Ansichten eines Informatikers

Die ARD und die Luca App

Hadmut
27.10.2022 13:53

*Schwupps* und weg.

Heute morgen schrieb mir ein Leser:

Die Luca-App zeigt, wie leicht wir uns täuschen lassen

Guten morgen Herr Danisch,

Ich hab das hier heute morgen gefunden. Waren es nicht genau die Medien, die uns das aufzwingen wollten?!

https://www.br.de/nachrichten/kultur/luca,TKFJuoC

Viele Grüße

Sowohl mobil, als auch jetzt am PC, bekomme ich da: Fehler 404 – Seite nicht verfügbar

Das Internet-Archiv hat auch nichts zu diesem URL.

Und die Suchfunktion auf der Nachrichtenseite des Bayerischen Rundfunk ergibt auch nichts.

Hat sich der Leser geirrt?

Doch da: Der Google-Cache hat sie Seite noch. Sie war da.

Sicherheitslücken, Intransparenz, Nutzlosigkeit: Die Luca-App hat eine eindrucksvolle Pannen-Serie hingelegt. Sie zeigt, wie leicht sich Politik, Medien und 40 Millionen Menschen täuschen lassen. Jetzt könnte der nächste Coup bevorstehen. […]

Eigentlich hätte man gleich stutzig werden können: Ein Rapper stellt in einer Polit-Talkshow eine App vor – eine App, die nichts mit Musik, auch nichts mit Luxusmodemarken oder Einstiegsdrogen zu tun hat, sondern die Großes verspricht: Das ewige Hin- und Her von (Teil-)Lockdowns und Öffnungen zu beenden. […]

Man hätte stutzig werden können, weil Rapper und Rapperinnen bisher eher weniger als Expert*innen in Sachen IT, Datenschutz oder Medizin aufgefallen waren – dafür aber nicht selten mit einem exzellenten Gespür für Business-Ideen, Marketing-Stunts und den richtigen Zeitpunkt. Man hätte stutzig werden können, weil Michael Bernd Schmidt aka Smudo über die Fantastic Capital Beteiligungsgesellschaft UG zusammen mit den anderen drei Fantastischen Vieren 22,9 Prozent am Unternehmen culture4life besaß (und bis heute besitzt), das die App betreibt, die er da am 28. Februar 2021 bewarb. Man hätte spätestens einige Wochen nach Smudos Werbeblock bei Anne Will stutzig werden können, als der Chaos Computer Club eindringlich vor der App warnte. Oder als kurz drauf knapp 80 deutsche IT-Sicherheitsforscher*innen dasselbe taten. Und weil eindringlich im Fall des Chaos Computer Clubs hieß, dass sie den Betreibern der App einen “grundlegenden Mangel an Kompetenz und Sorgfalt” bescheinigten.

In der Rückschau wirkt die Luca-Story wie ein Serien-Plot: Findige Geschäftsleute und ein prominentes Gesicht versuchen, ihr Business unter die Leute zu bringen. Große Teile der Politik lassen sich blenden – oder wollen selbst blenden – und 13 Bundesländer lizenzieren die App für ihre Gesundheitsämter. Ohne öffentliche Ausschreibung, obwohl es durchaus Alternativen gab. Es fließt Geld, allein in Bayern 5,5 Millionen Euro. Medien berichten unkritisch und machen so kostenfrei Werbung für die App. Auch Twitter ist begeistert, in der schwarzweiß-Logik der Plattform strahlt die Luca-App umso heller, je dunkler die Zettelwirtschaft deutscher Gesundheitsämter wirkt. Schließlich schlagen Millionen Menschen Bedenken von Fachleuten in den Wind und holen sich die App.

Klar, die Situation erforderte schnelles Handeln, die insgesamt circa 20 Millionen an Lizenzgebühren sind angesichts der Milliarden, die der Staat im Kampf gegen Corona aufwendet, ein Pappenstiel und auch die Millionen Nutzer und Nutzerinnen handelten mit den besten Absichten. Aber wenn uns die Luca-App eines gezeigt hat, dann, dass auch in angespannten Situationen eine Gesellschaft gut beraten ist, besonnen zu handeln. Jede und jeder einzelne, besonders aber Politik und Medien.

Leider steht nicht dabei, von wan der Artikel ist. Der Google-Cache behauptet zwar

Dies ist der Cache von Google von https://www.br.de/nachrichten/kultur/luca,TKFJuoC. Es handelt sich dabei um ein Abbild der Seite, wie diese am 27. Okt. 2022 07:16:40 GMT angezeigt wurde. Die aktuelle Seite sieht mittlerweile eventuell anders aus. Weitere Informationen.

Dass sie heute morgen noch so angezeigt wurde, sagt nicht so genau, wann sie geschrieben wurde. Auf Reddit wurde sie gestern erwähnt.

Warum ist ein kritischer, sehr berechtigter Artikel so schnell wieder verschwunden?

Hat das damit zu tun, dass ARD-Leute und -Sender in das Ding verstrickt sind?

Immerhin hat Anne Will da die Werbeplattform geliefert. Und wenn ich mich recht erinnere, hatte auch Ranga Yogeshwar damals in der Sendung dafür getrommelt. Der Merkur schrieb damals über die Sendung:

Anne Will will wissen: „Und woran scheitert’s dann?!“ Smudo macht eine genervte Handbewegung in Richtung Helge Braun: „An sowas!“ Die ehemalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger übersetzt den Rap-Sprech ins Polit-Deutsch: „Also eine falsche Prioritätensetzung!“ Und stimmt Smudo zu. Der App erteilt die Rechtsexpertin das Datenschutz-Siegel und erklärt, die App selbst schon runtergeladen zu haben. Auch Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar outet sich als „Luca“-Fan: „Wir müssen schnell werden. Schnelligkeit ist alles. Wir haben im letzten Jahr versagt, was Schnelligkeit angeht.“ Die „Luca“-App würde dem Problem Abhilfe schaffen, da sie mit QR-Codes arbeite, die Rückverfolgung schnell und sicher möglich mache.

Yogeshwar lässt kein gutes Haar an der Corona-Warn-App [Anmerkung von mir: Die der Bundesregierung als Konkurrenz zu Luca] und ist sichtlich empört, dass für die App 67 Millionen Euro an Steuergeldern ausgegeben worden seien, wo man sich beim Nutzen fragen würde: „Wer hat das programmiert?!“ Helge Braun gerät in Rechtfertigungsnotstand und überzeugt wenig, wenn er sagt: „Diese App hat das Vertrauen von 25 Millionen Deutschen gewonnen!“ Und: „Die Corona-App ist ein Superinstrument, das dazu gehört.“

So habe ich das auch in Erinnerung: Yogeshar hat damals die Luca-App als ganz toll und die der Bundesregierung als unverantwortlichen Mist hingestellt.

RP-Online schrieb es auch.

Ich habe noch nie verstanden, was Ranga Yogeshwar zum IT-Experten macht, als der er in der Öffentlichkeit gelegentlich auftritt. Er hat ein Diplom in Physik, aber laut Wikipedia den Beruf nie ausgeübt, sondern ist sofort zum Rundfunk und in den Journalismus gegangen. Es hat mich schon einige Male gestört, dass der sich als Wissenschaftler ausgibt, dann aber immer wieder als Mietmaul auffällt, und solchen Mist verkündet wie „jeder kann programmieren“. Mir war damals schon die Frage durch den Kopf (und das Blog) gegangen, was Yogeshwar dazu bringt, über Corona-Apps zu blubbern, ob man den einfach eingekauft und angemietet hat, um sich bei Anne Will reinzusetzen. Schon die Frage, was ein Rapper wie Smudo damit zu tun hat, wäre interessant. Aber bitte, das darf der. Der kann sein Geld als Unternehmer investieren, wie er will, und auch für seine Projekte werben. Da mag einem nicht gefallen, aber das darf er. Wenn aber Anne Will und Ranga Yogeshwar vom Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk in der Sache mit drinstecken, dann ist das etwas völlig anderes.

Und jetzt gab es einen Artikel beim Bayerischen Rundfunk darüber, dass die Luca App unseriöse Geldmacherei dubioser Vögel war, und *schwupps* ist er weg.

Na, sowas.