Ansichten eines Informatikers

Windsterben als selbstverstärkender Fehler?

Hadmut
31.7.2022 13:36

Eines meiner Steckenpferde ist das Phänomen der selbstverstärkenden Fehler.

Damit meine ich nicht schon jede sich selbst hochschaukelnde, selbstverstärkende, weil positiv rückgekoppelte Situation, die man als fehlerhaft betrachtet, sondern jene, bei denen man den Fehler zwar erkennt, aber im Versuch, ihn zu beheben, zu vermeiden, zu bremsen das Falsche tut und ihn erst durch den Versuch, ihn zu beheben, verstärkt. Ungefähr das, was im alten Griechenland den Plot einer klassischen Tragödie ausmachte, nämlich dass man gut handeln will und in Verblendung das Falsche tut, den eigentlichen Schaden damit erst anrichtet. Also nicht den schon sich selbst verstärkenden Fehler an sich, wie etwa ein sinkendes Schiff, in das immer mehr Wasser läuft, je tiefer es im Wasser liegt, sondern die Sorte Fehler, die nicht per se selbstverstärkend wäre, sondern die Selbstverstärkung indirekt über den Menschen herbeiführt, indem sie bei ihm einen Irrtum, den Glauben, gut zu handeln, verursacht. Die Tragik des mit der Krisensituation einhergehenden Irrtums.

Solche Fälle sind nicht leicht zu finden. Ich will mal drei, vier Beispiele nennen.

Narkosegerät

Also ich noch in Dresden wohnte, gab es dort an einem Krankenhaus eine Reihe von Todesfällen. Alle im selben Behandlungsraum, Schwangere, die die Geburt nicht überlebten. Wenn ich mich recht erinnere, waren es vier Fälle. Erst dann untersuchte man das gründlich und fand heraus, dass in einem Narkosegerät bei der Wartung innendrin die Schläuche von Sauerstoff und Narkosegas vertauscht worden waren. Kurz darauf kam ich in gänzlich anderem Zusammenhang und an anderem Ort zufällig mit der Chefanästhesistin eines großen Krankenhauses ins Gespräch, so über alles mögliche, und kam auch auf diesen Vorfall, von dem sie nur entfernt gehört hatte, weil das eben Dresdner Regionalnachrichten waren. Ich erzählte, was ich in der Presse von den vertauschten Schläuchen erzählt hatte, und sie meinte, das gehe nicht. Die Ansatzstutzen seien so gebaut, dass man die gar nicht verwechseln kann, die würden nicht passen. Ich sagte, dass ich es nicht verstanden habe, weil ich (trotz einiger eigener Operationen) nicht weiß, wie so ein Narkosegerät genau aussieht und aufgebaut ist, aber dass in der Zeitung stand, dass nicht die Ärzte bei der Operation, sondern die Techniker bei der Wartung innen im Gerät die Schläuche beim Anschließen vertauscht hätten, dass also das jeweils falsche Gas aus den Stutzen kam. Sie überlegte eine Sekunde und kam zu dem Ergebnis, dass das in der Tat fatal wäre, weil es zur falschen Rettungsaktion führe. Während der Narkose gäbe man so ungefähr halb-halb, da falle das nicht auf, wenn das vertauscht wäre. Will man die Narkose aber beenden, dann drehe man das Narkosegas ab, und gebe nur noch den Sauerstoff.

Dann merke man normalerweise, wie der Patient wieder zu Bewusstsein kommt, sich nach und nach verschiedene Körperreaktionen einstellen (ich weiß nicht mehr, was das im Einzelnen war, Zuckungen, Bewegungen und sowas). Kommen die nicht, dann merke man das als Anästhesist recht schnell, dass was nicht stimmt, weil man genau das ja ständig überwache. Und wenn man merkt, dass der Patient „nicht kommt“, leite man sofort Notfallmaßnahmen ein: Man dreht den Sauerstoff weiter auf. Und wenn das nicht hilft, gibt man noch mehr Sauerstoff. Wenn das dann aber in Wirklichkeit vertauscht ist, wäre die Konsequenz, dass man den Patienten immer tiefer ins Nirwana schicke, weil man ihm gar keinen Sauerstoff mehr gebe (weil man da Narkosegas ja völlig abstellt) und ihm dafür immer mehr Narkosegase zuführe (weil man ja den Sauerstoff immer weiter aufdrehen will). Und das könnte dann in einen Abwärtsstrudel führen, weil dann die Anzeichen von Sauerstoffmangel hinzukämen und der Anästhesist dann in Hektik versuchen würde, noch mehr Sauerstoff zu geben.

Und auf die Idee mit den vertauschten Schläuchen käme man nicht sofort, weil man ja darauf trainiert ist, dass die Anschlussstutzen verwechslungssicher sind, man also nicht in der Überlegens- und Prüfroutine hat, das zu prüfen. Das wird als Fehlerquelle nicht betrachtet, weil es als ausgeschlossen gilt. (Ich weiß es nicht, aber kann sein, dass das dieselben sind, die man aus den Krankenhauszimmern kennt, wo es auch verschiedene Gasanschlüsse für die Betten gibt, und die quadratisch, sechseckig und sowas sind, damit man sie nicht verwechseln kann.)

Das heißt, dass nicht das Vertauschen der Schläuche allein schon tödlich wäre, sondern erst die erlernte und trainierte Reaktion des Anästhesisten, wie man auf Notfälle reagiert, in Verbindung mit dem Vertauschen diesen schnellen fatalen Prozess verursacht.

Tumorbestrahlung

Als ich noch an der Uni war, hatte ich als Sicherheitsprojekt eine Sicherheitsuntersuchung der IT in einer Kopfklinik.

Das Problem daran war, dass sie dort am Netzwerk viele medizinische Geräte hängen hatten oder anschließen wollten, die auf Windows NT liefen, vor Sicherheitslöchern nur so strotzten, aber nicht gepatcht oder aktualisiert werden durften, weil sie so, wie sie sind, medizinisch zertifiziert waren und nicht verändert werden durften.

Eines der Geräte, die man mir zeigte, war ein Computer mit einer CNC-Fräse, die für die Bestrahlung von Hirntumoren Masken ausfräst, die man zwischen den Kopf und die Strahlenquelle stellt, und die dafür sorgen, dass die Strahlen nur die Teile des Hirnes erreichen, die sie sollen. Man baut für die Patienten eine Körperschale, speziell für sie geformt, damit sie immer exakt gleich auf dem Tisch liegen und sich nicht bewegen können, der Kopf also fixiert ist, und dann stellt man da diese Platte mit dem gefrästen Loch davor, damit die Strahlen durch da Loch nur den Tumor und kein gesundes Gewebe treffen. Und dieser Computer steuert die Fräse, mit der man diese Masken, also diese Platten mit patientenspezifischen Löchern, herstellt.

Im Rahmen der Analyse befragte ich den leitenden Arzt, was passiere, wenn sich ein Hacker dort einlogge und unbemerkt die Daten eines Patienten, dem er schaden oder den er umbringen wolle, etwa als Attentat auf einen Politiker, der behandelt wird, diese Daten verändert. Das Loch als verändert, verschiebt, spiegelt oder sowas.

Entsetzen im Gesicht des Arztes.

Denn wäre die Maske falsch, würde man statt dem kranken das benachbarte, gesunde Gewebe bestrahlen.

Das an sich sei noch nicht dauerhaft schädlich, weil das zunächst einmal nur zu vorrübergehenden, reversiblen Störungen im Gehirn führe.

Das aber führe zu einem fatalen Irrtum. Aufgrund der damit verursachten Störungen im von dem Tumor benachbarten, gesunden Gewebe käme es zu neurologischen Ausfällen, die vom Patienten und Arzt bemerkt, aber falsch interpretiert würden. Man würde sie so verstehen, dass sich der Tumor vergrößert und auf benachbartes Gewebe ausbreitet und es zerstört, und sofort die Bestrahlung deutlich intensivieren.

Und das könnte dann fatal enden oder jemanden zum Pflegefall machen.

Flugzeugabsturz

Ich finde die Berichte über die Ursachenforschung bei Flugzeugabstürzen immer so hochinteressant und spannend.

Irgendwo hatten sie mal einen Fall eines Flugzeugabsturzes aus niedriger Höhe, keine Überlebenden die man hätte fragen können, in dem man ein Rätsel lösen musste: Am dem Flugzeug mit zwei Triebwerken hatte ein Triebwerk gebrannt. Die Piloten hatten als Reaktion darauf aber nicht das brennende, sondern das andere, voll intakte Triebwerk abgestellt, im Ergebnis gar keines mehr und konnten das in Bodennähe nicht mehr korrigieren. Crash.

Die Frage war also: Warum hatten die Piloten das falsche Triebwerk abgestellt?

Schließlich kam man darauf, mit Voice recorder und weiteren Untersuchungen.

Die Piloten hatten ihre Musterberechtigung und ihre Berufserfahrung zwar auf diesem Muster, aber einem früheren Version des Musters gemacht. Irgendwann brachte der Hersteller eine aktualisierte Version, für die man nur so eine kleine Auffrischungsveranstaltung brauchte, weil man dachte, dass sich das bezüglich des Pilotierens nicht unterscheide.

Es gab aber einen bitterbösen Unterschied, den man nicht bedacht hatte: Die alte Version zog die Zapfluft für die Kabinenluft von einem Triebwerk (weiß nicht mehr, ob links oder rechts, ich nenne es jetzt einfach mal willkürlich das linke, um den Text lesbar schreiben zu können), die neue Version aber vom anderen, ich nenne es jetzt willkürlich das rechte, und weise darauf hin, dass es auch andersrum gewesen sein kann, es geht ja nur um das Fehlerprinzip.

Als nun das rechte Triebwerk brannte, also das, von dem die Zapfluft kam, roch es in der Kabine aus der Lüftung nach Rauch. Und weil die Piloten darauf trainiert waren, dann, wenn aus der Lüftung Rauchgeruch kommt, sofort das Zapflufttriebwerk in Verdacht zu haben und abzuschalten, haben sie – entgegen der Anzeigen über Triebwerksbrand, die sie in der Folge für falsch und vertauscht hielten – das linke, intakte Triebwerk abgeschaltet, weil sie darauf trainiert waren, dass wenn es stinkt, es vom linken Triebwerk kommt.

Das brennende Triebwerk allein hätte nicht zum Absturz geführt.

Aber der mangels ausreichender Information über die Änderungen am Flugzeugmuster folgende Irrtum, dass das linke Triebwerk brennen musste, weil es stinkt und das linke das Zapflufttriebwerk sei, führte dazu, dass sie das falsche Triebwerk ausschalteten und damit einen Fehler begingen, der in Bodennähe nicht mehr zu korrigieren war.

Absturz aus Wolken

Ich habe mal in einer Fliegerzeitschrift eine Erklärung darüber gelesen, warum so viele Piloten mit kleinen Maschinen völlig normal und kontrolliert, intakt und in normaler Fluglage in Wolken reinfliegen, und nicht geradeaus am anderen Ende wieder rauskommen, wie man das erwarten würde, sondern dem Tod geweiht unten aus der Wolke purzeln.

In der Wolke sei die Sicht weg, und wenn man das nicht gelernt und trainiert hat, nur nach Instrumenten und gegen seine Überzeugung zu fliegen, käme es zu einem selbstvertärkenden Fehler. Ich wähle jetzt wieder willkürlich links und rechts mit dem Hinweis, dass es auch anders laufen könnte.

Angenommen, der Pilot achtet nicht exakt auf die Instrumente, sondern fliegt auf Sicht ohne noch etwas zu sehen. Wenn der jetzt ein bisschen nach links fliegt, in eine Linkskurve gerät, etwa wegen der Windverhältnisse, kommt es zu leichten Zentrifugalkräften, die aus der Kurve raus, hier also nach rechts zerren. Der Mensch hat drei Gleichgewichtssinnesorgane, nämlich die Sicht, das Innenohr und die inneren Organe, weil er fühlt, wenn die irgendwohin gezogen werden. Sicht ist nicht mehr, und Gehör und Organe melden, dass man nach rechts gezogen werde. Sie sagen aber nicht „das ist die Zentrifugalkraft“, sondern melden irrtümlich „das ist die Schwerkraft“. Obwohl man also eigentlich eine Linkskurve fliegt und leicht nach links kippt und dreht (rollt und giert), melden einem die Sinnesorgane irrtümlich, dass man nach rechts kippe (rollt), weil man vermeintlich die Schwerkraft von rechts zu fühlen glaubt. Man versucht als, gegenzusteuern, indem man Ruder gibt, um (vermeintlich wieder zurück) nach links zu rollen, sich wieder aufzurichten. Dadurch aber kippt man noch mehr nach links, verstärkt den Fehler also, statt ihn zu beheben, weil man Zentrifugalkraft für Schwerkraft hält. Und so weiter, bis man den Auftrieb verliert, trudelt und nach unten aus der Wolke fällt, statt geradeaus zu fliegen, und mit einem völlig intakten Flugzeug einen Absturz hinlegt.

Uschi und die Russen

Man könnte auch Ursula von der Leyens Umgang mit den Russen in Sachen Energie als selbstverstärkenden Fehler ansehen, aber das vielleicht mal in einem anderen Blogartikel.

Das Klima

Es sind diese Fälle, bei denen noch nicht die Krisensituation an sich, sondern die Kombination mit einem Irrtum, der zur genau falschen Gegenreaktion führt, erst tödlich wird.

Die Erfahrung im Umgang mit solchen Fällen lehrt, dass man gerade dann, wenn man in Krisensituationen unter Zeitdruck und hektisch handelt, um eine Gefahrensituation abzuwenden, Gefahr läuft, aufgrund eines Interpretationsfehlers genau das Falsche zu tun und es unter Zeit- und Handlungsdruck nicht zu bemerken, bis es zu spät ist.

Die Theorie, dass es gerade die Windräder sein könnten, die die Klimaerwärmung und Dürre verursachen – oder sagen wir mal begünstigen – hatte ich ja schon erwähnt. Gerade hat mich wieder jemand auf einen Artikel vom Mai 2021 dazu aufmerksam gemacht, kann sogar sein, dass ich den schon mal im Blog hatte, das Bild kommt mir so bekannt vor, wonach Windkraftanlagen den Wind stören und durch die Verwirbelungen, die sie verursachen, nicht nur den Wind stören, sondern auch den Feuchtigkeitsgehalt der Luft verändern.

Das würde ich auch sofort glauben. Ich kann mich erinnern, als ich 1990 das erste mal mit dem Flugzeug nach Singapur geflogen bin, wo die Luftfeuchtigkeit sehr, sehr hoch war und ich kurz hinter den Tragflächen saß, und das Flugzeug im Landeanflug auf der gesamten Breite der Tragflächen (Flügel darf man ja nicht schreiben, da bekommt man sofort wieder böse Zuschriften, dass Vögel Flügel haben, aber nicht Flugzeuge) entlang der hintersten Kante einen dichten weißen Streifen hinterließen, als würden sie eine Papierbahn hinter sich herziehen. Die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass die Druckänderungen an der hinteren Kante der Tragflächen, teils sogar auf der Tragfläche selbst, schon reichten, um die Feuchtigkeit auskondensieren zu lassen, zur Wolke zu werden.

Das wird bei Windrädern in Deutschland nicht so drastisch und offensichtlich ausfallen, aber vorstellen kann ich mir das schon, dass diese Wirbelschleppen gewaltige Auswirkungen haben. Und die Mär, dass man da einfach der Luft beliebig viel Energie entziehen kann, ohne dass sie irgendwo fehlt, ist doch ziemlich Perpetuum Mobile: Man unterstellt, dass es da ein System gäbe, aus dem man einfach so Energie entnehmen kann, ohne dass es sich verändert. Man nennt es „Erneuerbare Energie“, was aber nur der Ideologiedoppelbegriff zu „Perpetuum Mobile“ ist. Sie reden von Windrädern, Windkraftanlagen, aber tatsächlich stellen sie Perpetuum Mobiles auf.

Und genau das könnte wieder zu so einem fatalen selbstverstärkenden Fehler führen: Dürre beruht auf Klimawandel, und gegen den Klimawandel müssen wir noch mehr Windräder aufstellen.