Warum wurde der Raspberry Pi so irre teuer?
Einige Leser haben angefragt,
warum eigentlich der Raspberry Pi in der Corona-Pandemie so irre teuer wurde. Geräte, die früher um die 50 oder 60 Euro kosteten, dann auf bis zu 300 Euro hochschnellten.
Soweit ich das mitbekommen habe, lag das nicht an der Raspberry Pi Foundation selbst. Soweit ich das mitbekommen habe, wurden die während der Chip-Krise mit irgendeinem Chip, der auf das Ding drauf muss (sind ja nicht so viele, drei oder vier), nur sehr dünn beliefert. Soweit ich weiß, haben sie die Preise konstant gehalten, nur die Stückzahlen drastisch gesenkt.
Dann war es aber wohl so, dass Spekulanten die Dinger en masse gleich bei den Großhändlern auf- und damit vom Markt weggekauft und sie dann zu Mondpreisen angeboten haben, wohl wissend, dass es für die Raspberry Pis keinen echten Wettbewerb und Markt gibt. Denn viele Firmen stellen Produkte her, die auf dem Raspberry Pi aufbauen, und dafür gibt es keine Alternative, keinen baugleichen Ersatz. Firmen, die anboten, wo ein Raspberry Pi drinsteckt, waren damit gezwungen, jeden Preis zu zahlen. Soweit ich mich erinnern kann, wurden diese Mondpreise auch nie auf den regulären Vertriebswegen aufgerufen. Da gab es dann nur eben keine mehr.
Irgendwo gab es eine Ansage, dass die Stückzahlen sich in Q2 und Q3 2023 wieder normalisieren sollen, aber ich glaube nicht, dass sich der Raspberry Pi als solcher davon so schnell wieder erholt. Denn nicht nur wurde der im Preis-Leistungsverhaltnis von normalen PCs der Billig-Klasse abgehängt, sondern es haben auch nur wenige Hersteller ihre Produkte dafür aufrecht erhalten. Gerade das Compute-Module CM4, also der Raspberry im Scheckkartenformat, hätte eigentlich ein Brüller werden sollen, können und müssen. Damit könnte man tolle Sachen machen. Aber irgendwie hat das Ding seine Zeit, seine Phase durch die Corona-Pandemie verschlafen.
Dazu kommt, dass die Patent-Firma hinter dem ARM-Prozessor da gerade ganz seltsame Dinge treibt, und deshalb der ARM-Prozessor mit Ausnahme von Großlizenzinhalbern wie Apple vom Markt verschwinden könnte. Manche meinen ja, der würde bereits vom RISC-V-Prozessor verdrängt.
Dazu kommen aber noch andere technische Entwicklungen. Früher war ein PC ein großes Ding unter dem Tisch, aber seit Jahren setzen sich längst kleine PCs im Miniformat durch. Viele meinen, Intel habe das mit seinen NUC-Rechnern angestoßen, aber die gab es auch vorher schon von anderen Herstellern. Dazu kommt, dass Festplatten flächendeckend durch SSDs und die 2,5-Zoll-Gehäuse durch M.2 ersetzt wurden, und Intel und AMD sogenannte „SoC“, System on Chip-Version anbieten, man also mit wenig Chips und wenig Geld einfache PCs bauen kann, die eben so ein SoC, RAM, SSD und ein paar USB- und HDMI-Buchsen und ein Steckernetzteil haben. Noch eine Echtzeit-Uhr und eine Pufferbatterie drauf – fertig. Mehr braucht man in den allermeisten Fällen nicht, wenn es nicht gerade ein Gaming- oder Videoschnitt-PC sein soll. Und damit fällt ein wesentlicher Vorteil des Raspberry Pi weg: Klein, leicht, handlich, billig. Und was anfangs, als das Ding vor 10 Jahren raus kam, noch als Vorteil schien, nämlich statt einer Festplatte eine SD-Karte zu verwenden, erweist sich nun gegenüber Billig-PCs als Nachteil. Auch wenn die Dinger inzwischen Prozessoren mit einer PCIe-Lane haben, kann man da nur entweder USB3 oder eine NVMe-SSD anschließen. PCs können beides.
Und wenn die jetzt nicht ziemlich zügig mit einem Raspberry 5 mit neuem Prozessor, mehr RAM und NVMe-Slot aufkreuzen, ist die große Himbeershow wohl vorbei und auf Nischenanwendungen wie Hausautomation beschränkt. Falls überhaupt noch ein Hersteller auf ein Produkt setzt, das nun fast drei Jahre lang nur kaum oder gar nicht zu bekommen war.