Am deutschen Wesen muss die Welt genesen
Ob sie will, oder nicht.
Aktuelles aus dem IT-Recht: DNS-Sperre bei Raubkopien.
Und wieder mal der einschlägig bekannten Verfassungsmafia „Gesellschaft für Freiheitsrechte“. Stinkt nach „strategischer Prozessführung“.
Golem berichtet, dass der Schweizer DNS-Resolver Quad9 im Streit mit Sony vor dem Landgericht Leipzig nicht nur als Störer, sondern sogar als Täter einer Urheberrechtsverletzung angesehen und als verantwortlich eingestuft worden sei (Az. 5 O 807/22).
In dem Leipziger Urteil, das Golem.de vorliegt, heißt es zur Begründung: “Die Beklagte haftet als Täterin, weil sie lnternetnutzern ihren DNS-Resolver zur Verfügung stellt und darüber auf die Seiten des Dienstes canna.to mit den rechtsverletzenden Downloadangeboten betreffend das streitgegenständliche Musikalbum verwiesen wird.”
Das Landgericht bezieht sich dabei auf die “überzeugenden Ausführungen” des Landgerichts Köln, das bereits im September 2022 die täterschaftliche Haftung für Urheberrechtsverletzungen Dritter auf Cloudfare übertrug. Cloudfare betreibt nicht nur ein Content Delivery Network, sondern auch einen DNS-Resolver.
Das wäre ein ziemlicher Quatsch, weil ein CDN eben was ganz anderes ist als DNS (das hatte man aber schon bei der Kinderpornosperre von 2009 nicht begriffen), aber Realität schert Juristen in solchen Angelegenheiten recht wenig, da geht es immer drum, irgendwen dranzukriegen, den man erreichen kann, und sich dann irgendeine Begründung zusammenzufaseln. Wie ich immer sage: Begründungsfindung, nicht Rechtsfindung.
Nach Ansicht des Gerichts fällt ein DNS-Resolver nicht unter die Definition eines Diensteanbieters nach dem Telemediengesetz (TMG), obwohl ein solcher darin beschrieben ist als “jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt”. Dem Urteil zufolge muss ein Diensteanbieter “durch seine Weisungen oder seine Herrschaftsmacht über Rechner und Kommunikationskanäle die Verbreitung oder das Speichern von lnformationen ermöglichen und nach außen als Erbringer von Diensten auftreten”. Das treffe weder auf Registrare noch DNS-Resolver oder den Admin-C zu.
Aber nur weil ein DNS-Resolver nicht unter das Providerprivileg fällt, heißt das ja nicht, dass er Täter ist.
Auf den Einwand von Quad9, wonach eine Sperrung von illegal bereitgestellten Inhalten nicht gezielt möglich sei und die ganze Domain betreffe, ging das Gericht nicht ein. Auch den Einwand, dass die betreffende Domain dann global und nicht nur für deutsche Nutzer unerreichbar sei, ließ das Gericht nicht gelten. “Auch weltweit ist kein berechtigtes Interesse der Internetnutzer auf Zugriff auf diese Webseite mit offensichtlich ausschließlich illegalen Angeboten ersichtlich, so dass sich die Frage eines Overblockings nicht stellt”, hieß es dazu.
Das wäre ziemlich dumm, falsch und auch verfassungswidrig, weil sie erstens gar nicht wissen können, ob da nur illegale Inhalte angeboten werden, und zweitens DNS-Einträge noch für ganz andere Dinge verwendet werden, beispielsweise Individualkommunikation, die unter das Telekommunikations-/Fernmeldegeheimnis fällt, das auch vor Sperrungen schützt. Aber wie so oft verstehen die anscheinend nicht, was sie da überhaupt tun.
Was ebenfalls erstaunlich ist: Dem Urteil zufolge muss Quad9 ebenso wie typische Hostprovider nicht nur den Zugang zu den rechtsverletzenden Inhalten “unverzüglich” unterbinden. Darüber hinaus besteht “die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt”. Wie ein DNS-Resolver, der lediglich Domain-Namen in IP-Adressen übersetzt, das konkret umsetzen soll, bleibt unklar.
Einfach irgendeinen Blödsinn zusammengeurteilt?
Ist aber nicht rechtskräftig, die GFF lege Berufung ein, heißt es.
Da sitze ich dann da und überlege mir, was ich davon eigentlich halten soll, wenn auf der einen Seite wieder mal diese Sumpforganisation aus dem Umfeld des Verfassungsgerichts Pseudoklagen führt, damit man verfassungsbrechend auf Bestellung Verfassungsbeschwerden bastelt und dazu vorher einen Rechtsweg fingiert, oder auf der anderen Seite der nach Golem-Darstellung der Unfähigkeit verdächtige Richter mit einem Blödsinnsurteil?
Lässt sich im Volltext ergoogeln, findet man etwa hier und hier.
Die Beklagte wird verurteilt, […] s zu unterlassen, auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland das Musikalbum
“Evanescence – The Bitter Truth”
mit den darauf enthaltenen Tonaufnahmen
1. Artifact/The Turn 2. Broken Pieces Shine 3. The Game Is Over 4. Yeah Right 5. Feeding the Dark 6. Wasted on You 7. Better Without You 8. Use My Voice 9. Take Cover 10. Far From Heaven 11. Part of Me 12. Blind Belief
öffentlich zugänglich zu machen,
indem die Beklagte ihren Nutzern einen DNS-Resolver-Dienst zur Verfügung stellt, der die Domain
“c…to”
und/oder die Subdomain “uu.c…to” in numerische IP-Adressen übersetzt,
so dass es den Nutzern der Beklagten mit Hilfe dieser numerischen IP-Adressen möglich ist, den Internetdienst unter der Domain “c…to” und/oder der Subdomain “uu.c…to” und/oder der weiteren Domain(s) zu erreichen und dort Verlinkungen auf rechtswidrige Speicherungen des Albums aufzurufen,
Das riecht nach multiplem Blödsinn. Mal ganz abgesehen davon, dass man im Internet gar nicht wissen kann, wo sich einer, der anfragt, befindet, ob auf deutschem Boden oder nicht. Denn nicht nur ist das technisch nicht möglich, man hat auch per Datenschutz die Möglichkeit abgedreht, das über whois wenigstens annähend zu bestimmen.
Das Domain Name System (DNS) dient dazu, textbasierte Anfragen, vor allem für Internetseiten, in IP-Adressen zu übersetzen und kann daher im weitesten Sinne mit einem Telefonbuch verglichen werden.
Das ist schlicht und einfach falsch. Juristen habe auch im Jahre 14 nach der Kinderpornosperre noch nicht begriffen, was das DNS ist und macht.
- Erstens hat das DNS mit Internetseiten gar nichts zu tun (was schon Ursula von der Leyen und ihr Ministerium 2009 nicht begriffen hatten). Sondern nur mit den Hostnamen als Teil des URLs.
- Es ist zwar so, dass das DNS die Hostnamen in IP-Adressen auflöst, aber das ist nur eine der Funktionen des DNS, das hat noch andere. Und auch die Auflösung von DNS-Namen in IP-Adressen hat noch andere Funktionen, beispielsweise zur Telekommunikation, die das Gericht von Verfassungs wegen gar nicht abdrehen darf.
Gibt ein Nutzer an seinem Internetzugang einen Domainnamen in die Adresszeile des Internetbrowsers ein, um die Seite aufzurufen, findet zunächst – falls die IP-Adresse nicht bereits in dem Gerät zwischengespeichert ist – ein DNS-Lookup statt. Das Endgerät fragt den voreingestellten DNS-Server nach der IP-Adresse für die Domain. Dieser beantwortet die Anfrage aus seinem Speicher oder verbindet sich im Hintergrund mit einem oder mehreren DNS-Servern, um die IP-Adresse dort abzufragen. Erst im zweiten Schritt verbindet sich der Webbrowser des Nutzers für den Aufruf der Webseite mit dem Server unter der ihm mitgeteilten IP-Adresse. Hier kann das Angebot der Beklagten als standardmäßiger DNS-Resolver eingestellt werden.
Das ist soweit richtig. Der Denkfehler liegt aber darin zu glauben, dass das DNS und die Namensauflösung nur dafür verwendet würden. Die werden auch noch für andere Sachen verwendet, die das Gericht nicht unterbinden darf.
Und selbst wenn es das dürfte, dürfte es das nicht auf diese Weise, weil unter die Telekommunikationsgeheimnis und -freiheit immer auch andere fallen, nämlich die, die die DNS-Adresse auflösen wollen, und deren Rechte (von Verfassungsrang!) werden hier gar nicht betrachtet.
Unter der Domain www.c…to werden Musikinhalte gelistet und kategorisiert. Die Überschrift der Website lautet “C[..lasse ich mal weg, steht aber im Urteil …]r”.
Und mit diesem einen Satz wäre das Gericht dann genauso Täter, weil es über den angegebenen Namen ermöglicht, das Angebot zu finden.
Die Klägerin behauptet, C[…]r sei eine strukturell urheberrechtsverletztende Webseite, auf der Musik- und Hörspielalben ohne Zustimmung der Berechtigten zum Download angebo-ten würden.
Das mag sein, aber selbst verurteilte Verbrecher haben immer noch ihre Grundrechte, und bei Telekommunikation immer auch die anderen Beteiligten. Selbst wenn das eine urheberrechtsverletzende Webseite ist, folgt daraus nicht, dass man die DNS-Auflösung sperren darf.
Die Klägerin habe alle denkbaren Anstrengungen unternommen, das rechtsverletzende Angebot unter Einschaltung von primär Haftpflichtigen zu beseitigen. Die Internetseite C[…]r habe kein Impressum.
Und? Braucht sie eines? Wo ist sie denn überhaupt angesiedelt? Unterliegt sie überhaupt deutschem Recht?
Wenn sie aber keines braucht, und damit auch nicht gegen Recht verstößt, warum soll dann so eine Ersatzvornahme möglich sein?
Als verantwortliche Organisation ergebe sich die Firma InfiumUAB mit einem administrativen und technischen Kontakt in der Ukraine.
Dann wäre eine Frage, ob in der Ukraine eine Impressumspflicht gilt und welches Urheberrecht.
Die Firma habe angeblich ihren Sitz in Vilnius (Litauen).
Oder dort.
In der Ukraine sei eine Zustellung nicht möglich, weil die Adresse sich in einem Hochsicherheitstrakt befinde, zu dem ohne ausdrückliche Zustimmung Zustellungsannahmen nicht möglich wären; diese Zustimmung sei hier verweigert worden.
Aus der Begründung:
Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind nach deutschem Recht zu beurteilen. Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-ll-VO) ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird.
Aha.
Sony, eine japanische Firma, geht gegen eine Firma in Litauen vor, deren Server in der Ukraine steht, und zwar gegen enen DNS-Provider in der Schweiz, fast alles nicht einmal EU (Litauen ist tatsächlich in der EU), und zur Anwendung kommt deutsches Recht.
Nach dieser Vorschrift können einem Diensteanbieter nach § 8 III TMG Unterlassungspflichten obliegen. “Diensteanbieter” ist legaldefiniert in § 2 Nr. 1 TMG, als “(…) Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt”.
Dies trifft auf einen DNS-Resolver aber nicht zu. Der Begriff des Diensteanbieters ist funktionell zu bestimmen (LG Hamburg, Beschl. v. 12.05.2021, Az. 310 O 99/21, Anlage K 1). Er muss durch seine Weisungen oder seine Herrschaftsmacht über Rechner und Kommunikationskanäle die Verbreitung oder das Speichern von Informationen ermöglichen und nach außen als Erbringer von Diensten auftreten. So ist etwa der Admin-C kein Diensteanbieter, weil er nur die Abwicklung der Domainregistrierung erleichtert, aber weder Informationen bereithält noch Zugang zu diesen vermittelt. Der Registrar stellt Nutzern ebenfalls keine Informationen bereit und vermittelt keinen Zugang zur Nutzung von Telemedien, sondern nimmt lediglich die administrative Abwicklung der Domainregistrierung vor, indem er der Registrierungsstelle die für die Registrierung der Domain erforderlichen Daten mitteilt. Er ist insbesondere kein Zugangsvermittler im Sinne von § 8 TMG, weil er weder Zugang zu einem Netz vermittelt noch Informationen durchleitet (BGH, Urt. v. 15.10.2020-tzR13/19, GRUR 2021, 53,64 Rz. 15_17 m.w.N.). Das gleiche gilt jedenfalls für den hier streitgegenständlichen Fall des DNS-Resol-vers (LG Hamburg, a.a.O.)
Und weil man feststellt, was der DNS-Resolver alles nicht ist, und man dann nicht weiter weiß, muss er eben Täter sein. Weil nach deren Logik einfach jeder Täter ist, für den das Gesetz keinen Begriff festgelegt hat.
Die Beklagte haftet als Täterin, weil sie Internetnutzem ihren DNS-Resolver zur Verfügung stellt und darüber auf die Seiten des Dienstes c…to mit den rechtsverletzenden Downloadangeboten betreffend das streitgegenständliche Musikalbum verwiesen wird. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Köln in der Sache 14 O 29/21, Urteil vom 29.09.2022 (Anlage K 23 II) an.
Wieder die Juristenlogik: Es kommt nur darauf an, ob eine Meinung vertretbar erscheint, abschreibbar ist und es eine zitierfähige Angabe gibt. Ob sie auch richtig ist, fragt keiner. Geisteswissenschaftler eben.
Mit dem DNS-Resolver wird denjenigen Nutzern, die den Resolver der Beklagten verwenden, erst ermöglicht, einen Domainnamen in eine numerische IP-Adresse aufzulösen und die hier streitgegenständliche Seite aufzufinden, worin eine zentrale Rolle bei der Rechtsverletzung zu sehen ist.
Einfach falsch.
Denn
- erstens kann man das ohne weiteres auch von Hand, wie ich das schon beschrieben habe,
- zweitens kann man auf einfache und kostenlose Weise einen Resolver (genauerer Fachbegriff Recursor) selbst betreiben, und das macht man in der Regel auch, wenn man eine eigene Firma oder Organisation betreibt – die Nutzung eines externen DNS-Resolvers ist lediglich eine Erleichterung für kleine Internet-Nutzer wie Privatwohnungen oder Einzelgeräte (Handy usw.), er ermöglicht es nicht, er erleichtert es nur.
- drittens kann man die IP-Adresse auch statisch in die hosts-Datei oder eine Proxy-Konfiguration eintragen und dann einfach gar kein DNS mehr verwenden, denn das DNS ist auch nur eine von mehreren Möglichkeiten, Namen nach IP-Adressen aufzulösen.
Und dann der Hammer:
Unschädlich wäre auch, wenn entsprechend dem Vorbringen der Beklagten Webseiten global und ungeachtet einer bestimmten Jurisdiktion für sämtliche Internetnutzer, die den DNS-Resolver der Beklagten verwenden, gesperrt würden. Auch weltweit ist kein berechtigtes Interesse der Internetnutzer auf Zugriff auf diese Webseite mit offensichtlich ausschließlich illegalen Angeboten ersichtlich, so dass sich die Frage eines Overblockings nicht stellt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 09.10.2020, Az.:6 U 32/20). Soweit die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass es sich um eine Seite mit (fast) ausschließlich illegalen Angeboten handelt, ist dieses Bestreiten unzulässig, weil der Hinweis konkret genug war, dass die Beklagte mit einem Blick auf die Seite den Charakter der Seite hätte erkennen können. Im Übrigen ist die Natur der Seite durch die vorgelegten Sreenshots ausreichend belegt.
Das ist grob falsch und absoluter Blödsinn, weil DNS zu mehr als zu Namensauflösungen, und die Namensauflösung zu mehr als Webseiten verwendet wird. Selbst wenn die Webseite tatsächlich nur illegale Angebote hätte, wäre es trotzden Overblocking, weil noch andere Dienste beeinträchtigt werden. Die haben überhaupt nicht verstanden, was sie da tun. Und woher sie das eigentlich wissen wollen, dass da alle Angebote illegal sind, wäre die nächste Frage. Und wie sie zu so einer Feststellung kommen, ohne den Betreiber der Seite beigeladen zu haben, eine weitere.
Zwar müssen anspruchseinschränkend die Kriterien jedenfalls in analoger Form zugunsten der Beklagten, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung “DNS – Sperre” (Urteil vom 13.10.2022, IZR 111/21,openJur) aufgestellt hat, eingehalten werden.
Danach haftet ein Access – Provider nach den für ihn jedenfalls anwendbaren Vorschriften des § 7 Abs. 4 Satz 1 TMG im Verhältnis zu dem Betreiber der Internetseite und auch zum Host-Provider lediglich subsidiär. Da ein DNS-Resolver keine engere Verbindung zum rechtswidrigen Geschehen als ein Access-Provider hat, ist er dessen Position in der Subsidiaritätskette insoweit gleichzustellen.
Das ist falsch. Oder zumindest sieht es falsch aus.
Ist mal irgendwem, der sich mit DNS auskennt, aufgefallen, dass sie nicht zwischen einem Recursor und einem Authoritative unterscheiden, anscheinend nicht einmal den Unterschied kennen, und das, was sie da behaupten, selbst wenn man die vielen technischen und Rechts-Fehler hinnimmt und akzeptiert, nur für die Authoritative gelten könnte, nicht aber für die Recursor? Und Quad9, gegen die das hier geht, ist nach ihrer Eigendarstellung ein Recursor und kein Authoritative.
In der Entscheidung “DNS-Sperre” hat der Bundesgerichtshof es für erforderlich gehalten, dass gegen einen Host-Provider mit unstreitigem Sitz in der europäischen Union in der Regel ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Auskunft, gegebenenfalls in der Bundesrepublik Deutschland, durchzuführen ist. Dieses kann im Einzelfall nur dann unterbleiben, wenn aus vom Anspruchsteller darzulegenden Gründen dem Vorgehen jede Erfolgsaussicht fehlt.
Der Host-Provider? Oben hieß es doch noch, nur die Firma, auf die die Domain läuft, sei in Litauen, der Rechner aber in der Ukraine. Und die ist laut der tagesaktuellen Nachrichten derzeit noch nicht in der EU.
Dieser Fall ist hier aber gegeben. Bereits, dass eine Anschrift des Host-Providers in Vilnius, also Litauen und damit der EU, tatsächlich existiert, kann nicht festgestellt werden. Eine mögliche Anschrift in der Ukraine führt nicht zur genannten Primärpflicht. Weitere Zustellungsversuche als die von der Klägerseite dargelegte Zustellung über einen Kurier können nicht verlangt werden, da nichts für eine erfolgversprechende andere Möglichkeit spricht. Dabei ist insbesondere nicht entscheidend, ob es sich um eine versuchte gerichtliche oder außergerichtliche Zustellung handelt, da bereits die Richtigkeit der Adresse in der EU nicht zweifelsfrei ist. Weitere Anforderungen würden realistische Rechtsschutzmöglichkeiten des Rechteinhabers zu stark beschneiden.
Aha. Und weil man nichts findet, was funktioniert, macht man einfach irgendetwas.
Wie im US-Recht: Wenn man bei Mord und Vergewaltigung den echten Täter nicht findet, hängt man ersatzweise irgendeinen, der sich nicht wehren kann, weil er sich keinen Anwalt leisten kann. Damit einer gehängt und damit das Recht formal durchgesetzt wird.
Und was man auch nicht fragt, ist, ob das überhaupt verhältnismäßig ist. Nun könnte man zwar argumentieren, dass das ein Privatrechtsstreit ist und im Privatrecht nicht die Verhältnismäßigkeit, sondern die Erforderlichkeit den Maßstab vorgibt, beide benötigen aber die Eignung. Und geeignet ist die Maßnahme nicht, weil man eben keinen externen Resolver benötigt. Man kann auch trivial selbst einen betreiben, und das ist sogar die Regel in größeren Netzwerken. Deshalb ist die Maßnahme schon nicht geeignet, das behauptete Ziel zu erreichen. Und wenn sie nicht geeignet ist, kann man auch keinen Rechtsanspruch darauf haben.
Bewertung
Das Ding strotzt nur so vor technischen und juristischen Fehlern.
Und es zeigt wieder einmal, dass deutsche Gerichte längst zum Standortnachteil für Deutschland geworden sind, weil sie inkompetent, willkürlich und interessenorientiert entscheiden, und damit unlogisch und unvorhersehbar. Das ist einfach kapitaler Murks, der sich verfestigt, weil die sich ständig nachahmen und voneinander abschreiben, weil sie es ja selbst nicht verstehen, und spätestens nach der dritten Wiederholung gilt es als „anerkannt“.
Dazu dann noch als „überzeugend“, obwohl nicht nachvollziehbar ist, wie man etwas überzeugend finden kann, was man nicht verstanden hat. Egal, im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil.
Und in Leipzip geht sowieso alles und nichts.
Was mich daran so irritiert ist, dass hier die GFF als Gegner auftritt.
Das stinkt mal wieder drei Meilen gegen den Wind nach „strategischer Prozessführung“, und das könnte auch erklären, warum das Gericht schreibt, dass die zu irgendwas nicht vorgetragen haben. Kennt man das Schema der GFF, wollten die womöglich gar nicht vortragen und gewinnen, sondern haben absichtlich verloren, weil sie ja nur dann den Instanzenweg zum Bundesverfassungsgericht gehen können. Womöglich hat man sich den Fall und den Gerichtsort ausgesucht, weil man sich da ausrechnen konnte, dass die Mist entscheiden, weil sie den brauchen, um das dann vor dem Bundesverfassungsgericht auszukungeln.
Ich halte dieses Urteil zwar für falsch und verfassungswidrig (und es für umso verwerflicher, wenn man so etwas aus strategischen Gründen absichtlich provoziert), die GFF in ihrer Methodik aber ebenso falsch und verfassungswidrig.
Egal, was da herauskommt und wer am Ende gewinnt – es gefällt mir nicht.
Wenn zwei verfassungswidrige Positionen aufeinanderprallen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass mit dem, der am Ende gewinnt, dessen verfassungswidrige Position geltendes Recht ist. Die Möglichkeit, dass einfach beide Parteien verlieren und ein Gericht, das bei Verstand ist, entscheidet, dass beide Positionen unhaltbar sind, gibt es leider nicht.
Nach deutschen Recht geht aus dem Rechtsstreit zweier Schurken praktisch immer einer als Gewinner hervor, dessen Schurkenstück damit zu Recht wird.
Schauen wir mal, wie das weiter geht.
Derweil würde mich interessieren, wie deutsche Gerichte eine Geldstrafe gegen einen in der Schweiz ansässigen Anbieter durchsetzen.