Von Risiko und Neutralität
Mir geht was auf den Wecker.
Die weit, weit, weit überwiegende Mehrheit der Leser schreibt mir tolle und nützliche Leserbriefe. Deshalb bitte nicht eingeschnappt sein, was ich gleich schreibe, bezieht sich nur auf ein kleines, aber ärgerliches Randphänomen.
Mir geht etwas auf die Nerven.
Immer wieder mal kommt es vor, dass mir jemand – meist noch in mehr oder weniger schroffem und ungehobeltem Ton – vorwirft, was ich im Blog alles nicht schreibe. Ich würde ja wollen oder sollen, aber mich nicht trauen, und dies und das.
Mir geht das auf die Nerven, wenn Leute wollen, dass etwas öffentlich geäußert wird, aber gleichzeitig verlangen, dass andere das Risiko dafür übernehmen und sich angreifbar machen, währen sie selbst schön warm und sicher im Hintergrund bleiben und damit nichts zu tun haben. Sie wollen, dass etwas publiziert wird, und verlangen von anderen, dass die das auf deren persönliches Risiko nehmen – finanzielles, juristisches, oder auch das Risiko, zusammengeschlagen, diffamiert zu werden. Und versuchen dann, Druck auszuüben, indem sie einem vorwerfen, man würde sich nicht trauen oder sei ein Feigling oder von X oder Y gesteuert oder nicht das, was man vorgäbe zu sein, die ganze Leier. Ob ich das dann überhaupt selbst so sehe, meine, für richtig halte, publizieren will, wie sie das gerne hätten, fragen diese Leute nicht. Da wird einfach Druck ausgeübt, man sei ein Feigling, wenn man nicht tut, was sie von einem wollen.
Im Prinzip ist das nicht neu, sondern nur eine Neuauflage dessen, warum ich vor Jahren hier die Kommentarfunktion abgeschaltet habe. Immer wieder nämlich haben Leute mir da irgendwelche – teils offenen, teils nicht offensichtlichen – politischen Parolen untergeschoben oder unterzuschieben versucht, und mir dann üble Zuschriften geschickt, wenn ich das nicht durchgelassen habe, ich würde ihre Meinungsfreiheit verletzen, ihr Grundrecht. Ihre Meinungsfreiheit sei es, in meinem Blog auf meiner Webseite und unter meinen Risiken anonym oder pseudonym ihren Kram zu publizieren, und ich hätte die Kosten, das Risiko usw. dafür zu tragen, weil das ihr Grundrecht sei. Dass es nicht meine Aufgabe ist, deren Grundrechte zu wahren, und dass ein Grundrecht ein Abwehrrecht und kein Leistungsanspruch gegen irgendwen ist, wollen sie nicht einsehen. Ich hatte damals deshalb eine Kommentar-Policy geschrieben und die Parole „Mein Blog, meine Meinung – Dein Blog, deine Meinung“ ausgegeben. Weil jeder sein Grundrecht auf Meinungsfreiheit selbst wahrnehmen muss und nicht wahrnehmen lassen kann, und weil es mein Grundrecht verletzt, wenn ich meine Meinung nicht so darstellen kann, wie ich es für richtig halte, sondern immer irgendwelchen Framdkram mit reinmischen muss. Ob nun rechtsextrem, linksextrem oder einfach nur diesen Gerechtigkeitsquatsch, wonach man immer alle zusammen kritisieren muss: Man darf nichts über Frauen sagen, ohne gleichzeitig dasselbe auch über Männer zu sagen, Muslime nicht kritisieren ohne im gleichen Maß auf Christen zu schimpfen, und nichts gegen Schwarze sagen, ohne die Verbrechen der Weißen aufzuzählen, und so weiter. Jede Meinung muss nach Ansicht mancher Leute sofort in einen kompletten Satz aller möglichen Meinungen eingefügt werden – und damit völlig neutralisiert. Damit ist keine Meinungsäußerung mehr möglich.
Allergisch reagiere ich auch, wenn Leute, wie jetzt gerade, Druck auf mich ausüben wollen, Werbung für eine Partei zu machen.
Ich will und werde das nicht.
Schon allein deshalb, weil man sich damit völlig selbst entwertet und seine Autonomie aufgibt, sich unter das Programm der Partei stellt und damit seine eigene Aussagekraft verliert. Man macht sich viel zu angreifbar und abhängig.
Ich bin bereit, eine Partei lobend zu erwähnen, wenn sie Aktivitäten zeigt, die ich für gut oder richtig halte. Aber ich bin nicht bereit, mich so generell und a priori einer Partei anzuschließen, gar ein Bekenntnis abzugeben. Ich entscheide das dann schon gerne im Einzelfall, was ich gut oder schlecht finde, was ich erwähne oder nicht.
Ich sehe da außerdem die Gefahr, dass man mir unter False Flag oder auch aus sonst böser Absicht, etwas unterjubelt, was mich dann markieren, zu einem Kollektiv gehörig darstellen, verbrennen würde. Es gibt viele Angriffe von der einen Seite, die mich als zur anderen Seite gehörig hinstellen wollen. Ich gehöre aber zu keiner Seite. Ich bin der Danisch, und damit hat es sich, fertig. Sonst nichts.
Ganz besonders geht mir auf die Nerven, wenn die Leute dann noch glauben, über meine Arbeits-, Frrei- und Lebenszeit verfügen zu können und sich einbilden, ich müsste mich mit ihnen auf beliebig lange Diskussionen einlassen, ebenfalls mit Druck. Und wenn sie das nicht bekommen, dann mit sowas da ankommen:
Aber eine nüchterne Diskussion mit Ihnen, auch über die Gründe der Misere, in der das Land steckt – scheint nicht möglich.
Ob ich mit ihnen, insbesondere nach einem Tonfall und solchen Forderungen, die ich für unverschämt halte, noch diskutieren will, oder auch nur die Zeit dafür habe, interessiert solche Leute dann nicht. Man hat sich zwangsweise mit ihnen abzugeben und zu beschäftigen, anderenfalls sie den Vorwurf erheben, eine Diskussion sei nicht möglich. Die halten sich für so toll, dass sie glauben, jeder müsse und wolle mit ihnen. Und wenn man sich mit ihnen nicht auf eine Diskussion einlasse, warum auch immer, dann könne das nur auf charakterliche oder intellektuelle Defizite zurückgehen. Einen eigenen Willen gestehen sie einem nicht zu – weder bei dem, was man schreibt, noch darin, mit wem man diskutiert und mit wem nicht. Sie erwarten, dass man sich ihrem Willen unterzuordnen hat. Sie wollen diesen oder jenen Inhalt – hat man zu tun. Sie wollen diskutieren – man hat zur Verfügung zu stehen.
Dazu kommt dann meist, dass die Leute ihre eigenen Aussagen stets für nüchtern, sachlich, wohlbegründet halten. Es gibt da einen, der mir ab und zu pampige Mails schreibt, aus denen man überhaupt nicht erkennt, was er eigentlich von mir will. Irgendwas passt ihm nicht, irgendwas will er anders haben, aber ich könnte nicht mal erkennen, was, worauf er sich bezieht.
Damit kommt man dann zu der Kategorie der Leute, die einen für zu doof halten.
Nun mag das ja sein, dass es Schlauere gibt, wer würde sich schon für den Schlauesten halten (außer diese Leute eben), und ganz oft bekomme ich ja auch sehr nützliche Hinweise von Lesern, die sich bei irgendwas viel besser auskennen als ich. Das ist ja ein zentraler Witz am Blog, dass man viele Menschen erreicht und dadurch auf unglaubliches Wissen zugreifen kann.
Wenn sich aber einer nicht artikulieren kann, nicht mal zu erkennen gibt, worauf er das bezieht, sondern mit solchen Sprüchen wie „Du merkst das mal wieder gar nicht“ oder umgekehrt „Merkst Du selbst…“ ankommen, ohne auch nur ansatzweise zu sagen, was sie meinen, dann sind diese Leute eben nicht schlau. Denn wenn sie unterstellen, dass ich etwas nicht merke – was ja durchaus sein kann, ich merke ja auch nicht alles und bin nicht allwissend, werde dafür älter – wie soll ich dann selbst drauf kommen?
Es sind meistens Leute, denen man anmerkt, dass sie noch nicht kooperativ gearbeitet haben, aber ihren oberlehrerhaften erzieherischen tadelnden Umgangston gegenüber Kindern gelernt haben, weil man mit Kindern so umspringen kann (aber nicht sollte). Auch Kinder wissen es zu schätzen, wann man sich verständlich ausdrückt und seine Aussagen begründet.