Zur Differenzierung der IT in der Steuerung von Waschmaschinen und Raketen
Subtile Feinheiten.
Ein Leser gibt zu bedenken
Hallo Hadmut,
die Spitzenmodelle Kühlschränke und Waschmaschinen müssen heute ganz Hip IoT-fähig sein. Wenn der Kühlschrank merkt dass die vegane Soja-Latte alle ist, kriegt die Einkaufs-App auf dem Handy einen Eintrag.
Nettes Extrembeispiel (der Artikel ist schon 3 Jahre alt):
https://www.chinahandys.net/xiaomis-smarter-iot-kuehlschrank-mit-21-zoll-display/
Wäre interessant zu wissen, ob da bevorzugt IoT-fähige Geräte mit entsprechend Rechenleistung nach Kasachstan gehen, oder die Basisware.
Grüße,
Man weiß halt nicht, welche Kühlschrankart in der kasachischen Steppe bevorzugt wird. Die stehen da bestimmt auf Smart Kühlschränke.
Erinnert mich daran, dass ich irgendwo gelesen habe, dass es schon einmal sowas gab, dass nämlich die westlichen Geheimdienste in Wallung kamen, weil man feststellte, dass irgendwelche russischen (oder sonstwas) Regierungsstellen plötzlich unglaublich viele Spielekonsolen aufgekauft hatten, und man setzte alles daran, herauszufinden, was die damit vorhaben, weil Spielekonsolen bekanntlich sehr hohe Rechenleistung und enorme Graphikfähigkeiten haben. Man fand schließlich heraus, dass die Funktionäre alle beschlossen hatten, ihren Kindern so ein Ding zu Weihnachten zu schenken, weil man damit toll spielen könne.
Allerdings sei auch daran erinnert, dass die BRD der DDR einst eine Ladung moderner elektronischer Hörgeräte für alte Leute schenkte, um deren Not zu lindern. Später fand man die Mikrofone der Hörgeräte in Wanzen, die die Stasi den BRD-Regierungen in den Pelz gesetzt hatte, weil die DDR die Hörgeräte nicht etwa alten Leuten gegeben, sondern zu Wanzen umgebaut hatte, die hatten sich über die Subminiaturmikrofone bester Qualität sehr gefreut.
Hallo Herr Danisch,
habe mal nach Bildern von Waschmaschinen-Platinen gesucht. Wenn man die Bilder vergrößert, erkennt man da z.B. einen Chip mit R5F am Anfang,
also ein ARM Cortex-R5, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Arm_Cortex-RDort steht, dass die für “auf harte Echtzeitanforderungen ausgelegt” sind u.a. für Airbags und Motorsteuerungen. Das würde wieder passen.
Scheint mir für eine Waschmaschine auch Overkill zu sein. Aber wie Sie vermutet haben, ist es vielleicht billiger, diese Dinger in großen Stückzahlen zu produzieren, als geringe Stückzahlen von schwächeren Chips.
Gruß
[…]P.S. wozu ein Kühlschrank nützlich sein kann, wissen wir aus der Anfangsszene von “Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels” auf dem Testgelände
*Grins* Ja, an die Szene hatte ich beim Schreiben des Artikels auch gedacht.
Gleich einen ARM für die Waschmaschinensteuerung ist schon ziemlich überdimensioniert, aber ja, das könnte eben billiger sein, also noch alte, schwache Prozessoren zusätzlich herzustellen.
Hallo Hadmut!
zu https://www.danisch.de/blog/2022/11/07/waschmaschinen-fuer-kasachstan/
IMHO:
Ich würde nicht ausschließen, das es sich bei der Aktion um “maskirovka” (https://en.wikipedia.org/wiki/Russian_military_deception) handelt und damit von anderen Dingen abgelenkt werden soll, z.B. von Bauteilelieferungen aus China, die wegen der internationalen Sanktionen nicht bekannt werden sollen. Gibt ja jetzt eine “plausible” Erklärung, wo die Bauteile hergekommen sein sollen. Außerdem sind vermutlich einige Mitarbeiter bei diversen Dienststellen in der ganzen Welt damit beschäftigt, sich über die Verwendungsmöglichkeiten der
einzelnen Bestandteile von Haushaltsgeräten Gedanken zu machen und können in der Zeit nicht an anderen Themen arbeiten.Bitte bleib dran – da kommen bestimmt noch einige seltsame Dinge.
Gruß
Und das:
Hallo Hadmut,
die Antwort auf die Waschmaschinen-Frage ist ganz banal: Es handelt sich um FakeNews. Beruflich bin ich Softwareentwickler und habe unter anderem Militärtechnik gebaut. Vor der Wende war ich in der DDR beim Militär (Unteroffiziersschule Teupitz).
Das Anforderungsprofil für militärisch nutzbare Hardware ist:
- Muss extreme Temperaturbereiche aushalten (zum Beispiel eine Rakete die in Sibirien bei -70 Grad startet und sich im Flug auf > 1000 Grad erwärmt (die Raketenhülle, nicht die Chips)
- Muss extreme Beschleunigungen aushalten
- Muss unter extremen Temperatur- und Beschleunigungsbedingungen rüttelfest sein
- Muss EMP-Fest sein.
Ich würde eine russische Rakete mit WK2-Technik bauen, also elektromechanisch mit Gyroskop, und der Rakete zusätzlich ein GPS (bzw. das russische Gegenstück) zur Kurskorrektur mitgeben. Das einzige interessante Bauteil aus der Waschmaschine könnte die Heizung sein, mit einer elektrischen Heizung löst man üblicherweise das -70° Problem. Aber wegen eines Stück Heizdrahts Waschmaschinen plündern?
Die Kunst bei MilTec liegt nicht in aufregenden Chips, sondern den extremen Umweltbedingungen. Der Aufwand ist daher auch nicht Chip und Programmierung sondern das Board auf dem der Chip sitzt. Im Fall der Hyperschall-Raketen kommt hinzu, dass die Raketen in einen Plasmafeld fliegen.
Die Behauptung das den Russen die Munition ausgeht, stammt vom britischen Geheimdienst. Das sind die, die die Novichok-Morde bestätigt haben, Trumps Russland Connection, die Brutkästen in Kuweit und Milzbrand im Irak. Die Behauptung stammt aus dem März und wird seitdem monatlich erneut. Bislang scheinen die Russen ganz und gar nicht ans sparen zu denken.
Zur russischen Militärstrategie: Nach Ende des Kalten Krieges gab es im Westen die allgemeine Erwartung, dass es zukünftig keine großen, langwierige Kriege mehr geben wird. Große Waffenlager wurden seit dem abgebaut und die Kriegstechnik Stück für Stück auf Hochtechnologie umgestellt. Russland hat diese strategische Neuausrichtung nie mitgemacht. Deshalb versucht der Westen ja auch einen ökonomischen Krieg gegen Russland, keinen militärischen, der Westen ist durch die Globalisierung und Demographie weder zu einem großem Krieg noch zur Massenproduktion mehr in der Lage.
Der Westen lacht gern über die angeblich rückständige russische Militärtechnik, aber wenn man unter den Bedingungen der Ukraine würde ich russischer Technik vertrauen, die wurde nämlich passgenau für russische Weiten und russische Bedingungen gebaut. Und mal ehrlich: Auch ein vierzig Jahre alter Panzer ist immer noch eine Kanone + Maschinengewehr + Panzerung + Geschwindigkeit. Was die angeblichen 40 Verluste pro Tag betrifft: Die russische Militärstrategie lautet „Viel statt Teuer“. Wenn ein Panzer kaputt geht oder kein Sprit mehr hat, steigen die Russen aus und in den nächsten Panzer ein. Hier dazu ein Video vom Deutschen Panzermuseum Munster: https://www.youtube.com/watch?v=Wkb3Tb3ayk0
Viele Grüße
Klar, die militärischen Spezifikationen. Der Leser widerspricht sich aber selbst. Denn wenn die Chips knapp sind und der Russe lieber viel als teuer baut, dann wird er lieber Chips verwenden, die die Spezifikation nicht erfüllen, aber funktionieren, als gar nichts zu bauen. Und ob Kurz- und Mittelstreckenraketen wirklich so heiß werden, dass selbst der Prozessor das aushalten muss..
Hallo Herr Danisch,
vielleicht kann ich Ihnen bei den Fragen zu den Waschmaschinen weiterhelfen.
Zum Hintergrund: Ich arbeite in der Softwarentwicklung für einen großen Konzern, wir entwickeln für andere Firmen die Elektronik und Software für Küchenmixer, Staubsauger und Ladegeräte. Leider keine Kühlschränke.Nachverfolgbarkeit: Sofern man nicht die absoluten Minimalcontroller nimmte, haben heute die meisten Microcontroller eine von Chiphersteller vergebene individuelle Seriennummer. Die kann zum Beispiel dazu genutzt werden, bei der Herstellung einen Schlüssel zu erzeugen der später bei jedem Start des Geräts gegengeprüft wird. Damit kann man verhindern dass die Software einfach raubkopiert wird. (Chinaclone)
Wenn sie in der Massenproduktion zehntausende, hunderttausende oder gar millionen Microcontroller pro Jahr abnehmen, dann bestellt man die direkt beim Hersteller. Einmal für einen möglichst niedrigen Preis, andererseit bietet der Chiphersteller dann meistens Problemsupport.
Der Hersteller dürfte die Daten, wo was landet, zudem für die langfristige Qualitätscontrolle erheben.
Wenn also ein Produkt in ausreichenden Stückzahlen produziert wird, kann der Chiphersteller schon sagen, an welchen Hersteller gegangen ist und der wiederrum kann sagen in welches Produkt.
Das sollte für die Geheimdienste der USA das einfachste Stück sein.Komplexität: Was Waschmaschinen angeht habe ich zwar keine Erfahrung, aber ich kann mir vorstellen, dass für die immer gestiegenen Energiesparanforderungen heutzutage versucht wird, maximal effiziente Motoren zu verwenden. Das wären heute sensorlose brushless Motoren. Also die weiterentwicklung der Schrittmotoren die ja auch schon einen Controller zu steuerung brauchten. Dazu müssen sie je nach Stellung des Motors mehrere Spulen individuell ansteuern. Wenn es ein Sensorloser Motor ist, dann bestimmen Sie übrigens die Stellung des Rotor damit, dass Sie kurzzeitig den Spulenstrom unterbrechen, durch die Trägheit dreht sich der Motor weiter und geht dann in einen Generatrbetrieb über. Jetzt messen sie die sich daraus ergebenen Spannungen und sie können abschätzen, welche Position der Motor hat. Also müssen Sie möglichst schnell für jede Spule eine ADC Messung durchführen und der Ergebnis berechnen. Dann ist ein schneller (überperformanter) Controller natürlich besser.
Beschleunigungssensoren: Was Waschmaschinen weiter interessant machen könnte, sind Beschleunigungssensoren. Es ist nun schon einige Jahre her, da wurden Waschmaschinen mit Unwuchterkennung beworben. Um die Vibrationen beim Schludern möglichst gering zu halten. Ich vermute daher, dass heutzutage in den Waschmaschinen einige robuste Beschleunigungssensoren stecken.
Wiederprogrammierbarkeit: Ich kenne es so, dass man einen Contoller möglichst nicht komplett verriegelt, sondern dass er nach einem Mass Erase wieder neu beschrieben werden kann. Sollte während des Beschreibens des Controllers in der Produktion etwas schiefgehen, können sie nochmal von vorne anfangen. Wenn er komplett verriegelt ist, müssten sie den Controller austauschen.
Und dazu schreibt mir ein anderer Leser noch
> zumal die Steuerung einer Waschmaschine aus IT-Sicht ja nun wirklich eine sowas von langweilige und anspruchslose Angelegenheit ist
Das dachten andere auch schon und wurden eines besseren belehrt
http://www.zabex.de/site/waschmaschine.html
Die Kapitel zum Thema Anlaufsteuerung und Unwuchtmessung/Auswuchten sind diesbezüglich erhellend.
Früher hat man das wohl einfach mit ner Waschbetonplatte gelöst …
Ach, gar. Nicht mal die Druckmessdose kommt noch ohne einen PIC-Microcontroller aus. Wundert mich eigentlich, dass sie nicht gleich die ganze Waschmaschine per CAN-Bus vernetzt haben.
Der Punkt mit der Unwuchtsteuerung ist aber interessant. Da kann man etwas Rechenleistung reinverbraten.
Wobei mir jetzt nicht völlig klar ist, wie man eigentlich auf die Messergebnisse einer Unwuchtmessung reagiert, wenn eine da ist: Lässt man das Schleudern dann einfach bleiben, und zeigt eine Fehlermeldung an, oder kann man der Unwucht durch die Motorsteuerung entgegenwirken? Noch mal langsam machen, und die Wäsche noch mal etwas durchschütteln?