Premium-Flughafen BER
Da geht mir der Deckel hoch.
Der Tagesspiegel schreibt, dass irgendein Flughafenplaner namens Dieter Faulenbach da Costa, der Flughäfen auf der ganzen Welt geplant habe, mit radikalen Vorschlägen daherkäme, den BER aus den roten Zahlen zu holen: Man müsse ihn teurer machen.
Frankfurt und München hätten viel höhere Flughafengebühren, die seien zweieinhalb und dreimal so hoch, um mehr Einnahmen zu generieren. Das würde zwar zur Abwanderung der Billigflieger wie Ryanair und Easyjet führen, aber die Premiumanbieter, also die teureren Fluglinien, unterstützen, weil die die höheren Flughafengebühren locker zahlen könnten. Glaubt er.
Ich glaube, die Rechnung wird nicht aufgehen.
Denn der Berliner hat es gerne billig. Der ist nicht so bereit wie der Münchner, auch mal Geld hinzulegen. Wenn man in Berlin die Billigflieger wegschneidet, führt das nicht dazu, dass die Berliner auf teurere Linien umsteigen. Sowohl Ryanair, als auch Easyjet haben ja ihre Flotten in Berlin schon drastisch verkleinert, weil ihnen (sagen sie, vielleicht hat es auch andere Gründe) die Gebühren dort schon jetzt zu hoch sind – es wäre mir aber nicht bekannt, dass Linien wie Lufthansa oder Air France über einen entsprechenden Anstieg ihrer Kundenzahlen frohlockten.
Ich glaube, das wird anders laufen.
Soweit ich weiß, arbeiten die Polen daran, einen ihrer Flughäfen zum internationalen Massenflughafen auszubauen und die Leute von außerhalb heranzukarren. Das dürfte mit Sicherheit auch Bus- und Zugverbindungen aus dem Großraum Berlin beinhalten. Und im Moment brauche ich auch über eine Stunde und ein bis zwei öffentliche Verkehrsmittel, um von der Wohnungstür an den BER zu gelangen. Und aufgrund der schlechten Anbindung von Berlin an das internationale Flugnetz bin ich auch schon oft von Hamburg geflogen, was mich auch einige Stunden (S-Bahn, Zug, S-Bahn, jeweils am Bahnhof bis zu einer Stunde rumlungern) kostet.
Was sollte mich also daran hindern, mit dem Zug nach Polen zu fahren und dort einen Flughafen zu benutzen, wenn die einen schönen Flughafen bauen und mich in zwei Stunden von Berlin dorthin bringen, und preisgünstiger sind, dort dann Easyjet und Ryanair usw. fliegen?
Ich halte es für ziemlich vermessen, die Flughafengebühren in Berlin auf das Niveau von Frankfurt oder München zu bringen. Von allen drei Flughäfen bin ich schon viele Male geflogen, auch wenn München für mich über 10 und Frankfurt über 20 Jahre her ist, weil ich sie benutzt habe, als ich in deren Einzugsbereich wohnte.
Der Flughafen Frankfurt ist eine eigene Stadt mit enormer Infrastruktur, Hotels, Tagungsräumen, ein Riesen-Riesen-Angebot.
München ist in dieser Hinsicht eher nur Flughafen (obwohl es auch dort solche Infrastruktur gibt, ich war auch schon auf einer Tagung, die dort in Flughafen stattfand, das geht auch), aber einer, der einfach gut und prima funktioniert, und vor allem eine hervorragende Anbindung an das weltweite Streckennetz hat. Als ich noch von München geflogen bin, musste ich nie über irgendeinen anderen Flughafen umsteigen, sondern konnte immer direkt dahin, wohin ich wollte. München-Dubai, kein Problem.
Berlin ist lausig. Nur wenige Ziele kann ich per Direktflug erreichen und auch das nicht immer. So oft habe ich da Umsteigehetze (oder -langeweile) in Paris, Düsseldorf, Istanbul, Philadephia, Amsterdam, weil die Flüge von Berlin nicht direkt zum Ziel gehen, sondern Berlin nur eines der Ziele von den „internationalen Drehkreuzen“ ist, obwohl der Trend eigentlich davon weggeeht und man nicht mehr die Riesenflieger zwischen den Drehkreuzen und die kleinen Maschinen als Zubringer einsetzen will, sondern mit kleineren, energiesparenden Maschinen wie 777neo Direktflüge anbieten will (deshalb das Aus des A380 und wohl bald auch der 747), die damit billiger und umweltschonender sind. Es ist aber fraglich, ob gerade der BER mit solchen Taktiken solche Flüge begünstigt, weil es ja eigentlich gerade die Billigflieger wie Ryanair und Easyjet sind, die vor allem auf Direktflüge setzen und nur kleinere Flugzeuge wie die 737 einsetzen.
Dazu kommt, dass ich den BER für ein massives Ärgernis halte. Mir fällt jetzt gerade spontan kein anderer Flughafen der modernen Welt ein, den ich für so verkorkst halte.
Schon der Schwachsinn, dass die Rolltreppen nur in eine Richtung gehen und man zu den Bahnsteigen nur über normale Treppen (mach mal mit zwei Gepäckstücken und insgesamt 35 kg Gepäck, oder vielleicht noch Kindern) oder zwei völlig überlastete Fahrstühle zu erreichen sind. Welcher Idiot baut einen Flughafenbahnhof mit Rolltreppen nur in einer Richtung?
Die Wartebereiche an den Gates: Völlig unterdimensioniert. Passiert immer wieder, dass da mehr Leute warten müssen, als sie da Sitzplätze reinbekommen, und man stundenlang stehen oder auf dem blanken Boden sitzen muss. Besonders ärgerlich, wenn man wie ich alleine reisen muss: Geht man mal pinkeln, ist der Sitzplatz weg, weil man keinen hat, der einem den Platz freihält.
Ich habe das schon erlebt, dass sie zum Boarding erst alle aus dem Wartebereich heraustreiben mussten, um den dann für das Boarding zu verwenden, weil sie die Kontrolle nur vor dem Wartebereich einrichten konnten. Ich hatte gefragt, was der Quatsch soll. Sie antwortete: Natürlich sei es Quatsch, aber sie könnten ja nichts dafür, sie hätten den Mist ja nicht gebaut.
Kommt man aus dem Flugzeug, muss man im Gedränge mit dem Bordgepäck, Kindern usw. erst eine Treppe hoch, dann durch die Passkontrolle und dann wieder eine Treppe runter. Schwachsinn. Andere Flughäfen machen sowas nicht, und wenn, dann mit Rolltreppen. Nicht in Berlin. Die haben da nur so ein ganz kleines Aufzügchen, steht aber dran, dass er nur für Gehbhinderte mit Nachweis ist. Eine einzige Zumutung für Leute, die Rücken oder Alter oder Knie oder sowas haben oder mit kleinen Kindern unterwegs sind.
Mal versucht, am BER aufs Klo zu gehen?
Zu zweit kein Problem. Pass mal kurz auf meine Sachen auf, ich geh’ mal eben pinkeln.
Aber alleine? Wenn man das Gepäck noch nicht einchecken kann, weil die die Gepäckannahmen noch nicht neu gestartet haben, was sie jeden Morgen einzeln und manuell machen müssen? Keine Chance, in die winzigen Klokabinen mit Gepäck reinzukommen. Früher hieß es ja an Flughäfen immer „Lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt!“ Das habe ich am BER zwar noch nicht gehört, die Frage wäre aber schon, wie die sich das vorstellen, wie der Besuch einer Toilette eigentlich ablaufen soll. Fairerweise muss man sagen, dass das nun fast alle Flughäfen der Welt nicht besser machen, weshalb ich Flughafenarchitekten für Vollidioten halte, die nicht wissen, was sie da eigentlich bauen. Gerade beim BER habe ich aber das Gefühl, dass der von Leuten gebaut wurde, die in ihrem ganzen Leben noch keine Flugreise unternommen haben.
Habt Ihr mal versucht, am BER einen Gepäcktrolley zu bekommen?
Klar, haben sie, die gibt es. Die stehen nur nicht da, wo man sie braucht.
Wenn man mit dem Bus da ankommt, muss man das Gepäck da erst mal 150 Meter bis zu dem Sammelplatz der Trolleys schleppen, weil es für die Kapazitäten dort einfach zu hoch war, den Dinger an die Bushaltestelle zu stellen, wie man das anderswo macht. Am BER stehen sie abseits, wo sie keinem im Weg stehen. Lohnt sich dann aber auch nicht mehr, weil man dann mehr als die Hälfte der Strecke zum Terminal 2 bereits zurückgelegt hat.
Apropos Gepäck:
Bei Hin- und Rückweg zum BER mit Öffis habe ich schon ein paar Mal Ärger mit anderen Fahrgästen bekommen, weil ich mit dem Gepäck Sitzplätze belegte. Wo ich das Gepäck aber hintun sollte, konnten sie mir auch nicht sagen. Auf den Gang stellen geht auch nicht, weil sie dann wegrollen und mit ziemlicher Geschwindigkeit durch die S-Bahn oder den Bus schießen, Leute gefährden oder den Gang blockieren. In anderen Städten der Welt setzt man für den Verkehr zum Flughafen Busse und Bahnen mit spezieller Gepäckausstattung ein, wo man sein Zeug einfach reinsteckt und gut is. Nicht in Berlin.
Mal nachts am BER gewesen, weil der Flieger morgens um 6 geht und man ja 3 Stunden vor Abflug dort sein soll, weil sie nie so genau wissen, ob sie das mit dem Gepäck und den Sicherheitskontrollen hinkriegen?
Es gibt kaum Sitzplätze. Viel zu wenig. Und die wenigen Sitzplätze sind oft von Leuten belegt, die sich dort zum Schlafen hinlegen und gleich drei, vier, fünf Sitze belegen. Viele Passagiere stehen stundenlang oder setzen sich auf den kalten, dreckigen Steinboden.
Und die Sitzbänke haben zwar – selten – Steckdosen und USB-Ladebuchsen, aber nur die wenigsten davon funktionieren, weil es da schlicht keinen Stromanschluss gibt und das Kabel der Sitzbänke nirgends eingesteckt ist. Sie haben auch Handy-Ladestationen, aber ganz wenige. Und in den Wartebereichen am Gate, Terminal 2: Gar keine. Sie lassen einen da stundenlang warten, kein Strom, zuwenig Sitzplätze, dort auch keine Gelegenheit mehr, noch etwas zu trinken zu kaufen, wenn man erst einmal durch die Passkontrolle ist.
Und die Passkontrolle: Katastrophe. So umständlich und ineffizient, wie sie nur die Deutschen hinkriegen. Es gibt Länder, die haben da 30 Automaten stehen, und zwei Beamte. In Deutschland hat man zwei Automaten (eigentlich vier, aber sie schalten nur zwei ein, weil sie ja immer zugucken wollen) und zwei Beamte. Und 200 Meter Schlange davor. Übrigens ohne Toiletten.
Letztes Jahr dachte ich mal irrtümlich, ich hätte ein Notebook-Netzteil irgendwo auf der Rückreise verloren. Hatte mich nur vertan, weil ich sicher war, zwei gleiche zu haben und dann nur eins hatte, aber einfach das andere nur blöd zuhause verlegt hatte. Mir fehlte also nichts, ich dachte es nur irrtümlich, und hatte deshalb am Flughafen nachgefragt, wo eigentlich Fundstücke auflaufen, weil die Fluglinie auf ihrer Webseite schrieb, dass sie Fundstücke aus den Flugzeugen 24 Stunden aufbewahren und dann an das Fundbüro des Zielflughafens weitergeben. Es war aber nicht zu klären, wo dieses Netzteil, wenn ich es denn wirklich verloren hätte und es gefunden worden wäre, dann hingebracht worden wäre.
Mal nachts versucht, am BER irgendwas zu bekommen? Getränk? Irgendwas zu essen? Eine Zeitung? Geld wechseln um eine Münze für den Trolley zu bekommen?
Tot.
Es stehen nur ein paar Automaten rum, Softdrinks, Kaffee, Schokoriegel. Mehr ist da nachts nicht.
Und für diesen durchverkorksten Mistflughafen wollen sie (oder zumindest dieser Flughafenplaner) Flughafengebühren wie Frankfurt oder München, weil er „Premium-Flughafen“ werden soll? Weil er „eine solitäre Lage“ habe?
Wird Zeit, dass die Polen ihren Flughafen fertig bekommen.
Konkurrenz belebt das Geschäft. In Polen. Nicht in Berlin.