Kassenschlange und Wahlverhalten
Ein Erfahrungsgrundsatz
Eine Leserin schreibt:
Letztens im Supermarkt stand ich in einer sehr langen Kassenschlange, ganz hinten, vor mir alles Rentner. Dann wurde angekündigt dass eine 2. Kasse aufgemacht wird, die leuchtete auch schon grün aber niemand aus meiner Schlange wanderte dorthin ab, nichts löste sich auf, der ältere Herr vor mir meinte, es wäre doch erstaunlich dass hier immer alle stehenbleiben und so war es auch, ich bin zur neuen Kasse und musste mich durch die Schlange durchquetschen und alle blieben dort stehen und standen noch da als ich rausging. Wenn das keine Erklärung für Wahlverhalten ist.
Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber: Ich habe schon seit einiger Zeit genau dieses Problem beobachtet und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass wenn nicht besondere Umstände eintreten, wie dass erkennbare Problemkunden (Umtausch usw) vor einem sind oder man wirklich gleich als Erster an der neu aufgemachten Kassenschlage wäre, es sich dann, wenn man schon relativ nahe am Kassenband steht, nicht mehr lohnt, zu wechseln. Denn ich habe das oft beobachtet, dass die die neue Kasse aufmachen, dann aber erst mal wieder verschwinden, weil sie warten, bis die Leute was aufs Band gepackt haben, und dann erst mal ihre Kassenschublade einhängen, die Kasse in Betrieb setzen, den Hintern schaukeln, den Stuhl einstellen, die Nase putzen, mit der Kollegin quatschen, was der Blumenkohl im Sonderangebot denn jetzt kostet, und man selbst längst durch ist, bis die endlich in Gang kommen.
Einen ähnlichen Effekt habe ich früher, als ich noch längere Strecken Autobahn gefahren bin und wir noch richtige Winter hatten, da auch oft beobachtet. Auf der Strecke zwischen Karlsruhe und Dresden muss man durch allerlei Problemstellen und konnte da, vor allem bei hohem Schnee, fürchterlich im Stau stehen. Und ich hatte damals eines der ersten Massenmarkt-Navis im Auto, mit Stauumfahrung, und habe das auch ausprobiert. Es stellte sich aber heraus (nach meiner Einschätzung, weil ich mich ja nicht spalten und beide Wege gleichzeitig ausprobieren konnte), dass sich die Umfahrungen im Durchschnitt nicht lohnen. Ich kann mich noch erinnern, da mal einen stundenlangen Umweg in Schrittgeschindigkeit gefahren zu sein, weil die einsame Straße rappelvoll war. Und nach vorne konnte man sehen, dass das alle die waren, die ein Navi im Auto und die Stauumfahrung gewählt hatten. Es ist zwar nicht so langweilig, wie im Stau zu stehen, und kommt einem vielleicht deshalb nicht so lange vor, aber solange man keine Vollsperrung hat (Unfall, Klimakleber, Brücke eingestürzt,…), bei der man eine längere Blockade absehen kann, ist es oft günstiger, den Stau einfach hinzunehmen und zu ertragen, statt weit außenrum zu fahren.
Man glaubt nur immer subjektiv, dass die andere Schlange schneller ist. Deshalb könnte es gut sein, dass die Rentner in diesem Supermarkt das wussten. Oder es auch einfach nicht eilig hatten.