Heißt das Beil auf Englisch Axe oder Hatchet?
Werkzeugkunde für Mörder und Blogleser und andere Erkenntnisse.
Es gab eine Reihe von Reaktionen zu meinem Artikel darüber, dass es mir weitgehend egal ist, ob der Mörder die Frau nun mit einem Beil oder einer Axt erschlagen hat, und ich nicht rein aus statistisch erwiesener Bevorzugung des Beils für Morde eigenmächtig und ohne im Einzelfall liegende Sachinformation eine Meldung umändern kann.
Natürlich kam es auf Twitter dann auch gleich zu einer Diskussion, ob denn überhaupt jemals jemand mit einer Suppenkelle erschlagen wurde, was aber insoweit zu meinen Gunsten geklärt wurde, als ein Mord unter zumindest wesentlicher Beteiligung einer Suppenkelle nachgewiesen wurde. Sollten zufällig Drehbuchautoren von Fernsehkrimis hier mitlesen, dann würde ich auch mal einen Küchenmord mittels Suppenkelle erwarten. Ich darf an dieser Stelle als Empfehlung anmerken, dass es Suppenkellen im Großhandel für Gewerbe- und Kantinenbedarf auch in prächtig mordtauglichen Ausführungen als große Zweihänder in Schmiedequalität gibt. Das wäre doch mal was, wenn die Leiche in der Bohnensuppe schwimmt und der gerade hungrige Kommissar sich nicht zurückhalten kann, zu kosten, und dabei auf irgendetwas kommt. Oder der Gerichtsmediziner den Todeszeitpunkt am Gargrad bestimmen muss. Und die zynischen Kollegen der Leiche noch etwas Salbei und Thymian mit in den Sarg legen. Ein Aufmacher wäre doch auch, wenn beim Löffeln im Suppenteller plötzlich – *KREISCH* – ein Finger auf dem Löffel liegt. Also wenn man sich da nicht austoben kann…
Zurück zur Axt.
Viele Leser – darunter ein leibhaftiger Forstwirt – schrieben mir, dass meine Angabe, dass Axt und Beil auf Englisch beide Axe hießen, falsch sei, das Beil heiße auf Englisch Hatchet.
Ich wage, zu widersprechen.
Mal abgesehen davon, dass es nicht ein, sondern viele „Englische“ gibt und Dinge nicht nur einen, sondern mehrere Bezeichnungen haben können, und das eine als Gattung auch das andere umschließen kann, stimmt es so auch nicht, dass das Beil auf Englisch ohne weiteres Hatchet heiße. Von sprachlichen Feinheiten abgesehen sollte man immer auch bedenken, dass auch Werkzeuge sich von Land zu Land unterscheiden, im englischsprachigen Raum beispielsweise der gerundete Klauenhammer als der Standardhammer gilt, während man hier zuerst einen eckigen Schlosserhammer darunter versteht.
Ich habe es auch nachgelesen, unter anderem hier, hier und hier. Ein ganz gewöhnliches (im Unterschied zur normalen Axt kürzeres, kleineres und einhändig benutztes) Beil, wie es bei uns handelsüblich ist, ist demnach eben kein hatchet, sondern eine “hand axe”. Der Unterschied zwischen einem hatchet und einer hand axe ist der, dass ein(e) axe nur die eine Werkzeugseite mit der Schneide hat und nur auf dieser Seite benutzt wird. Ein hatchet dagegen ist doppelseitig und kann mit beiden Seiten verwendet werden, weil die Rückseite – mal mehr, mal weniger deutlich und augenfällig – als Hammer ausgebildet und zum Hämmern gemacht ist. Das kann so ein richtig großer Schlosserhammerteil sein, aber auch nur eine konkave oder mit Rillen versehene Seite, damit man von Nägeln nicht abrutscht. Am bekanntesten ist das hatchet heute im Bereich Campingbedarf, weil es da zum Feuerholzhacken und zum Einschlagen der Zeltheringe verwendet wird.
Tatsächlich aber hat das hatchet auch eine Vergangenheit unter den Kriegswaffen, lässt es einem doch bis zuletzt die Wahl, ob man stumpfe oder scharfe Gewalt einsetzen möchte. “Dual use”. Insofern könnte der Mörder durchaus zum hatchet gegriffen haben, auch wenn das in unseren Kulturräumen nicht so einfach zu beschaffen sein dürfte.
In diesem Zusammenhang geben ich aber den Verfechtern der Ansicht, dass die Axt nur das zweihändig zu gebrauchende Gerät bezeichnet, zu bedenken, dass der Begriff der Streitaxt dem widerspricht:
Der Begriff Streitaxt oder Kriegsbeil ist eine Sammelbezeichnung für alle ein- oder zweihändig führbaren, im Kampf eingesetzten Äxte und Beile.
Es gibt nur wenige Zweihänderkriegswaffen, die sind nämlich unpraktisch und setzen voraus, dass man eine Rüstung trägt und zu Fuß geht, weil man keinen Schild tragen und keine Zügel führen kann. Ob nun Ritter oder Samurai. Deshalb ist die Streitaxt nicht selbstverständlich ein Zweihänder.
Das ist übrigens ein häufig gemachter Fehler, dass Leute glauben, dass Sprache immer so eine exakte und präzise Nomenklatur und Taxonomie sei. Man neigt dazu, weil wir in unserer heutigen Welt mit vielen präzisen Fachbegriffen überschüttet werden, die irgendwer mit schriftlicher Definition und alle zusammen so festgelegt hat, dass sie mit großer Unterscheidungskraft zusammenpassen. So funktionieren wissenschaftliche Publikationen und DIN-Vorschriften, aber nicht normale Sprache, die organisch gewachsen ist und sich aus vielen Dialekten und Fremdsprachen mischt und ergänzt. Übrigens liegt der Gendersprache derselbe Denkfehler zugrunde. Die glauben auch, man müsse und könne da eine präzise Taxonomie für das Nebulöse bilden. Ich kann mich noch erinnern, als mal eine junge, zwar sehr hübsche, aber doofe und charakterliche abstoßende Deutsche Streit mit mir anfing, weil ich in Australien zu einem einhöckrigen Dromedar “camel” gesagt hatte. So typische Besserwisserei, belehrte mich darüber, dass Kamele die mit zwei Höckern sind, und die einhöckrigen Dromedare. Was nicht mal genau stimmt, weil die zweihöckrigen Trampeltiere heißen. Vor allem aber hatte ich “camel” und nicht Kamel gesagt, denn was die so unberechtigt selbstbewusste junge Damen nicht wusste, war, dass camel und Kamel nicht deckungsgleich dieselbe Bedeutung haben (Kategorie der „false friends“). Im Englischen ist camel der Oberbegriff für beide, und dessen hatte ich mich extra nochmal bei einer Wildhüterin, die sich mit den Viechern abgab, vergewissert, die mir das bestätigte und bekräftigte, dass sie sich da auskenne, weil sie genau darüber promoviert habe. Es ist also ein – kulturell bedingter – Irrglaube, wenn man immer annimmt, dass die Begriffe so eindeutig definiert und haarscharf zu trennen sind.
Und weil ich ja einen Faible für das Etymologische habe, hier noch aus der Wikipedia:
A hatchet (from the Old French hachete, a diminutive form of hache, ‘axe’ of Germanic origin) is a single-handed striking tool with a sharp blade on one side used to cut and split wood, and a hammerhead on the other side.
Hatchet und axe, Axt sind also dasselbe Wort, hatchet ist nur der Diminutiv. Schon deshalb steht die Unterscheidung, dass ein Beil ein hatchet und keine axe sei, auf wackeligen Beinen. Erinnert mich an einen kurzen Streit mit meinem Doktorvater, der stinksauer wurde, weil ich auf einer Vortragsfolie die Kryptographie als Kunst und Wissenschaft bezeichnet hatte, und er meint, die Kryptographie sei keine Kunst, sondern eine Technik. Meine Antwort war, dass Technik aus dem Griechischen kommt und auf deutsch „Kunst“ bedeute. Oder wenn die Leute als Doppelbegriff so fein zwischen Diversität und Heterogenität unterscheiden – das eine ist lateinisch, das andere griechisch. Sie bedeuten aber das gleiche.
Bis auf ein Detail: Die Genderkrieger und Soziologen behaupten so gerne, nichts sei angeboren, alles nur ansozialisiert, verwenden dann aber den begriff „heterogen“. Die Silbe -gen kommt aber aus dem Griechischen von „-γενής“ und bedeutet soviel wie hervorgebracht, erzeugt, geboren. Vergleiche Genetik, Genesis. Der Name Eugen bedetet Wohlgeborener, der mit den guten Genen.
Etymologisch erschließt sich nämlich auch die enorme Tiefe unfasslicher Dummheit von Gender Studies und Soziologie:
Sie behaupten ja immer, Geschlecht sei nicht angeboren, Gender bezeichne nicht “sex”, sondern das soziale Geschlecht.
Woher kommt aber der Begriff “gender” etymologisch? Es kommt aus dem Englischen und dort aus dem Lateinischen von “genere natus”, und bedeutet also “Geburtsgeschlecht”, “angeborene Gattung”. Also genau das Gegenteil dessen, was die Gender-Spinner und Soziologen behaupten. Und ausgerechnet diese Quatschköpfe wollen uns Sprachvorschriften machen und sagen, wie Sprache „geschlechtergerecht“ zu sein hat.