„Besser Doppelmoral als gar keine Moral“
Keine Ahnung, ob das echt ist.
Einer meiner Standard-Sprüche ist ja „Es sind nicht die Maßstäbe, die mich so besonders ankotzen. Es sind die doppelten Maßstäbe.“
Leser hatten dem schon widersprochen, weil ich den Spruch ja fast immer auf Linke und Linkstum, Presse und Fernsehen, die Medien und die Politik anwende. Die nämlich hätten gar keine Maßstäbe, sondern würden immer im Moment behaupten, was sie aktuell gerade brauchten. Und wer in jedem Augenblick immer willkürlich das als Maßstab ausgebe, was gerade opportun ist, was er gerade braucht, der habe nicht zwei, sondern einfach gar keine Maßstäbe, denn wenn etwas keine Bestandsdauer über den Satz hinaus hat, manchmal nicht mal bis zum Ende eines Satzes besteht, ohne gleich innerhalb desselben wieder gerändert zu werden, dann sei es schlicht kein Maßstab. Sondern nur noch Rhetorik, Rabulistik. Was allerdings die stillschweigende Unterstellung voraussetzt, dass alle Teile eines gesprochenen Satzes aus demselben Hirnteil stammen.
Ich hatte allerdings vor einiger Zeit schon die Vermutung geäußert, dass das Gehirn anders funktioniert.
Dass es nämlich tatsächlich unterschiedliche Maßstäbe, Moralvorgaben für „Wir, die Guten, das eigene Rudel“ und die „Anderen“ gibt, weil es nämlich eigentlich auch keinen Sinnn ergeben würde, wenn man sich selbst Moralvorstellungen und Verhaltensmaßregeln für fremde Rudel bildet, denen man nicht angehört. Das erfüllt einen ganz anderen Zweck. Deshalb nehme ich an, dass man für das eigene Rudel Regeln hat, die das Sozialverhalten innerhalb des Rudels regeln und dafür sorgen, dass sich jeder konform (moralisch, bibeltreu, halal) verhält, damit das Rudel nach innen zusammenbleibt, während man von anderen, gegnerischen Rudeln verlangt, dass sie sich nach außen nicht so verhalten, dass man sie als Bedrohung wahrnehmen würde.
Deshalb glaube ich durchaus, dass es da verschiedene Maßstäbe für sich selbst und für andere gibt, und die Rudelmechanik im Hirn steuert, welcher gerade zur Anwendung kommt. Und dass das dann eine wesentliche neurologische Ursache für Doppelmoral ist. Dass man sich und seinesgleichen erlaubt, was man anderen nicht gestattet. So, als würde man dem befreundeten Nachbarn erlauben, bei Bedarf den eigenen Garten zu benutzen, den Fremden aber beim Übertreten der Grenzlinie erschießen. Das ist keine Maßstabslosigkeit, sondern das sind zwei verschiedene Maßstäbe, die verschiedenen Zwecken dienen. Jeder für sich betrachtet ist dauerhaft und erfüllt einen gewissen Sinn. Aber jeder ist auch stark subjektiv. Objektiv betrachtet widersprechen sie sich.
Es wird nun auf dieser Seite behauptet, dass Luisa Neubauer in einem Podcast von Kurt Krömer zu Gast gewesen sei (und ich kann die beide nicht ausstehen, ich weiß aber auch nicht, ob das auch so stimmt, weil ich den Podcast dazu bisher weder gesucht, noch gefunden oder gehört habe, aber nachdem es mehrere Leser schrieben, scheint was dran zu sein) und es dort zu folgendem Dialog gekommen sei:
Ein klarer Wink mit dem Zaunpfahl. Anfang Februar wurde bekannt, dass zwei Klimakleber der Letzten Generation nach Bali in den Urlaub geflogen sind und dafür auch noch einen die selbst Gerichtstermin schwänzten. Die Aktivistin der Letzten Generation, Carla Hinrichs, erklärte „es wurde ein Haar in der Suppe gefunden“. Vorwürfe der Doppelmoral wies sie zurück.
Luisa Neubauer präsentiert in Krömers Sendung einen anderen Ansatz. Als Klimaaktivist nach Thailand zu fliegen erfülle durchaus den Tatbestand der Doppelmoral, räumt sie ein. Aber, so Neubauer völlig ironierfrei: „Besser Doppelmoral als gar keine Moral“. Viele Zuschauer trauten ihren Ohren nicht – doch der Satz ist exakt so und ohne jede Relativierung Neubauers gefallen.
Aber eigentlich auch kein Wunder: Immerhin war Neubauer nach eigenen Angaben bisher mindestens in Indonesien, China, Kanada, Hong-Kong, Marokko und Namibia. Ihren Spitznamen Langstrecken-Luisa hat sie sich wohl verdient. „Ich will jetzt deine Urlaubsflüge nicht kleinreden, aber das ist wirklich unser kleinstes Problem“, erklärt sie Krömer.
Ich glaube, dass wir hier die Funktionsweise des Gehirns beobachten können. Die wendet für sich und andere tatsächlich verschiedene Maßstäbe an, weil sie die einen als ihr Rudel und alle anderen als ihre Gegner ansieht. Ich glaube, dass es im Gehirn tatsächlich verschiedene – ich nenne es mal in Anlehnung an die Nomenklatur von Prozessoren – Moralregister gibt, und Leute es fertig bringen, innerhalb ein und desselben Satzes verschiedene Moralregister anzuwenden. Und es selbst gar nicht merken. Erst dem objektiven Beobachter, der Klimakleber nicht anders beurteilt als jeden anderen auch, fällt es auf.
Es heißt nach meiner Sichtweise aber auch, dass Luisa Neubauer ungebildet ist, denn es ist ja – aus meiner Sicht und Überzeugung heraus – gerade Inhalt und Zweck einer Ausbildung, nicht mehr in solchen archaischen Mustern zu denken, sondern die rationale Kontrolle zu übernehmen. Also auch Moral durch Rationalität zu ersetzen. Denn auch das ist eine – evolutionär neuere – Funktion des Gehirns, die höhere Tiere und vor allem uns Menschen ausmacht, dass wir lernen und unsere archaischen Verhaltensweisen durch Lernen und Denken mit rationalen Überlegungen substituieren können. Das ist das, was ich für „Lernen“ und unsere Lernfähigkeit halte, und was man in der Religion vermutlich zu verhindern versucht. Aber gebildet kam die mir noch nie vor.
Vielleicht war es aber auch nur eine patzige dumme Antwort eines kleinen Mädchens, dem auch mit Vorbereitung und Wochen nach Bekanntwerden der Flüge noch immmer keine vernünftige Antwort eingefallen ist, und die sich damit für schlagfertig hält.