Ansichten eines Informatikers

Zypern und die Flüchtlinge

Hadmut
28.11.2022 15:57

Leser fragen – Danisch antwortet.

Einige Leser hatten, teils mit Hinweis auf verschiedene Seite wie

Dazu fragen manche Leser neutral, wie es denn nun so wäre.

Und es fragen manche so bedenkenschwanger, ob das denn eine gute Wahl gewesen wäre.

Zur Frage der Wahl: Sagt mir mal ein Land in Europa, oder überhaupt innerhalb Flugradius von 5 Stunden, in dem es besser wäre. Ich will es mal ganz deutlich sagen: Wenn ich in Zypern in den LIDL gehe, höre ich da manchmal mehr Leute Deutsch reden, als wenn ich in Berlin in den LIDL vor meiner Haustür gehe.

Ich finde das ein bisschen komisch. Erst schreiben mir die Leute jahrelang „Gottogott, wo kann man denn noch hin, wohin könnte man noch, alles so kaputt, hast Du nicht eine Idee…?“. Und hat man dann eine, dann (naja, die weit, weit, weit überwiegende Mehrzahl der Leser hat mich ja auch beglückwünscht und mir ihren Neid ausgesprochen) kommen ein paar und fragen „Na, ob das eine gute Idee war…“. Das sind so diese a-posteriori-Besserwisser, die abwarten, bis sie alles wissen, um kein Risiko einzugehen, und sich dann entscheiden, wenn es zu spät ist. Die Sorte Leute, die die Ziehung der Zahlen abwartet, um beim Ausfüllen des Lottoscheins keinen Fehler zu machen.

Wenn ich warte, bis ich fundiert Bescheid weiß und sich alles geklärt hat, brauche ich keine Wohnung mehr, sondern einen Platz im Altersheim oder gleich ein Grab. Ich bin eigentlich jetzt schon zu alt und kaputt, um noch richtig was zu erleben, und das wird nicht besser, wenn ich noch weiter abwarte.

Ich will’s mal so sagen:

Ich kann es noch nicht sagen und beantworten, weil ich über Zypern noch zuwenig weiß, vor allem über die Politik. (Von der mir einer schrieb, dass die hier gar keine Politik machten, sondern Befehlsempfänger von Athen seien.)

Bisher aber habe ich nur am Rande und indirekt etwas davon gemerkt.

Mir ist mal fast die Tasse aus der Hand gefallen, als ich beim Stöbern auf Google Maps ein „Concentration Camp“ entdeckt habe, und noch gedacht, das sei aber ein sehr unglücklich gewählter Name für ein Flüchtlingslager, habe dann aber herausgefunden, dass das ein historischer Ort ist, nämlich das Gefängnis, in dem die Briten in den 1950er Jahren zypriotische Freiheitskämpfer gegen die britische Besatzung eingeknastet haben. Was die Briten geritten hat, in den 1950er Jahren, kurz nach dem zweiten Weltkrieg, ein Gefängnis Concentration Camp zu nennen, entzieht sich meiner Kenntnis. Aber die Briten wollten ja kurz nach dem Weltkrieg auch ein Schiff voller Juden nicht von Zypern nach (dem späteren) Israel lassen, weil sie um ihre Interessen dort fürchteten. Und heute machen sie so auf Anti-Nazi.

Erstmals aufgefallen ist mir das, als mir erst ein, und dann ein zweiter Makler sagte, dass sie Wohnungen und Häuser nicht mehr anbieten, wenn dort oder in der Nähe Flüchtlinge wohnen. Die Zustände seien nicht vertretbar, das würden sie nicht auf ihren Namen nehmen.

Ich habe die Angewohnheit, bei der Suche nach einer Bleibe mit den Nachbar zu sprechen. Und deshalb in einigen Gegenden mit Leuten gesprochen. Und ich habe da natürlich auch solche Fragen gestellt, wie ob es da viele Einbrüche gibt. Etwas, was ich in Deutschland immer frage. Und bekam dann Antworten wie „In Zypern gibt es eigentlich keine Einbrecher und Diebe“. Was man dann aber relativerte und so in halber Lautstärke zusetzte, dass hier seit der Flüchtlingskrise schon ab und zu merkwürdige Gestalten umherschlichen.

Mir war aufgefallen, dass ich in Zypern über Wochen keinen einzigen Bettler oder Obdachlosen gesehen hatte, niemand, der mich um irgendwas anbettelte. Ich dachte, das gibt es hier gar nicht. Bis dann beim LIDL am Unterstand, wo man die Einkaufswagen zurückbringt, mal eien rumlungerte, die diese typische Bettlerpose einnahme, als sei sie das Leiden Christi persönlich und die Hand aufhielt, das Elend im Gesichtsausdruck. Exakt so, wie sie beim LIDL in Berlin rumstehen – auch am Einkaufswagenstand. Die Masche ist wohl, die Euro-Stücke aus dem Pfandriegel am Einkaufswagen zu ergattern.

Ich hatte mir eine Wohnung rausgesucht auf der Online-Seite eines Maklers, die von dem, was dort zu sehen war, perfekt für mich gewesen wäre. Obere Etage eines Hauses mit zwei Wohnungen. Zwar ohne Meerblick, und leer, also unmöbliert, aber neuwertig (ganz neu kann sie nicht gewesen sein, weil ohne Mehrwertsteuer, aber sie sah aus wie gerade fertiggestellt, weil alles leer, neu, unbenutzt aussah und nur ein Küchenzeile mit neuen Geräten drin war. Schön groß, Zimmeraufteilung optimal für mich (was hier eher problematisch ist). Nur: Der Makler wollte sie mir partout nicht zeigen. 5 andere hat er mir stattdessen gezeigt, aber diese eine Wohnung, obwohl ich ihm den Screenshot zeigte und der genau wusste, um welche es geht. Ja, das sei gerade schwierig, der Verkäufer wisse gerade nicht, ob er oder ob er nicht, und blabla. Und man könne die Wohnung deshalb gerade nicht betreten. Aber zumindest draußen vorbeifahren könne man doch wohl mal… Nein. Geht gar nicht. Gerade unmöglich, sich da blicken zu lassen. (Und nein, der Punkt Schmiergeld war es auch nicht, von Korruption ist in Zypern auch nicht die Rede, und der wollte auch nichts von mir, im Gegenteil, die sind hier eher überpingelig und übergenau).

Hat mich tierisch geärgert, weil die Wohnung halt zumindest von dem, was man im diesem Expose gesehen hat, perfekt gewesen wäre. Als ich mich aber später mit jemandem, einem Ehepaar, darüber unterhalten habe, sagten beide „Was? In den Stadtteil würden sie nicht ziehen, da gibt es zu viele Flüchtlinge“. Dabei hatte ich da gar nichts Negatives bemerkt, als ich auf eigene Faust versucht hatte, das Haus nach seinem Außenfoto zu finden, und den Stadtteil abgefahren habe. Ich hatte das Foto von der Webseite auf dem Handy und in Läden und so weiter rumgefragt. Zum Pizzaservice haben sie mich dann geschickt, weil der die Gegend am besten kenne und überall rumkomme, aber selbst der wollte das Haus noch nie gesehen haben. Womöglich war das ganze Angebot Fake. Denn andere Makler hatten eingeräumt, dass sie gerade fast nichts haben, weil Krisenzeiten seien und die Leute deshalb nicht umzögen, sondern ihre Wohnungen hielten. Ich solle nichts auf die vielen Angebote in ihren Schaufenstern geben, das seien alte, die längst erledigt seien, die sie nur hängen ließen, weil sie ja nicht hinter einem leeren Schaufenster sitzen könnten. Es könnte also ein Phantomangebot gewesen sein, dass es gar nicht gab. Es gibt aber Leute, die dazu meinen, dass das an Flüchtlingen liegen könnte, weil die Makler sich ihren Ruf nicht kaputt machen wollen, indem sie Schrott anbieten. Beim selben Makler hatte ich wegen eines anderen Hauses gefragt, Reihenendhaus, sah innen nach frisch renoviert und gut gemacht aus, dafür außen bisschen wüst, dafür günstig. Handwerker zu bekommen ist hier nicht so das Problem, die sind auch preislich zivil, das wäre nicht so das Ding gewesen, das außen auffrischen zu lassen, zumal derselbe mir sowas vorher bei einem anderen Haus vorgerechnet hatte, auch Reihenhaus, bei dem alle anderen schon neu gestrichen usw. waren, nur das eine noch nicht, und man deshalb von den anderen wusste, wieviel das kostet. Der sagte mir dann aber ganz direkt, dass einer wie ich dort ganz sicher nicht wohnen wollte. Die Straße sei gar nicht gut für mich.

Letztlich habe ich also keinen direkten Kontakt gehabt, aber solche seltsamen indirekten Erlebnisse.

Was mir aber aufgefallen ist, vor allem in Nikosia und letzte Woche bei meinem ersten Kurzbesuch zu Fuß in Nordzypern: Wie viele Schwarze hier in einfachen Jobs arbeiten.

Zuerst ist mir das an Tankstellen aufgefallen. Auf den ersten Blick unterscheiden die sich nicht von deutschen Tankstellen. Auf den zweiten Blick manche schon. Es gibt die Version wie in Deutschland, tanken, reingehen und bezahlen. Und es gibt die, die immer oder dann, wenn der Laden schon zu ist, fordern, dass man erst mit seiner Bankkarte einen Geldbetrag belegt. Man fährt also an die Säule, die gibt aber erst mal nichts. Man geht dann zu einem Automaten mit Bildschirm und Tastatur, Karte rein, und sagt, dass man gerne für maximal 40 Euro (oder irgendeinen anderen Betrag) an der Säule 3 tanken wolle. Dann werden die auf der Karte belegt, und die Säule für maximal 40 Euro (oder was man eben gewählt hat) freigegeben. Dann wird getankt, bis maximal zu diesem Betrag. Und dann geht man zurück an den Automaten und hält seine Karte wieder ein, worauf der Vorgang abgeschlossen wird und man das bezahlt, was man tatsächlich getankt hat (u.U. weniger as der Maximalbetrag). An allen diesen Tankstellen (und auch vielen der normalen) steht aber ein Tankwart, der einem das alles macht und auch die Scheiben wischt, ganz so, wie das in Deutschland in den 1960er und frühern 1970er Jahren noch üblich war, als man noch nicht selbst tankte. Und das sind immer Schwarze.

Die Tage habe ich mir ein paar Möbel bestellt, die von der Spedition gebracht wurden. Griechischer Chef, schwarzer Tragehelfer.

Nordzypern: Ganz viele Schwarze in den Läden. Als Verkäufer, Regale einräumen und sowas.

Die fallen einem natürlich auf, weil sie hier eigentlich nicht hergehören.

Sie sind mir bisher aber auch nicht negativ aufgefallen. Leute, die halt ihre Arbeit machen.

Bisher habe ich davon also nichts oder nicht viel gemerkt. Außer eben, dass sie am Grenzübergang zwischen Nord- und Südzypern in beiden Richtungen auf jeder Seite Ausweis oder Reisepass kontrollieren. Also viermal kontrollieren.