Wumba, Wumba, Wumba und Saufen
Von der Erbärmlichkeit.
Ich war gerade aus Versehen kurz beim Christopher Street Day in Berlin.
Ich weiß, das hört sich jetzt bescheuert und unglaubwürdig an, war aber so. Eigentlich nämlich wollte ich in die Innenstadt, etwas abholen, was ich bestellt hatte. Ich wusste zwar, dass heute in Berlin Christopher Street Day ist, wusste aber nicht, wo der ist, weil es mich einfach nicht interessiert hatte, und ich da auch nicht hin wollte. Ich hatte deshalb angenommen, dass das irgendwo im Westteil der Stadt war und hätte sowas wie Kudamm Ecke Tauentzien, Bahnhof Zoo und die Ecke da erwartet, weil es da in der Richtung ja auch so einen schwulen Stadtteil gibt, in dem sie dieses „schwule Stadtfest“ abhalten. Ich habe gar nicht damit gerechnet, dass der hier im Ostteil der Stadt sein könnte, und wäre da auch nicht hingegangen, weil ich solche Menschenmassen in Berlin grundsätzlich meide – ich würde mein Handy und meinen Geldbeutel einfach gerne behalten.
Irgendwie war das schon komisch, als ich aus dem Haus kam, weil da irgenwie so ein dumpfes Wummern in der Luft lag, das da nicht hingehört. Ich hätte mir nicht vorstellen können, dass man den CSD bis hierher hört, zumal ich ihn ja viel weiter weg erwartet hätte, und dachte, da macht irgendeine Proletendisko einen auf CSD-Ableger.
Je näher ich aber der Innenstadt/Richtung Unter den Linden kam, desto Wummer.
Bis ich dann so in der Gegengend vom U-Bahnhof Spittelmarkt auf die Leipziger Straße kam und mich aus der Entfernung schon gewundert hatte, warum da LKWs bewegungslos stehen und dahinter eine Kompanie samt schwerem Gerät der Berliner Stadtreinigung. Und musste ein Stück die Leipziger entlang (auf dem Rückweg habe ich mir einen anderen Weg gesucht).
Wumba, Wumba, Wumba.
Entsetzlich. Ein Mordslärm, Bässe aus übersteuerten Lautsprechern, die einem das Zwerchfell schütteln, unangenehm, schlecht. Hat mit Musik nichts zu tun, mehr so ein Beacon, damit man merkt, jetzt ist was anders, jetzt sollst Du in Stimmung sein.
Jede Menge LKW und oben offene Omnibusse der Kategorie Sightseeing. Vollgestopft mit Menschen wie die Würstchen in der Konservendose. Die tanzten nicht, die freuten sich nicht, die standen da einfach nur zusammengepfercht so eng, dass sie nicht umfallen und sich nicht setzen konnten, und warteten, dass irgendwas passiert. Keine Stimmung oder so.
Auf den Straßen Menschen. Viele Menschen. Aber keine schönen. Keine Phantasie. Keine Paradiesvögel. Nur zwei Kategorien: 85% so, wie man in Berlin immer rumläuft. Und 15% wie gewollt und nicht gekonnt.
6 nackte Ärsche habe ich gesehen, von denen ich mindestens 5 lieber nicht gesehen hätte. Der sechste so ein Graubereich. Kein schöner Arsch in diesem Land.
Hinten, wie gesagt, eine Kompanie Müllmänner, die auf ihren Einsatz wartet. Drumherum jede Menge gelangweilte und genervte Polizisten, denen der Krach sichtlich auf die Nerven geht. In den Social Media feiert man die Polizei als singende Queer-Stars, doch von denen habe ich nichts gesehen. Nur Polizisten mit dem Wann-ist-es-endlich-vorbei-Blick. Weil ich mir nicht sicher war, was das alles sein sollte, fragte ich eine Polizisten, ob meine Vermutung zuträfe, dass dies der Christopher Street Day Umzug sei. Sie bejahte. Ich wollte die Peinlichkeit vermeiden, mich damit zu blamieren, im Blog über den falschen Umzug zu schreiben.
Denn eigentlich hatte ich erwartet, dass hier, wie man das von der Love Parade vor 15 Jahren kennt, Paradiesvögel, Frauen in sexy Aufmachung, gute Laune, Tanzen zu sehen.
Was ich aber gesehen habe, fand ich einfach nur erbärmlich.
Leute, die sich da im Lärm das Hirn zu- und die Ohren zertrümmern, und da rumstehen und nicht wissen, warum, und in ihrer Not, nichts zu tun zu haben, halt saufen, weil es nichts besseres zu tun gibt.
Ich sehe da keine „queeren“ Leute.
Ich sehe da eine Menschenmasse, die vor Erbärmlichkeit trieft.
Ich sehe Menschen, die in dieser völligen Gleichmacherei, Unterschiedlosigkeit, Eigenschaftslosigkeit, Gleichheit, Gleichstellung, Egalseinshaltung des bestehenden Sozialismus und der Political Correctness in ihrer Verzweiflung, irgendetwas sein zu wollen, ganz egal was, auf die letzte Eigenschaft zurückgreifen, die ihnen der Zeitgeist noch gestattet: Queer. Die letzte, die einzige noch geduldete Eigenschaft, die man haben kann und darf, und sei sie auch noch so synthetisch, unecht, politisch vorgegeben. So eine fiktive Ersatzeigenschaft. Quasi die Eigenschaftslose unter den Eigenschaften, der Spanferkelersatz im Veganen. Die als unterscheidungsunfähig konstruierte Laboreigenschaft, die keinen vom anderen unterscheiden kann, weil jeder queer sein kann und darf. Weil, wie die Ideologie lehrt, Unterschied ist was Nazi macht, und wir deshalb nur noch unterschiedsfreie Eigenschaften haben dürfen. Und weil sie es nicht mehr ertragen, zum Zweck der völligen Gleichheit eigenschaftlos zu sein, nehmen sie die Eigenschaft an, die ideologisch sauber noch unterschiedsloser macht als gar keine Eigenschaft zu haben: Queer.
Und so sehen sie dann auch aus. Wumba, Wumba, Wumba und saufen, bis die Stadtreinigung kommt. Die praktischerweise direkt hinterherläuft.
Kein Spaß.
Keine Freude.
Nur der Versuch, irgendwie besonders zu sein ohne sich zu unterscheiden. Männer in albernen Röckchen oder mit BH. Frauen, die verzweifelt versuchen, in der Öffentlichkeit möglichst wenig an zu haben.
Herrje, ist das alles so erbärmlich.
Alles so am Ende.