Ansichten eines Informatikers

Der gesprengte Blogger

Hadmut
3.4.2023 1:33

Mmmh.

Einige Leute schreiben mir, dass die Meldung vom in St. Petersburg in die Luft gesprengten Blogger nicht stimme. Er sei nicht regierungskritisch, sondern regierungstreuer Militärblogger gewesen. Einer schreibt etwa

“Wladlen Tatarski”, echter Name Maxim Fomin wurde in St. Petersburg mittels eines improvisierten Sprengsatzes in einer als Geschenk überreichten Statue ermordet. Der Teil der Meldung stimmt.

Das ist allerdings ein komischer “regierungskritischer” Blogger. Kritisch war der allenfalls gegenüber der vom Westen installierten Regierung in Kiew. Direkt 2014 Mitglied der Donezker Volksmiliz, d.h. im Widerstand gegen den Terror gegen die ethnisch russische Bevölkerung der damaligen Südostukraine. 2020 nach Moskau gezogen, mit Beginn der Militäroperation Anfang 2022 wieder in den Donbass gezogen um von dort zu berichten.

Was die HNA da erzählt ist also kreative Leserverarschung. Das solltest Du mMn nicht unkommentiert stehen lassen. Alle prorussischen Kanäle die heute über das Thema berichten haben Fahndungsfotos der Täterin veröffentlicht, das wäre ausgesprochen interessant, wenn die wirklich davon ausgingen daß dies eine Aktion der russischen Regierung wäre.

Ich kann jetzt nicht mehr im Einzelnen sagen, wo ich das vorhin alles nachgelesen habe, aber bei mir war der Sachverhalt anders angekommen.

Der Blogger nämlich sei zwar nicht regierungskritisch in dem Sinne gewesen, dass er den Angriff auf die Ukraine für falsch erklärt oder kritisiert habe. Der sei schon ein stramm regierungstreuer Blogger in dieser Hinsicht gewesen.

Gewesen.

Denn der habe in letzter Zeit schon angefangen, den Ukraine-Krieg deutlich zu kritisieren. Aber nicht, weil er Gegner des Krieges gewesen wäre, sondern umgekehrt, weil ihm der Angriff nicht gut und schnell genug ging. Der sei zwar schon sehr für den Krieg gewesen, habe aber gerade deshalb die russische Führung für den Murks dort kritisiert und bemängelt, dass man die Ukraine nicht schon längst besiegt habe, was man eigentlich hätte erwarten können.

Bei mir ist das so angekommen, dass er nicht etwa den Krieg also solchen abgelehnt hat, sondern sich im Gegenteil beschwert hat, weil ihm die Kriegsführung nicht gut und effektiv genug war und da massives Versagen vorgelegen habe.

Insofern sei der durchaus regierungskritisch gegen die russische Regierung gewesen – nur eben in genau die andere Richtung als der Begriff suggeriert.

Und womöglich ist so ein Versagervorwurf weit bitterer als wenn man sagen würde, dass man gegen den Krieg sei. Vor allem ist er ein Vorwurf gegen andere Leute. Wenn man gegen den Krieg ist, legt man sich mit denen an, die einen in irgendeinem Arbeitslager verschwinden lassen. Und die einen noch „befragen“ oder brechen wollen.

Stellt man allerdings Versagen der Militärführung und des Militärs heraus, dann legt man sich mit denen an, die das mit dem Arbeitslager nicht so können, dafür aber Sprengstoff haben. Und die einfach nur wollen, dass man das Maul hält und fertig.

Da allerdings das Verhältnis zwischen Militär und Regierung dort nicht ganz ungetrübt zu sein scheint, ist das eine Frage der Interpretation, ob man das als regierungskritisch oder regierungsorientiert auslegt.

Irgendwo stand übrigens, dass der britische Geheimdienst die Behauptung geäußert habe, dass ein erheblicher Teil der russischen Soldaten nicht durch Feindeinwirkung, sondern in der ein oder anderen Weise durch übermäßigen Alkohol draufgehe. Ob das jetzt stimmt, oder irgendeine Form von Kriegspropaganda ist, etwa um Streit zwischen Militär und Regierung zu säen, weiß ich nicht.