Nochmal zum Islam
Noch eine Beobachtung.
Zwar auch schon mal früher im Blog erzählt, aber weil das jetzt gerade so hochhocht:
Ich war ja schon einige Male in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Nicht in allen, aber in Dubai, Sharja und Abu Dhabi.
Normalerweise sind die Moscheen dort für Nichtmuslime nicht zugänglich, obwohl sie das nicht ganz so eng sehen, mich hat da mal ein Imam zum Gespräch reingebeten und mir seine von innen gezeigt, obwohl in den Moscheen ja eigentlich nicht viel drin ist. Auf mich wirkt das immer, als wären da vier Dinge substantiell: Der Teppich (ganz wichtig), die Wandornamente mit ihren Kacheln, Symmetrien, Mustern, wie das Minarett aussieht und die Einrichtungen zur Waschung. Für Touristen und Nichtgläubige geöffnet sind normalerweise nur die ganz großen, wenn sie besonders stolz auf die sind. Deshalb kann man die größte in Dubai besichtigen (war noch nicht drin), und natürlich die ganz große in Abu Dhabi, die besonders prachtvoll und edel ist. Gerade in den Emiraten wollen sie sich auch immer gerne als offen, friedlich, versöhnlich darstellen, feiern dann auch in den Shopping Malls Weihnachten mit Baum und Weihnachtsmann und so.
Als ich also diese große Moschee in Abu Dhabi besichtigte, ist mir schon beim Anmarsch (ich hatte kein Auto, sondern bin mit dem Bus hingefahren, und musste deshalb um die halbe Moschee außen herum laufen) aufgefallen, welche starken Sicherheitsmaßnahmen die dort haben. Auf der Seite gibt es eine Lieferantenzufahrt, geradezu militärisch von Bewaffneten bewacht, die in der Zufahrt im Boden so eine Scannerzeile eingelassen haben, so wie bei einem Faxgerät oder Dokumentenscanner, nur eben in groß, auf Fahrzeugbreite. Und da muss man drüber fahren, und dann sehen die im Wachhaus ein komplettes hochauflösendes Foto des Autos von unten, um zu schauen, ob da Bomben drunter kleben. Alles ganz modern und neu.
Mich haben sie an der Sicherheitskontrolle auch zuerst nicht durchgelassen, weil ich in der Tasche für die Kamera so einen kleinen Blasebalg (Hama) dabei hatte, mit dem man Staub von der Linse bläst. Den könne ich auf keinen Fall mit reinnehmen, den müsse ich wegwerfen oder bei der Polizei hinterlegen. Also bin ich zur Polizei. Der damalige Blasebalg von Hama ist nämlich so geriffelt, dass er aussieht wie eine Handgranate. (Sieht inzwischen anders aus, vielleicht auch, weil ich ihnen damals diese Begebenheit gemailt hatte.) Und obwohl sie mir glaubten, dass das nur ein Stück Gummi und an sich harmlos ist, meinten sie, das reiche, um eine Massenpanik auszulösen, wenn ich das Ding in der Moschee hochhielte und „Handgranate“ schreien oder auch wenn ich einfach gar nichts mache und nur irgendwer zufällig das Ding in meiner Tasche sehen und dann schreien würde.
Weil der Polizist – wie übrigens viele Leute in den Emiraten – sehr umgänglich war, habe ich mal gefragt, von wem sie eigentlich bedroht würden, ich hätte selten oder nie so hohe Sicherheitsmaßnahmen für zivile Gebäude gesehen, vor allem sei doch sonst in den Emiraten alles so friedlich.
Islamischer Terror, war die Antwort.
Ich habe dann wohl richtig blöd geguckt und nachgefragt, gesagt, dass ich das nicht verstehe. Sie seien doch alle Muslime und das eine Moschee, Muslime würden doch sowas nicht angreifen. Da hat er gelacht und gmeint, wir Europäer würden uns das immer ganz falsch vorstellen. Das sei nicht so, dass es „den Islam“ und „die Muslime“ gäbe, sondern gerade innerhalb des Islam gebe es da heftige Reibereien und Feindschaften, die allerdings Nichtmuslimen und Leuten ohne intime Kenntnis der Sprache und Kultur nicht oder kaum zu vermitteln seien. Die Moschee würde nicht von Muslimen bedroht, obwohl sie eine Moschee ist, sondern gerade weil sie eine ist. Denn gerade das löse den Zorn und Streit aus. Deshalb müssten sie die Moschee so bewachen, können ansonsten aber Bürogebäude, Hotels und so weiter völlig unbewacht lassen. Ja, das sei für Außenstehende schwer oder gar nicht zu verstehen, aber so sei es halt. Und deshalb sei ein Blasebalg, der auf den ersten Blick wie eine Handgranate aussieht, sonst völlig egal und unbeachtlich, hier in dieser Moschee könne er aber durch ein Missverständnis und irgendwelche hysterischen Leute zu einer Massenpanik führen, bei der es Tote gibt. Deshalb bleibe dieser Blasebalg bei ihnen, bis ich wieder rauskäme.
Und auf meiner Nachfragte sagte er, nein, außer Muslimen bedrohe sie niemand.
Und drinnen habe ich dann auch erfahren, dass es da noch mehr Probleme gibt. Denn ihr ganzer Stolz ist der wirklich riesige Teppich, fast so fußballfeldgroß, und, immer ganz wichtig, er besteht aus einem Stück. Unglaublich kostbar und teuer, vor allem gäbe es nur eine Fabrik, die sowas herstellen könne, und die sei im Iran. Mit dem Iran haben sie sich aber in der Wolle, und die Polizei in Sharja, bei denen ich ja mal aus Versehen in deren eigentlich nicht zugänglichem Polizeimuseum landete, erklärte mir, dass sie ihre Panzerfäuste brauchen, um auf dem Meer argumentativ gegen Schmuggler gut dazustehen, weil es Diskussionen abkürze und deren Verlauf positiv beeinflusse, wenn sie denen damit erst mal ein Loch unter der Wasserlinie ins Boot schießen. Damit habe man gute Verhandlungsergebnisse erzielen können. Die Gegend, die er mir auf der Landkarte dazu zeigte, war aber eben die Strecke im persischen Golf rüber zum Iran. Der Teppich ist groß, schön und politisch irgendwie heikel. Er dürfe auf keinen Fall schmutzig oder beschädigt werden, weil das irgendwie nicht nur technisch, sondern auch politisch sehr problematisch wäre, den zu ersetzen. Dabei laufen da jeden Tag Horden von Touristen (in Socken) drüber.
Die schleppen da enorme interne Konflikte mit sich herum. Sie sagen einem, dass es so ist, aber sie sagen einem nicht, worin diese Konflikte bestehen, aber sie dürften wohl ziemlich eng mit der Streitachse zwischen Schiiten und Sunniten zu tun haben. Wenn ich das richtig verstanden habe, sind im Iran und Irak vor allem Schiiten vorherrschend und dominant, in den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien aber die Sunniten.
Und wo immer der Islam hinkommt, kommt dieser Streit wohl mit ihm mit.