Ansichten eines Informatikers

Es forscht nicht mehr so

Hadmut
11.1.2023 20:53

Vom messbaren Niedergang des Akademischen.

Ein Leser weist mich auf etwas hin und ein zweiter macht gleich ein schönes Bild dazu:

Das Bild ist wirklich schön, das gefällt mir sehr. Sonst setzt man mich nur dann in Zusammenhang mit Windmühlen, wenn man mich mit Don Quichotte vergleicht.

Aber ich schweife ab. Fast wäre mir noch eine Anekdote zu Don Quichotte rausgerutscht.

Eigentlich geht es ja um diesen Artikel im Spektrum der Wissenschaft: Wissenschaftliche Entdeckungen: Kaum noch Fortschritt in der Forschung?

Die Zeit der großen Entdeckungen und Durchbrüche in der Forschung sei vorbei, besagt eine aktuelle Studie. Womöglich weil Wissenschaftler viel mehr wissen müssen als früher.

Fachleute haben im 20. und 21. Jahrhundert so viele neue Entdeckungen gemacht und derart viel Wissen angesammelt wie vermutlich nie zuvor. Doch der Fortschritt in der Forschung erlahmt offenbar, wie Russell Funk von der University of Minnesota und zwei seiner Kollegen im Fachmagazin »Nature« berichten. In einem Zeitraum von mehr als 60 Jahren sei die Zahl an bahnbrechenden Erkenntnissen und Patenten in zahlreichen Disziplinen gesunken. Als Gründe für diese Entwicklung nennt die Arbeitsgruppe, dass sich Forscherinnen und Forscher heutzutage viel mehr Wissen aneignen müssen als zuvor, um überhaupt neue Erkenntnisse zu gewinnen und neue Technologien entwickeln zu können. […]

Um messen zu können, ob und wie sich die Zahl an neuen Entdeckungen und Patenten über die Jahrzehnte verändert hat, nutzten Funk und seine Kollegen einen entsprechenden Maßstab, den so genannten CD Index. Dieser orientiert sich an der Art des wissenschaftlichen Fortschritts: So gibt es zum einen Erkenntnisse, die bestehendes Wissen bestätigen und es somit untermauern. Zum anderen können neue Ergebnisse den bisherigen Kenntnisstand widerlegen und für einen Forschungsdurchbruch sorgen. Den Unterschied haben Funk und Co daran bemessen, ob Studienautoren auf Vorarbeiten verweisen oder nicht. Gelingen nämlich bahnbrechende Erkenntnisse, werden in der Folge seltener die widerlegten Studien zitiert.

Ebensolche Erkenntnisse sind nach Ansicht von Funk und seinen Kollegen weniger geworden. Viel häufiger würden Experten bestehendes Wissen ausbauen. Das läge daran, dass sie sich mit kleineren Bereichen in ihrer Fachdisziplin beschäftigen als zuvor und zudem nicht alle Publikationen zu einem Thema kennen. In den Sozialwissenschaften beispielsweise seien zwischen 1945 und 2010 fast 92 Prozent weniger bahnbrechende Studien erschienen. Bei den Patenten liegt dieser Wert etwa im Bereich der Medizin bei 91,5 Prozent, im Fall der Computer- und Kommunikationstechnik bei fast 79 Prozent.

Die durchschnittliche Qualität der Arbeiten hätte sich dabei im Lauf der Jahrzehnte nicht verändert. Vielmehr würden Wissenschaftler für ihre Forschungen weniger zuvor publizierte Studien heranziehen und vermehrt die immer gleichen Paper zitieren. Zudem würden sie sich häufiger selbst zitieren, folglich den eigenen Wissensstand weniger erweitern. Außerdem schafften Forschende es kaum noch, mit der hohen Zahl an Publikationen Schritt zu halten.

Einen ähnlichen Artikel über anscheinend dieselbe Studie gibt es auch bei Heise: Trotz rasch wachsendem Wissen: “Disruption” in Forschung und Technik nimmt ab

Dass technischer und wissenschaftlicher Fortschritt sich immer weiter beschleunigen, ist ein weit verbreiteter Mythos – der vor allem von Anhängern der Singularity-Hypothese wie etwa Ray Kurzweil verbreitet worden ist. Obwohl die diesem Mythos zugrunde liegenden Daten von Historikern und Ökonomen bereits seit Jahren kritisiert werden, hält er sich hartnäckig. Eine umfangreiche Datenanalyse von US-Ökonomen zeigt nun, dass es “zunehmend unwahrscheinlicher wird”, dass Paper oder Patente, Wissenschaft und Technik “in eine neue Richtung lenken” – mit anderen Worten, dass der Fortschritt langsamer statt schneller wird.

Michael Park von der University of Minnesota und Kollegen haben für ihre Studie, die jetzt in “Nature” erschienen ist, 45 Millionen Paper und 3,5 Millionen Patente aus Datenbanken wie dem Web of Science, dem US-Patentamt, dem Online-Archiv der American Physical Society, Microsoft Academic Graph oder PubMed untersucht, die zwischen 1945 und 2010 veröffentlicht wurden.

Park und Kollegen arbeiten jedoch überhaupt nicht mit Schlüsselworten. Ihre Idee: Wenn eine Studie sehr bahnbrechend war, zitieren nachfolgende Forschungen weniger wahrscheinlich die Referenzen der Studie, sondern stattdessen die Studie selbst. Anhand der Zitationsdaten von 45 Millionen Papern berechneten die Forschenden daher ein Maß für die “Störwirkung” von Papern, den sogenannten “CD-Index”, der zwischen -1 für die am wenigsten disruptive Arbeit bis +1 reicht. Der durchschnittliche CD-Index ist demnach zwischen 1945 und 2010 bei Forschungsmanuskripten um mehr als 90 Prozent und bei Patenten zwischen 1980 und 2010 um mehr als 78 Prozent zurückgegangen. Auch die Geschwindigkeit des Rückgangs ist rätselhaft: Die CD-Indizes fielen von 1945 bis 1970 steil ab, dann allmählich von den späten 1990er Jahren bis 2010.

Was die Ursache dieser Entwicklung angeht, tappen die Autoren aber im Dunkeln. Um zu prüfen, ob der Rückgang generell mit nachlassender Qualität wissenschaftlicher Veröffentlichungen zu tun haben könnte, analysierten die Forschenden Paper, die in qualitativ hochrangigen Zeitschriften erschienen. Aber auch dort zeigte sich der Rückgang im CD-Index.

“Unsere Analysen zeigen, dass dieser Trend wahrscheinlich nicht auf Veränderungen in der Zitierpraxis oder der Qualität der veröffentlichten Arbeiten zurückzuführen ist”, schreiben die Autoren. “Vielmehr stellt der Rückgang eine substanzielle Verschiebung in Wissenschaft und Technologie dar, der die Besorgnis über eine Verlangsamung der innovativen Aktivität verstärkt. Wir führen diesen Trend zum Teil darauf zurück, dass sich Wissenschaftler und Erfinder auf ein engeres Spektrum an vorhandenem Wissen stützen”. Die Konzentration auf ein eng begrenztes Wissensgebiet würde zwar “die eigene Karriere fördern”, nicht aber notwendigerweise auch den wissenschaftlichen Fortschritt.

Nun muss ich einerseits bestätigen, dass da etwas dran ist. Wir hatten vor allem im 19. und besonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen wahnsinnigen Forschungs- und Entdeckungsschub, und dabei Forschungszustände, die noch relativ leicht überschaubar waren. Wenn man sich beispielsweise anschaut, wie die Labortische der Physiker und Elektriker damals aussahen, dann reichte da eine Art Werkbank, und viele der Erkenntnisse waren unmittelbar oder sehr einfach mittelbar körperlich wahrnehmbar. Inzwischen hat man das Gefühl, dass alles, was in oder nahe unserer Wahrnehmungssphäre liegt, ausgeforscht ist, und Fortschritt nur noch da stattfindet, wo enormer Aufwand stattfindet. Vielleicht aber forscht man auch nur noch da, wo enormer Aufwand nötig ist, weil es ja heute darum geht, Forschungsgelder einzuwerben, man deshalb versucht, möglichst teuer zu forschen, um den dicken Harry bei den Geldern zu machen.

Diese Entwicklung von den Grundlagen zu den komplexen Themen habe ich in der Informatik sogar selbst miterlebt. Schon oft fragten Leser, wie das zusammenpasse, dass ich mir einerseits so viel auf mein Studium einbilde und es für gut halte, gleichzeitig aber so auf die Professoren schimpfe, sie für unfähig halte und verachte. Hatte ich auch schon beantwortet. Die Qualität meines Studiums beruhte nicht auf den Professoren, sondern auf den Studenten, den wissenschaftlichen Mitarbeitern, der Literatur und der Zeit. Wir waren in der Gründerzeit der IT und des Internet, waren die ersten, die dieses Internet intensiv nutzten und waren deshalb schon dann, wenn wir mit dem Internet (Stand 80er/90er Jahre) ordentlich umgehen konnten, den allermeisten Professoren schon weit voraus. Es war Neuland, und es war damals vergleichsweise einfach, Neues dazu vorzustellen und zu (er)finden. Und die bestehenden Wissenschaftler hatten wir, oder zumindest diese IT-Elite, die sich so in meiner Jahrgangsstufe und vielleicht bis 5 Jahre darüber gebildet hatte, ganz locker abgehängt. Die Professoren konnten nur mit Mühe, Not und Sekretärin den Macintosh bedienen, wenn überhaupt, manche Professoren (wie meiner damals) schworen ja noch auf Fax und Handschrift, und alles darüber war für sie zu komplex. Während wir längst in den Tiefen der Netzwerke verschwunden waren und von Dingen redeten, die sie nicht verstanden und sich nicht vorstellen konnten. Wenn ich also mein Studium lobe, dann ganz sicher nicht die Professoren, sondern die Zeit, die Gesamtsituation der IT, die Kollegen, die Literatur, dieses Zeitalter eben. Großes Feld, noch fast nichts erfunden, unendliche Weiten und Möglichkeiten, dazu der Geldregen der Dotcom-Blase. Wir – nein, nicht wir alle, einige Wenige unter uns – waren die Leute, die damals noch alles wussten, was es zum Internet zu wissen gibt, und die Innovationen hätten vorantreiben können. (Was übrigens der Hauptgrund ist, warum ich so höllenstinksauer bin, denn während andere forschten, Firmen gründeten, Standards setzten, war ich in diesem korrupten Mistland Deutschland über Jahre mit nichts anderem beschäftigt, als mich mit der Hochschul- und Politmafia herumzustreiten, weil man einfach so abgesägt wird und ich damit diese ganze wunderbare Zeit komplett versäumt habe.)

Das geht heute alles nicht mehr. Man kann heute nicht mehr den Überblick haben. Selbst in meinen Fachgebieten gibt es so viel, so schnell, so unübersichtlich Neues (und Nutzloses oder Schlechtes), dass es nicht mehr möglich ist, den Überblick zu behalten. Zumindest dann nicht, wenn man noch erwerbstätig arbeiten will, weil das Verhältnis von Fortbildungszeit zu Arbeitszeit, die das Wissen nutzen kann, mittlerweile sehr schlecht geworden ist. Inzwischen müsste man sich zwischen 20 und 30 Stunden pro Woche fortbilden, um dann vielleicht 5 oder 10 Stunden effektiv zu arbeiten. Bestenfalls.

Selbst wenn man aber Neues finden würde, wäre es heute ziemlich wertlos, jedenfalls im Hochschulbereich, weil die Neuerung an sich ohnehin wertlos geworden ist.

Das liegt schon daran, dass man – es wurde in den Artikeln ja schon angesprochen – längst unter einer katastrophalen Publikationsvermüllung leidet, und so unglaublich viel Mist produziert wird, der nie gelesen wird, weil die Leute nach der Länge ihrer Publikationsliste bemessen werden, dass es kaum noch möglich ist, wirklich Aufmerksamkeit zu erregen. Zu meiner Zeit damals wäre eine Publikation wenigstens und immerhin noch „Perlen vor die Säue geworfen“, aber die Säue von heute schauen nicht mehr hin, weil sie auch gar nicht mehr in der Lage sind, Perlen zu erkennen. Die Säue von heute schauen nicht mehr hin, wenn man sie mit Perlen bewirft.

Das gesamte Publikationssystem ist inzwischen aber auch völlig korrupt und verlogen, weil ja nur noch an Wokeness, Quoten, und Zitierkartellen zitiert wird, nicht mehr nach dem Wert einer Publikation, die Publikation selbst dann aber nach der Zahl der Zitierungen gewertet wird. Das gesamte System der Peer Reviews und der Journals ist heute nur noch Betrug und Mafia.

Wir leben außerdem in der Zeit des Geschwätzes und der politischen Wertungen. Es gibt diesen Wert von Erfindungen nicht mehr. Es wird nur noch ergebnisorientiert politisch bewertet. Der weiße Mann wird rausgekegelt, die schwarze Frau wird hochgepusht, ganz egal, was sie abliefern. Und ganz egal, wie toll das ist, was man abliefert, man bekommt nur noch Vorwürfe, warum man nicht genug Diversität und Wokeness hat, warum man selbst auf dem Paper steht und nicht irgendeine PoC (Person of Color). Da ist eine regelrechte Schutzgeldmafia entstanden. Uns sagte man damals noch, wir könnten nicht publizieren, ohne dass ein Professor draufsteht, der dann die Meriten und die Gelder einsammelt. Heute heißt es, man könne nicht publizieren, ohne dass eine (möglichst schwarze) Frau draufsteht, die man dann für die Ergebnisse loben kann, die sie trotz der Anwesenheit weißer Männer erzielt habe. Ich habe neulich im Internet so eine Meme gefunden:

Argentinien kann noch so gut spielen und gewinnen. Man gratuliert ihnen nicht, sondern fragt, warum sie nicht genug Schwarze im Team haben. Perfekte Antwort: Weil sie ein Land und kein Disney-Film seien.

Genau so läuft das aber heute an den Universitäten: Es interessiert nicht nur keine Sau mehr, es ist auch keine Sau mehr da, die noch etwas verstehen (oder Perlen erkennen) könnte, es geht nur noch darum, ob oben auf der Autorenliste die richtigen Hautfarben in der richtigen Reihenfolge stehen. Der Inhalt spielt nur noch dann eine Rolle, wenn weiße Männer darin irgendeinen Vorwurf gemacht bekommen. Alles andere ist irrelevant.

Und dementsprechen wird auch nicht mehr geforscht, sondern nur noch pro forma irgendein Mist publiziert. Männer können publizieren, was sie wollen, es spielt keine Rolle mehr. Und Frauen und Schwarze können publizieren, was sie wollen, sie gewinnen ohnehin, weil per Quote, Förderung, Correctness. Gerade hatte ich das ja von Australien, dass sie da den Forschungswettbewerb nach Geschlechtern teilen und eine Zwangsquote an Frauen ausschütten, damit die auf jeden Fall Erfolg haben, egal wie wenig oder wie dümmlich sie abliefern.

Und damit kommen wir zum eigentlichen Grund, den man hier nicht erwähnt: Die Universitäten verblöden.

Hochschulen und der ganze Academia-Zirkus sind schon lange kein Ort der Forschung mehr, sondern nur noch ein Politzirkus, in dem Milliarden von Dollar oder Euro nach Quote an eine korrupte Versagertruppe ausgeschüttet wird, die per political correctness regiert. Wenn man sich anschaut, wer heute in den Universitäten lehrt (und was), dann sind da die allermeisten Leute so unfähig, dass man schon annehmen muss, dass sie plagiiert haben, wenn sie es noch schaffen, ihren Namen fehlerfrei zu schreiben.

Und selbst dann, wenn einer noch in der Lage und willens wäre, zu forschen, wie soll er das machen? Er kann ja kein Team mehr zusammenstellen ohne eine Quotenmischung, die im völlig unfähige, aber extrem streitsüchtige Leute reinspült. Heute geht es ja nur noch darum, wer den Professor zuerst anklagt, dessen Entlassung fordert und ihn öffentlich anprangert. Wie soll da noch Forschung möglich sein?

Schaut Euch mal an, was heute an den Universitäten los ist. Was für ein Pöbel, was für ein Gesindel da die Macht übernommen hat. Was die Geisteswissenschaften dort angerichtet haben. Wer von diesen Leuten, oder auch nur wer in Anwesenheit dieser Leute soll denn heute noch forschen können? Oder auch nur wollen?

Schaut Euch doch mal die Zielsetzungen des Feminismus an. Beispielsweise in den Schriften der Noch-Verfassungsrichterin und Gender-Professorin Susanne Baer. Da geht es nicht um Arbeiten, Forschen, Ergebnisse liefern. Da geht es um „work-life-balance“, um „quality is a myth“, um „part of the fun“ und darum, dass man von Frauen keinerlei Leistung oder Ergebnisse verlangen dürfe, weil sie das verschrecken, ausgrenzen, überfordern könne. Die sind nur da, um Geld abzugreifen, sich die Altersversorgung zu sichern, Männer zu beschimpfen und Kaffee zu trinken. Und sie machen das nicht mehr selbst so, „Gender Studies“ haben zum Inhalt, auch andere auf diese parasitäre Daseinsweise abzurichten, sind im Prinzip die Ausbildung zum Berufsbetrüger.

Wie also sollen an der Universität noch Forschungsergebnisse erzielt werden, wenn da nur noch Leute sind, die an der Arbeit anderer teilhaben, mitfressen wollen, aber selbst nichts mehr machen können und wollen?

Die Universitäten sind zum diversen Korrupten- und Versagerzirkus verkommen. Und nun haben sie es sogar gemessen.

Das alles darf man aber nicht sagen. Es ist politisch so gar nicht korrekt.

Und es bringt auch gar nichts mehr, es zu sagen. Es ist, wie Don Quichotte gegen Windmühlen anzureiten. Man kann es eigentlich nur noch amüsiert zur Kenntnis nehmen und sich bestätigt sehen, wenn man es als Blogger schon seit 20 Jahren beschreibt.