Ansichten eines Informatikers

Das Rätsel der 7 Millionen Männer, die nicht mehr arbeiten

Hadmut
13.12.2022 21:05

Sogar das Fischblatt DIE ZEIT merkt, dass die Gesellschaft nicht mehr funktioniert.

ZEIT Online grämt sich und zermartet sich die Brne über die Frage, warum in den USA so viele Männer nicht mehr arbeiten.

Hard working, so beschreiben sich Amerikaner gerne. Eine hohe Arbeitsmoral, das gilt seit den Tagen der Pioniere als erstrebenswert. Doch immer weniger amerikanische Männer im besten Erwerbsalter wollen tatsächlich arbeiten. Arbeitsmarktexperten nennen sie Nilfs, not in labor force.

Covid ist nicht der einzige Grund. Der Abwärtstrend ist seit Jahrzehnten zu beobachten, die Pandemie hat ihn nur beschleunigt. Einer von neun Männern zwischen 25 und 54 Jahren hat weder einen Job, noch sucht er nach einer Stelle. Insgesamt geht es um sieben Millionen Amerikaner. In den Fünfzigerjahren war es nur einer von 50 Männern in dieser Altersgruppe, die wirtschaftlich als die wichtigste Kohorte gilt.

Das Rätsel der arbeitsunwilligen Männer beschäftigt Ökonominnen wie Soziologen.

Wenn die Soziologen mitmischen, kann nichts Gescheites mehr herauskommen.

Man könnte da natürlich einfach die Frage stellen, warum sie denn überhaupt arbeiten sollten, und welche Veranlassung denn die anderen acht von neun Männern noch haben, den Rücken krumm zu machen. Denn der – sozialistische – Denkfehler ist, dass der Mensch aus seiner Natur heraus einfach so arbeitet, ohne darüber nachzudenken, warum. Deshalb könne man ihn beliebig benachteiligen, ausnutzen, abkassieren, für blöd verkaufen. Der Mensch funktioniert aber zumindest rudimentär spieltheoretisch, und will zumindest subjektiv irgendeinen Grund dafür haben, warum er arbeitet. Und die in Frage kommenden Gründe hat man nicht nur beseitigt, sondern die Arbeitswelt zur Geisterbahn und zum Gruselkabinett gemacht. Man baut die Gesellschaft auf sozialistisch um, und in einem Sozialismus gibt es einfach keinen Grund mehr, noch zu arbeiten.

Man könnte aber auch einfach sagen: Es sind eben 7 Millionen erfolgreich Überwundene. Das wollte man doch. Männer überwinden, ins Abseits drängen. Nun hat man genau das, geliefert wie bestellt, und wundert sich nun, wie es dazu kommen konnte.

Man sieht aber nicht etwa ein, dass man Mist gebaut hat, und überlegt sich auch nicht, wie man aus der Sackgasse wieder rauskommt, sondern sucht nach ideologiekonformen Ersatzerklärungen.

Für linksliberale Experten liegt die Antwort in den schwindenden Arbeitsplätzen für Erwerbstätige ohne College-Abschluss und höhere Ausbildung. Früher sei es möglich gewesen, nur mit einem Highschool-Abschluss in der Autofabrik anzuheuern und dort genug zu verdienen, um sich und seiner Familie ein Leben in der Mittelschicht zu ermöglichen.

Die Verlagerung der Industrie in Billiglohnländer, vornehmlich China, und die zunehmende Automatisierung hätten diese Jobs jedoch weitgehend vernichtet. Das Phänomen der verschwindenden Arbeiter ist nach dieser Interpretation primär eine Frage der mangelnden Nachfrage.

„Für linksliberale Experten“. Jo.

Man unterstellt einfach, dass Menschen grundsätzlich arbeiten wollen, und hier nur keiner deren Arbeit nachfragt. Dass die aber einfach nicht mehr arbeiten wollen, weil diese „linksliberalen Experten“ eine Gesellschaft gebaut haben, in der nur der Dumme und der linke korrupte Opportunist noch arbeiten, passt nicht in die Ideologie. Und siehe da:

Doch der aktuelle Mangel an Arbeitskräften widerspricht dieser Erklärung. Die Zahl der offenen Stellen liegt bei mehr als zehn Millionen. Gleichzeitig sind nur sechs Millionen Männer und Frauen offiziell erwerbslos. Gesucht werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vorwiegend in Branchen, die keine Hochschulausbildung verlangen, etwa im Transport, in der Gastronomie oder der Produktion.

Die suchen also gar keine Arbeit. Also versucht man es mit der nächsten Ersatzerklärung

Konservative Ökonomen sehen die Ursachen für den Trend woanders. Da mehr Frauen erwerbstätig seien und zunehmend besser verdienten, müssten Männer nicht mehr die Rolle des Ernährers übernehmen. Tatsächlich sind inzwischen in 40 Prozent aller US-Haushalte Frauen die Hauptverdiener. Das liegt auch am steigenden Anteil der Alleinerziehenden, größtenteils Mütter.

Das wollte man ja so haben, aber das würde voraussetzen, dass alle Männer, die nicht arbeiten, eine gut verdienende Frau haben, die sie durchfüttert. Und das machen Frauen eigentlich nicht, sondern setzen den Mann an die Luft.

Und dann heißt es, dass manche die vielen staatlichen Unterstützungen verantwortlich machen.

Und dass es nun einen neuen Erklärungsansatz gibt:

Demnach liegt der Rückzug am mangelnden sozialen Status im Vergleich mit besser ausgebildeten und besser verdienenden Männern im gleichen Alter. Das ergab eine Studie von Pinghui Wu, einer Volkswirtin bei der Bostoner Federal Reserve, einer regionalen Notenbank.

Sie sieht einen direkten Zusammenhang zwischen der abnehmenden Erwerbstätigkeit von Männern ohne College-Abschluss in der Altersgruppe von 25 bis 54 Jahren und den sinkenden Löhnen und Gehältern. Tatsächlich ist der Verdienst dieser Gruppe im Vergleich zum Durchschnittsverdienst aller Erwerbstätigen seit den Achtzigerjahren um 30 Prozent gesunken. Beschäftigte ohne College-Abschluss wurden also wirtschaftlich abgehängt und fühlen sich entsprechend auch sozial auf dem Abstieg.

Das könnte einige Entwicklungen im Land genauer erklären. Etwa die Drogenkrise: Sieben von zehn Opfern, die an einer Opioid-Überdosis sterben, sind männlich. Die Zahlen geben auch Anhaltspunkte, warum vor allem junge Männer immer länger bei ihren Eltern wohnen. Und sie erklären zumindest teilweise die Begeisterung für Donald Trump.

Dumm nur, dass es nicht stimmen kann. Denn dass auch in den USA gute Handwerker mehr verdienen als nichtsnutzige Akademiker, und im Gegensatz zu ihnen keine Studienschulden haben, ist bekannt. Das Problem ist eher, dass es in den USA – siehe Twitter – inzwischen eine enorme Menge von völlig nichtsnutzigen Leuten gibt, die nichts können und nichts arbeiten und trotzdem dicke sechsstellige Gehälter bekommen, während die, die die Arbeit machen, in der Rang- und Gehaltsordnung unten bleiben.

Man hat die Gesellschaft – fast hätte ich geschrieben „Arbeitswelt“, aber mit Arbeiten hat es ja nichts mehr zu tun – völlig vom Leistungsprinzip entkoppelt. Und dann lohnt sich Leistung eben nicht mehr.

Dass sich ein so großer Teil der arbeitsfähigen Bevölkerung frustriert zurückzieht, ist ein Problem für die Wirtschaft, aber mehr noch für die Gesellschaft. Was könnte die Lösung sein? Am besten wäre es, Männer in Jobs zu bringen, die dringend besetzt werden müssen. Vor allem in der Pflege und der Erziehung fehlen Arbeitskräfte.

Diesen Vorschlag macht Richard Reeves, ein Experte am linksliberalen Thinktank Brookings Institution. In den Achtzigerjahren etwa seien 40 Prozent aller Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen männlich gewesen, heute sei es nur eine von zehn. Schüler fühlten sich schon im Klassenzimmer unterrepräsentiert. So selten wählten Männer den Lehrerberuf, dass ihre Motive hinterfragt würden. Sein Sohn, der an einer Grundschule unterrichte, werde gefragt, ob er Pädophiler sei, sagte Reeves.

Heißt im Klartext: Die Feminisierung hat die Gesellschaft zerstört. Man hat Männer so lange beschimpft, beschuldigt und verdrängt, bis die Gesellschaft kaputt war.

Und was dieser „linksliberale Thinktank“ da als Problem beschwert, und wofür er eine Lösung sucht, ist effektiv nichts anderes als die Frage, wie man aus dem Feminismus wieder auskommt und den Zustand, der vorher herrschte, wieder herstellen kann, um die Gesellschaft zu retten.

DIE ZEIT kapiert’s nicht oder will es nicht kapieren, und faselt davon, dass es an ungleicher Bezahlung liege und man doch die Männer alle auf See schicken könne.

Tatsächlich aber ist es der Anfang vom Eingeständnis, dass die feministische, die feminisierte Gesellschaft nicht funktioniert, gerade abstirbt, und man nun – selbst von linker Seite – mit zunehmender Verzweiflung nach einem Weg für eine Rückabwicklung sucht.

Möglicherweise sehen wir hier gerade den Eintritt der US-amerikanischen Gesellschaft in das Zeitalter, in dem man Feminismus als Gesellschaftskrankheit ansieht und ein Heilmittel sucht. Das wird man aber nicht mehr schaffen.