Zelte im Wandel der Zeit
Mmmmh.
Ab und zu gehe ich mal zu Decathlon, diesem komischen Sport- und Outdoormarkt. Mittlere Qualität zu mittleren Preisen, so eine Art Klamotten-IKEA. Aus Frankreich statt aus Schweden. Eigentlich gehe ich lieber zu Globetrotter, aber die sind hier in Berlin so weit draußen, während Decathlon am Alex ist.
Ich finde das immer beeindruckend, wie stark die Kompetenzunterschiede bei deren Mitarbeitern sind. Da gibt es Leute, die zwar in deren blauem Firmenlatz rumlaufen, aber einfach gar nichts beantworten können, von wirklich gar nichts eine Ahnung haben, und oft nicht mal verständigungstauglich deutsch oder englisch sprechen. Ein paar gibt es, die sich einigermaßen auskennen. Anscheinend sind da viele Billigarbeitskräfte, die nur dazu da sind, das Zeug auszupacken und an die Regale zu hängen. Heute (bzw. gestern) habe ich da einen gesehen, der nicht mal den blauen Latz um hatte und noch weniger als gar nichts wusste. Nachdem ich ihm zusah, hatte ich den Eindruck, dass dessen einzige Aufgabe war, an sämtlichen Jacken, die irgendwer anprobiert und zurückgehängt hatte, die Reißverschlüsse wieder zuzumachen. Manches ist von mediocrer Qualität und manches auch Schrott, etwa Campingbesteck aus Plastik.
Ich will die jetzt aber auch nicht zu sehr runtermachen. Als ich damals auf La Reunion war (gehört zu Frankreich), brauchte ich eine kurze, saubere Hose, fand keinen Laden (da gibt es nicht so viele, und davon nur wenige, die auch geöffnet haben), und war sehr froh, dort einen Decathlon zu finden und für kleines Geld eine dünne Hose zu kaufen, die wenig wog und wenig Platz im Koffer wegnahm. Und für Leute, die nur ab und zu mal mit den Kindern campen gehen und nicht den Mount Everest besteigen, ist überschaubere Qualität zu überschaubaren Preisen durchaus sinnvoll. Sie sind ja auch so ehrlich, dass dann dranzuschreiben, dass diese Hose für gelegentliches Wandern gemacht sei. Und ich lege nicht immer nur Wert auf Top-Qualität, manchmal ist mir auch dünn, klein, leicht, preisgünstig für Reisen wichtig, damit es in den Koffer passt.
Man merkt, dass die auch die Preise deutlich anziehen. Und das auch bei Dingen, bei denen ich einfach nicht glaube, dass die so weit teurer geworden sind. Da nutzt jemand die Situation und setzt die Preise hoch.
Vor drei, vier Jahren haben sie mich mal beeindruckt. Weil sie Zelte hatten, die undurchsichtig waren, schwarz oder versilbert, damit die nicht so heiß werden. Ich war nämlich kurz vorher mit einem Zelt aus dem LIDL-Angebot beim Chaos Communication Camp gewesen, und das Billig-Zelt hat sich zwar als sehr gut erwiesen, aber es wurde drinnen sehr heiß, weil der Stoff leicht transparent war und anscheinend Infrarot gut durchließ. Die Kumpels hatten ähnliche Probleme, und wir haben uns damals beholfen, indem wir diese dünnen silber-goldenen Rettungsfolien mit Wäscheklammern und Klebeband drauf befestigten. Das machte einen enormen Unterschied, hielt aber höchstens 2-3 Tage. Dafür war das Schlafen angenehmer, wenn es morgens nicht gleich so hell im Zelt war. Und deshalb hatte mich das beeindruckt, dass die da Zelte hatten, die lichtdicht waren und das damit begründeten, dass die nicht so heiß werden und man darin besser schläft, weil es dunkel ist. Denn das war ja genau das Problem, das ich da hatte und mit diesen Folien behelfsmäßig löste.
Heute (bzw. gestern) stand ich da und dachte so „Hä!?“
Sie hatten da ein Zelt, komplett schneeweiß, dünn und lichtdurchscheinend, das genaue Gegenteil. Das wieß also genau die Nachteile auf, die man vor ein paar Jahren noch gerade bekämpfte und die Zelte damit bewarb, dass sie dunkel und lichtdicht sind.
Steht ein großes Schild daneben, das erklärt, dass dieses Zelt besonders umweltfreundlich sei. Man habe herausgefunden, dass das Allerumweltschädlichste an der Herstellung eines Zeltes der Prozess sei, den Stoff zu färben. Deshalb habe man den weggelassen, damit das Zelt umweltfreundlich wird.
Irgendwie kann man heute jeden Mist verkaufen, wenn man nur irgendein political-correctness-Argument hat.
Funktionalität interessiert nicht mehr.
Ich hatte mir nun einen wasserdichten robusten Beutel gekauft, so eine Wickeltasche. Die, die auch einen deftigen Platsch vom See oder aus dem Meer aushalten. Hab schon welche, auch von Decathlon, die sind gut für auf Reisen, für Sport und sowas. Gibt es mit 5 und 10 Liter Inhalt, ich glaube, früher auch mal mit 20 Litern. Prima, um im Boot Handy, Geldbeutel, kleine Kamera dicht wegzupacken und sowas. Das alte Modell machte einen sehr guten Eindruck, weil das Material so eine gummierte Plane war, außen mit einer Stoffstruktur, Textil mit Plastik beschichtet. Die neue Version ist ähnlich, aber aus einem glatten Plastikmaterial, so ähnlich wie LKW-Plane. Gleicher Preis oder sogar etwas höher, wirkt aber deutlich billiger. Hat allerdings den Vorteil, weniger schmutzanfällig zu sein, weil glatt und plastikig, statt textilstruktur. Als ob Sonnencreme darauf keine Flecken hinterlässt, aber es leichter reißt. Ich fragte (ohne Erwartung, eine Antwort zu erhalten), eine Verkäuferin, warum man das geändert hatte. Die holte erst mal einen, der sich auskennt, und der erklärte mir, dass das neue Material jetzt aus Recyclingmaterial ist, weil die Leute das so wollen, und sich das deshalb eben anders anfühlt und eine andere Oberfläche hat.
Auch da geht das Entwurfskriterium political correctness jetzt über die Funktion.