Nächster Fake: Augenkontakt
Alles wird künstlich.
Nvidia hat per KI ein System gebaut, das – etwa in Online-Konferenzen oder Videovorträgen – dafür sorgt, dass das Bild so verändert wird, dass es aussieht, als würden wir den Gegenüber (= die Kamera) direkt anschauen, obwohl wir an der Kamera vorbei auf einen Bildschirm schauen.
Siehe hier oder auch
NVIDIA has created a new AI-based tool for streamers that allows them to maintain eye contact with their audience while also reading the chatbox
[NVIDIA Broadcast 1.4 adds Eye Contact: https://t.co/9BMmSX8xoY]
[ Jousef Murad]pic.twitter.com/Apnt7ShA31— Massimo (@Rainmaker1973) January 23, 2023
Schöne Methode, um bei Bewerbungsgesprächen oder Online-Prüfungen zu schummeln. Ich habe gehört, dass während des Pandemie-Lockdowns die mündlichen Noten von den Lehrern per Videokonferenz genommen wurden (wie auch sonst), und zumindest gerüchteweise, dass auch Mündliche Prüfungen an Hochschulen per Videokonferenz stattgefunden haben. Das ist prüfungsrechtlich zwar eigentlich unzulässig oder zumindest problematisch, aber was soll man in so einer Pandemie auch sonst machen, wenn es nicht möglich ist, konform zu handeln.
Ich habe allerdings auch schon überlegt, ob ich mir für Vorträge, Konferenzen und dergleichen einen Teleprompter-Vorsatz vor die Kamera mache, um meine Vortragsfolien oder das Bild der Konferenzteilnehmer zu sehen und trotzdem direkt in die Kamera zu schauen. Es gibt preisgünstige Teleprompter, die dafür gemacht sind, dass man ein Tablet mit entsprechender Software als Anzeigegerät befestigen kann, und da würde dann auch ein gewöhnlicher HDMI-10-Zoll-Monitor aus dem Chinaversand reinpassen. Auf diese Weise könnte man seine Vortragsfolie oder den Gesprächspartner sehen und trotzdem direkt in die Kamera gucken. Ich habe allerdings noch nicht ausprobiert, ob es unter Linux möglich ist, ein Bild identisch auf zwei HDMI-Ausgängen auszugeben (was natürlich geht), aber nur eines davon zu spiegeln (weil man für den Teleprompter das Bild spiegelverkehrt anzeigen muss, es aber zum Senden natürlich normal anzeigen muss). Man kann die Spiegelung einstellen, ich weiß aber jetzt nicht, ob für jeden Monitor getrennt.
Von solchen Details abgesehen sind aber auch andere Dinge bedenklich.
Es gibt jede Menge Software, die bei Fotos Gesichter optimiert, schmaler macht, die Haut aufräumt, die Augen vergrößert, Pickel und Flecken entfernt, die Augenbrauen geradezieht, und was nicht alles.
Das wird man dann natürlich auch irgendwann (wenn nicht schon längst) auf Bilder anwenden, denn wenn man schon Deep Fakes kann, kann man sich natürlich immer auch durch die virtuelle schönere Ausgabe seines Ichs ersetzen. Ich habe auch schon gesehen, dass Leute in Videokonferenzen in Echtzeit als japanische Anime-/Manga-Figur auftreten, weil sie anonym bleiben wollen, und das sieht mitunter sehr „echt“ aus, soweit eine Comic-Figur echt aussehen kann.
Es ist eine Frage der Zeit, bis man in Bewerbungsgesprächen und so weiter systematisch getäuscht wird.
Da wird es dann Leute geben, die sich schöner, schlanker, jünger, was auch immer machen. Oder sich beispielsweise kaukasisch/weiß/… aussehen lassen.
Und wenn man heute noch die Pronomen frei wählbar macht, wird es bald eine Schieberegler geben, mit dem man sein Aussehen zwischen männliche und weiblich positionieren kann. In irgendeiner Mobil-App gab es ja schon eine KI-Funktion, die zeigt, wie man mit dem jeweils anderen Geschlecht aussehen würde.
Und früher oder später werden irgendwelche Gerechtigkeitskrieger und political correctness-Priester das sogar vorschreiben, damit beim Bewerbungsgespräch alle genau gleich aussehen.