. Zerlinkst. Durchverblödet.
Wir haben keinen IT-Fachkräftemangel.
Wir haben einen Mangel an erträglichen und weltmarktfähigen IT-Arbeitsplätzen.
Denn wir haben zwar viel zu wenig IT-Fachkräfte. Aber noch viel weniger Arbeitsplätze, auf denen man noch arbeiten will.
Und das hängt damit zusammen, dass in den Firmen und Behörden das ganze Arbeitsplatzumfeld völlig umverblödet ist. Nur noch Gekasper und Rumgehampel. Kaum noch eine Personalabteilung ist in der Lage, eine vernünftige Stellenanzeige zu machen und ein qualifiziertes Bewerbungsgespräch zu führen. Und wenn dann im Bewerbungsgespräch einer von zwei Gesprächspartnern noch die Frauenbeauftragte ist – was soll das dann eigentlich werden?
Man hat mich gelegentlich beschimpft, ein Gegner der Frauenquote zu sein. Das war ich vielleicht mal, bin es aber längst nicht mehr. Im Gegenteil, ich bin da inzwischen weit progressiver und gehe viel weiter als jede Mainstream-Feministin. Ich bin inzwischen Verfechter einer Frauenquote von 100%, und halte nur diese noch für angemessen.
Deutschland kaputt.