Ansichten eines Informatikers

Das Geschwätz des Chefs der Kassenärzte, Andreas Gassen

Hadmut
12.4.2023 19:45

Ich kriege gerade zuviel.

Komm gerade in den Fernsehnachrichten: Kassenärzte-Chef Gassen fordert eine Notaufnahme-Gebühr: Wer selbst in eine Notaufnahme gehen könne, sei oft kein medizinischer Notfall.

Ausgerechnet der Chef der Kassenärzte, bei denen man als Kassenpatient inzwischen, wenn überhaupt, Wochen und Monate auf einen Termin wartet, fordert jetzt, dass man eine Gebühr von jedem Patienten fordert, der ohne vorherige telefonische Abklärung in die Notaufnahme eines Krankenhauses geht.

Kassenärzte-Chef Gassen fordert eine Notaufnahme-Gebühr: Wer selbst in eine Notaufnahme gehen könne, sei oft kein medizinischer Notfall.

[…]

Es werde immer argumentiert, derartige Gebühren seien unsozial. “Unsozial ist in meinen Augen jedoch, den Notdienst unangemessen in Anspruch zu nehmen und damit das Leben anderer Menschen zu gefährden”, betonte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Er fügte hinzu:

Wer noch selbst in eine Notaufnahme gehen kann, ist oft kein echter medizinischer Notfall.

Michael Gassen

Ist das eine Frechheit.

Vor genau zwei Wochen hatte ich mir doch tief in den Finger geschnitten, war dann hier mit dem notdürftig verbundenen Finger erst von Arztpraxis zu Arztpraxis gelaufen, aber keiner da, bis ich schließlich in der Apotheke Hilfe bekam, weil die ihre Notfallliste rausgeholt und irgendwo eine Notfallnummer angerufen hatten und dann nach Klärung zu dem Ergebnis kamen, dass mir gar nichts anderes übrig bleibe, als mit der U-Bahn in die Notaufnahme des nächsten Krankenhauses zu fahren, was ich dann getan habe.

Nun ist auch ein tiefer Schnitt in den Finger sicherlich kein lebensbedrohender Zustand, solange der Finger noch dran ist, es nicht zu einer Sepsis kommt und die Blutung gestillt ist. Zumal ich ja selbst noch mit der U-Bahn hingefahren bin (mich die Leute mit der blutverschmierten und hoch gehaltenen Hand aber schon sehr komisch anguckten) und dort auch noch mehrere Straßen von der U-Bahn-Station zum Krankenhaus gegangen bin.

Nichtsdestotrotz musste die Wunde desinfiziert und versorgt werden. Und die sagten mir im Krankenhaus ausdrücklich, dass es gut war, dass ich sofort gekommen bin, und viele den Fehler machten, erst am nächsten Tag zu kommen, womit es für einige Dinge zu spät sei.

Wo hätte ich denn nach Meinung der Kassenärzte hingehen sollen, wenn die Mittwoch nachmittags flächendeckend alle zu haben?

Ich komme mir ja schon verarscht vor, dass ich als Single trotzdem den höchsten Beitrag zahlen muss, und dann trotzdem monate lang auf einen Termin warten soll, oder mitunter auch einfach gar keinen bekomme. Und selbst dann noch ständig irgendwas zuzahlen soll.

Und jetzt soll ich auch noch zahlen, wenn ich mit einem tief eingeschnittenen und stark blutenden Finger ins Krankenhaus fahre, nachdem alle Ärzte hier zu hatten und selbst die Apotheke sagt, dass nichts anderes übrig bleibt, weil keiner da ist.

Einer der ganz seltenen Fälle, in denen die Grünen mal einen Punkt machen:

Kritik: Vorschlag sei “irreführend und gefährlich”

Als “irreführend und gefährlich” hat dagegen der Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Grüne) den Vorstoß zurückgewiesen.

Menschen mit einem akuten medizinischen Problem müssen sich darauf verlassen können, dass ihnen unabhängig vom Geldbeutel in der Notaufnahme jederzeit geholfen wird.

Janosch Dahmen, Grünen-Gesundheitspolitiker

Schon heute fänden vielerorts Menschen mit einfachen medizinischen Problemen wochenlang keinen Termin in einer Arztpraxis. “Die derzeit lückenhafte, insbesondere hausärztliche Grundversorgung lässt manches medizinische Problem überhaupt erst zum Notfall werden”, sagte Dahmen der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Ja. Ausnahmsweise mal ein Treffer der Grünen. (Auch ein blindes Huhn …)

Das würde mich jetzt wirklich mal interessieren, was nach Vorstellung der Kassenärzte die richtige Handlungsweise in meiner Situation vor zwei Wochen gewesen wäre. Was, wenn nicht in die Notaufnahme zu gehen, hätte ich denn da tun sollen? Wohlgemerkt: Nicht Nacht, nicht Feiertag, ein gewöhnlicher Mittwoch Nachmittag.

Und selbst, wenn man sich nicht offen verletzt hat, wie kriegt man denn in Berlin überhaupt noch einen Arzttermin? Oder anderswo?

Ich kann mich erinnern, in Süddeutschland mal mit einer akuten Knieverletzung eineinhalb Stunden irgendwohin in die Pampa gefahren zu sein, um einen Radiologen für eine Tomographie zu finden, weil ich bei allen in der Nähe zwei Monate gewartet hätte, und der Orthopäde sagte, das sei zu spät. Und das war der einzige, der noch was frei hatte. Eigentlich nicht mal das, aber die waren so freundlich, und haben das einfach gemacht.

Ich vermag gerade nicht mehr zu erkennen, wie das noch funktionieren und wie man sich verhalten soll.