Nikon wolle sich zurückziehen…
Gottogott.
Ein Leser schickt mir: Nikon wird sich angeblich aus dem SLR-Markt zurückziehen Auf dem Blog „Stadt Bremerhaven“.
Pffff.
Nicht aus dem Kameramarkt, sondern aus dem Bereich der Kameras mit Spiegel. Steht ja auch im Text, aber die Überschrift ist etwas zu reißerisch.
Obwohl Nikon es nicht bestätigt und nicht dementiert, ist das doch längst bekannt. Bei Canon auch. Der Markt für Digitalkameras mit Spiegel ist tot. Technik der letzten beiden Jahrzehnte. War eigentlich klar, als Nikon mit dem Z-System nicht nur eine Variante, sondern gleich ein ganzes neues System vorstellte, obwohl oder weil der Markt schrumpft. Sony ist den Weg schon lange gegangen, und Canon macht da auch kein Geheimnis mehr draus.
Die neuen, spiegellosen Kameras sind Stand der Technik, und viel leistungsfähiger und besser, können viel mehr. Ich fotografiere eigentlich nur noch mit denen, weil ich längst alterssichtig bin und im Nahbereich eine Lesebrille brauche, aber nicht gern mit Brille durch den Sucher schaue, deshalb dort den Dioptrienausgleich eingestellt habe. Deshalb muss ich bei einer DSLR (also mit Spiegel) für die Bildkontrolle und die Menüs auf den normalen Monitor schauen und dazu ständig die Brille auf- und absetzen. Geht mir sowas von auf die Nüsse. Mit den Spiegellosen kann ich die Bildkontrolle und die Menüs auch im Sucher sehen und brauche dafür die Brille nicht.
Kein Hersteller kommt noch an den Spiegellosen vorbei, aber kein Hersteller kann es sich derzeit leisten, zwei Systeme zu pflegen und zu bedienen. Damit ist die Sache klar.
Außerdem ist der Trend längst bei Video angekommen, und das können Spiegel-Kameras nicht gut, weil sie dazu den Spiegel permanent hochklappen müssen, dann aber der Phasenautofokus nicht mehr zur Verfügung steht. Nur noch der Kontrastautofokus, und der ist schlechter. Zudem sind sie groß und schwer.
Das Weglassen des Spiegels hat enorme Vorteile:
- Viel weniger Mechanik, weniger bewegte Teile, weniger zu justieren oder was sich desjustieren kann,
- Der Sensor ist nicht mehr hinten in der Kamera, sondern ganz vorne. Damit muss die Elektronik nicht mehr um den Spiegelkasten herum gebaut werden, sondern das Kameravolumen steht zur Verfügung.
- Der Sucher ist nicht mehr optisch/mechanisch an den Spiegelkasten gebunden.
- Das Auflagemaß (Abstand Bildebene/Sensor zu Bajonett) ist viel geringer, Canon und Nikon haben bei der Gelegenheit auch gleich das Bajonett vergrößert. Das gibt weitaus bessere Möglichkeiten zur Objektivkonstruktion.
- Dadurch gibt es gerade auch ganz viele Adapter, um alte Objektive (auch anderer Hersteller bzw. Bajonette) anschließen zu können.
- Die Phasensensoren sind jetzt im Bildsensor eingebaut, die Kamera kann kontinuierlich den Fokus messen.
- Der Sucher kann viel mehr Informationen anzeigen und Filter usw. gleich anwenden.
- Gimmicks wie die digitale Sucherlupe sind einfach toll.
- Leichter, bei Dunkelheit zu fotografieren, weil man das aufgehellte Bild sieht
Ein paar Nachteile gibt es auch:
- Manche Leute mögen es nicht, und gerade Tier/Sportfotografen hadern mit der geringen, aber existenten Verzögerung des Sucherbildes.
- Braucht mehr Strom.
- Kameras weniger robust, obwohl weniger anfällig, aber leichter gebaut.
- Die Phasensensoren in den Bildsensoren sind „Fehler“ in der Bildmatrix und verschlechtern die Bildqualität.
- Insbesondere bei Nikon sind alte Objektive mit mechanischem Fokus-Antrieb wohl nicht mehr mit Autofokus zu gebrauchen. Es gibt bislang keinen Adapter mit mechanischem Antrieb. Kommt vielleicht noch.
Aber die Diskussion kann man sich eigentlich schenken. Das Thema ist durch. Spiegel ist tot, das wird nur noch abverkauft, solange auf Vorrat ist, und hergestellt, solange das spiegellose Portfolio noch nicht vollständig ist. Die Sache mit dem Spiegel ist technisch einfach überholt. Ist eigentlich längst jedem in der Szene klar.
Aber schön, dass es sich auch nach Bremerhaven rumgesprochen hat.