Reisebüros in Afrika
Einige Leser schreiben, ich läge falsch. Das glaube ich aber nicht.
Zum Artikel, warum Flüchtlinge aus Afrika für 10.000 Dollar mit dem Schlauchboot kommen, statt für 500 in den Flieger zu steigen, schrieben mir einige Leser, dass das falsch sei.
Der Grund sei nicht etwa Unkenntnis, sondern die EU-Richtlinie 2001/51/EG
Damit wird das Problem einfach ins Privatrecht ausgelagert.
Der Spiegel schreibt dazu:
“Fluggesellschaften haften demnach, wenn Passagiere im Zielland wegen
fehlender Papiere abgewiesen werden. Das Unternehmen muss dann eine
Strafe zahlen, den Rückflug organisieren und für Unterkunft und
Verpflegung bis zur Rückreise aufkommen.”
https://www.spiegel.de/politik/ausland/fluechtlinge-warum-sie-nicht-per-flugzeug-kommen-koennen-a-1051827.htmlIch hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.
Dann sollte man den Artikel aber auch genauer lesen:
Eigentlich hat die Richtlinie den Zweck, illegale Einwanderung zu verhindern. Für Asylsuchende gilt die Regelung nicht. De facto müssen Airline-Angestellte am Schalter prüfen, ob der Fluggast die Voraussetzungen für die Einreise erfüllt. Damit ist das Bodenpersonal aber überfordert. Weil jeder Fehler für die Fluglinie teuer werden kann, gehen die Angestellten in den meisten Fällen kein Risiko ein: Wer kein Visum hat, darf nicht an Bord.
Für Asylsuchende gilt die Regelung nicht.
Klar, dass die Airlines da Muffensausen bekommen. Allerdings sind da auch viele notorisch korrupt, und die zu bestechen dürfte immer noch weit billiger sein, als einen Schlepper zu bezahlen. Und auch für die hiesigen Schlepperorganisationen wie die Kirchen, die Schiffe auf das Mittelmeer schicken, könnten durchaus humaner und billiger dran sein, wenn sie Flieger chartern und das Haftungsrisiko übernehmen, zumal sie ja Anwälte haben.
Ein anderer schreibt
Sehr geehrter Herr Danisch,
die Frage, weshalb Bürger afrikanischer Staaten nicht einfach als Urlauber nach Europa einreisen, erübrigt sich, wenn man beispielsweise schaut, wie das Prozedere zur Ausstellung eines Visums für Bürger des Senegal oder Gambia aussieht (siehe hier: Merkblatt zum Schengen Visum – Auswärtiges Amt (diplo.de). Vom Prozedere im wesentlichen kein Problem, nur werden dann halt Anforderungen gestellt wie:
- Nachweis ausreichender finanzieller Mittel für die Reise, mittels Kontoauszügen des eigenen Kontos der letzten drei Monate sowie die dazugehörige Bankkarte bzw. das dazugehörige Sparbuch, oder Nachweise zur Unterstützung durch Familienmitglieder, dann mit Nachweis der finanziellen Mittel des Unterstützers sowie einer Kopie des Ausweises – ein solcher Nachweis wurde bei der Beantragung eines Visums für mich selber noch nie gefordert.
- Nachweis zur familiären und wirtschaftlichen Verwurzelung des Antragstellers in Senegal/ Gambia – ein solcher Nachweis wurde bei der Beantragung eines Visums für mich selber ebenfalls noch nie gefordert.
Gerade zum ersten Punkt, dem Nachweis der ausreichender finanzieller Mittel für die Reise sind die Botschaften in Ländern, mit denen es keine Abkommen über die Ausstellung von Touristenvisa gibt, sehr restriktiv. Das ist einer der wesentlichen Punkte, weshalb Staatsbürger der meisten afrikanischen Länder nicht einfach mal als Tourist nach Europa/Deutschland reisen können (für Serbien galt mal vor 10 Jahren, dass man je Aufenthaltstag in Deutschland mindestens 45 EUR einzuplanen und entsprechend nachzuweisen hatte). Die Botschaften können dann zusätzlich auch mal Urlaubsschreiben eines Arbeitgebers anfragen oder die Bitte äußern, eine Einkommensteuererklärung vorzulegen. So habe ich persönlich erlebt, dass der Leiter einer hochrangigen ägyptischen Behörde ebenfalls Gehaltsnachweise, ein Schreiben ob seiner Zuverlässigkeit seiner Person von seinem Arbeitgeber und eine offizielle Reisegenehmigung vorlegen musste (dabei wurde der Behördenleiter ganz offiziell von einem Bundesministerium eingeladen; aber gut, auch hohe Staatsbeamte können sich mal entscheiden, dauerhaft das Heimatland zu verlassen).
Wird dann doch ein Visum ausgestellt, heißt das noch lange nicht, dass die deutschen Grenzer einen Touristen einfach so in das Land lassen (selber erlebt). Diese haben immer noch die Möglichkeit, Personen mit Visum an der Grenze abzuweisen, wenn aus Sicht des Grenzers der Nachweis des Vorhandenseins ausreichender finanzieller Mittel für die Reise nicht ausreichend ist. Es ist immer wieder erstaunlich, was da so Reisende aus Nicht-Schengenländer und Ländern ohne Tourismusvisaabkommen mit der EU/Deutschland von ihren Erlebnissen mit EU-Grenzbeamten berichten können.
Vielleicht trägt das zur Aufklärung bei, weshalb Bürger afrikanischer Staaten nicht einfach mal als Touristen Europa/Deutschland erkunden.
Stimmt auch. Passt aber auch nicht, gilt nämlich auch nicht für Asylsuchende. Asylsuchende brauchen meines Wissens nicht nur kein Visum, sondern bekommen sogar kein Visum, wenn absehbar ist, dass sie Asyl bekommen, weil sie dann direkt auf das Asylverfahren gesetzt werden.
Sehr geehrter Herr Danish,
ja es gibt Reisebüros in Afrika. Ich kann zumindest von der “sub sahara western region” reden. Dieses Gebiet umfasst Togo, die Elfenbeinküste, Ghana und auch Sierra Leone. In diesen Regionen, vor allem in Ghana, bin ich ständig unterwegs.
Auf die Frage weshalb die Immigranten nicht einfach offziell mit einen “Holzklasse-Ticket” nach Deutschland kommen, welches deutlich billige wäre als die Schlepper zu zahlen,gibt es einen simplen Grund.
Sie benötigen eine Einladung, das Visum an sich ist kein Problem. Um ein Visum zu erhalten, auch ein simples Touristenvisum, benötigen Sie aber einen Leumund in Deutschland, welcher garantiert, daß Sie als Ghanaer nicht in Deutschland stranden und Hilfe vom Staat benötigen.
Ich kann Ihnen bezeugen, daß ich sehr viel Kontkat zu der “upper-class” in Ghana und Togo habe, diese Menschen sind so reich , daß ein Angestellter in Europe im mittleren und gehobenen Management für diese Personen ein armer Schlucker ist. Aber auch diese Personen benötigen für die Einreise nach Deutschland neben dem Visum eine Einladung.
Dies gilt übrigens genauso umgekehrt. So können Sie sich vorstellen, daß ein Onkel von zwei ziemlich berühmten Fußballspielern sich mit […] nur in London trifft, da Ghana zum Commonwealth gehört und nach UK die Einreise deutlich einfacher ist als nach Deutschland.
Das Argument mit den Einladungen höre ich oft. Aber es ist unsinnig. Wir haben hier so viele Schlepper und Linke, die das gut finden, die einen regelrechten Shuttle-Service zwischen Nordafrika und Europa einrichten, dass es für die ein Leichtes (und billiger) wäre, diese Leumundszeugnisse beizuschaffen. Im Gegenteil wäre das sogar günstiger, weil sie dann die EU in Deutschland zuerst betreten würden und nicht in ihr Ankunftsland zurück abgeschoben werden könnten.
Eine Leserin weist auf das „Flughafenverfahren“ hin, aus dem sogar hervorgeht, dass man kein Visum braucht. Es aber eben auch nur für die taugt, die tatsächlich als Asylant anerkannt werden.
Praktisch alle aber beziehen sich dabei auf eines oder wenige reichere Länder in Afrika, in dem die Verhältnisse gut und friedlich sind und meinen dann, das müsste überall in Afrika so sein.
Einer meint, diese Townships gäbe es gar nicht, das wäre nur eine Show, die ich im Reisebüro gebucht hätte. Das ist sehr, sehr dumm.
Es ist zwar richtig, dass beispielsweise die Himba für Touristen Schau-Dörfer haben und sie nicht in ihre echten Dörfer lassen. Aber diese Townships sind echt, ich war in einer ganzen Reihe von denen über Südafrika und Namibia verteilt, und wurde da auch von Einwohnern rumgeführt. Das ist keine Show, und die würden mir auch nicht für das kleine Geld, was man da als Trinkgeld gibt, ein paar Quadratkilometer Township mit ein paar hundertausend Leuten aufbauen.
Eine Leserin meinte, es soch doch überheblich (Unterton: Rassistisch) zu unterstellen, dass Afrikaner weniger wüssten als wir.
Ich staune, wie sehr manche Leute, sogar solche, die regelmäßig in Afrika leben und arbeiten, aber nur an einem eng begrenzten schönen Ort, Afrika romantisieren. Viele Leute können sich einfach nicht vorstellen, wie das in manchen Ländern und Gegenden dort abgeht. Wie das in den Townships aussieht. Ich war in Lesotho in einer Schule, mal 15 Minuten Unterricht mitgemacht. Die geben sich Mühe, Lesen, Rechnen, Schreiben. Aber sie sagten auch, dass viele Eltern ihre Kinder nicht schicken können, weil zwar die Schule kostenlos wäre, sie aber die umgerechnet etwa 10 Euro für die Schuluniform nicht aufbringen können. Und deshalb viele Kinder eben nicht in die Schule gehen. obwohl sich das sogar rentiere, weil die Kinder an der Schule Essen (Bap, entfernt ähnlich wie Reisbrei) bekommen. Und da gibt es eben auch Gegenden, wo die Leute in einfachen Lehmhütten hausen (wir sind da zu schnell vorbeigedüst, ich habe mich fast zu Tode geärgert, weil ich dort ein Top-Foto verpasst habe, weil es da einen Haufen primitivster Lehmhütten gab, Leute im oder ohne Lendenschurz, und auf einer Hütte davon eine Satellitenantenne drauf war. Das war aber eine einmalige Ausnahme.
In vielen Gegenden bauen sie nun gebrauchte Plastikflaschen in die Hütten ein, weil diese Licht nach innen leiten, wenn man sie mit klarem Wasser füllt. In Lesotho haben sie den Leute so ganz einfache LED-Funzeln mit Solarzelle gegeben, weil es dort auch auf absehbare Zeit keinen Strom in den Dörfern geben wird, damit die wenigstens ein bisschen Licht haben.
Irgendwie ist selbst manchen (selbsternannten oder tatsächlichen) Afrika-Kennern nicht klar, dass es dort zwar moderne und reiche Gegenden gibt (Dank Kolonialismus), das aber nicht überall so ist. Und dass eben nicht die Reichen aus den Gegenden, wo es gut ist, kommen, sondern die aus denen, wo es nicht gut ist.
Ich hatte mal einen Kollegen, ich weiß nicht mehr, woher genau, irgendwo aus Afrika so um die Mitte herum. War hier in Sachen IT. Beim Abendessen erzählte der mal, dass er nicht in Deutschland bleibe, hier nur zum Geldverdienen und Wissen aufpeppen sei. Zuhause besitze er ein großes Grundstück, eine Farm, mehrere Häuser, viel Land. Mehr, als man hier mit Arbeit bekommen kann. Das sind dann aber eben auch nicht die, die hier Asyl suchen.
Oder anders gefragt: Wenn die Leute so gebildet, reiseerfahren und weltgewandt wären, wie manche Leser unterstellen, würden sie sich dann mit einer Luftmatratze und ohne Proviant und Treibstoff auf eine Fahrt über das Mittelmeer begeben?
Mir klingt das doch sehr, als wollte man die Ursachen unbedingt politisch korrekt einordnen.
Wenn die Leute alle so gebildet wären, wie manche Leser behaupten, dann kämen sie auch nach Europa. So wie besagter Kollege. Der war als Informatiker auch ohne weiteres nach Deutschland gekommen.
Richtiger liegen wohl die Leser, die schreiben, dass manche Staaten in Afrika die Leute schlicht nicht rauslassen, weil sie sie selbst brauchen. Dann aber sollte man Migration als Neokolonialismus betrachten, nämlich als Menschenabernte.