Seltsamkeiten zu den Pentagon-Leaks
Mmmmh.
Und ich sage in aller Deutlichkeit: Mmmmh.
Die Washington Post hatte doch „aufgedeckt“, wer hinter den Pentagon-Leaks stecke, dass da keine Spionage durch Agenten im eigentlichen Sinne stattgefunden habe, sondern sich ein kleiner Hansel in einem Forum aufspielen und wichtig tun wollte. An anderer Stelle heißt es, die New York Times habe das zuerst aufgedeckt.
Gestern wurde der ja auch festgenommen, ein gewisser Jack Teixeira. Das FBI rückte gleich mit Panzerwagen an. In manchen Quellen heißt es, ihm drohe nun eine lebenslange Haftstrafe. Andere dagegen behaupten, ihm drohten nur bis zu 10 Jahre – für jedes einzelne der Dokumente, also insgesamt bis zu 3000 Jahre Knast. Die Amerikaner sind in solchen Dingen additiver Auffassung. Erste Bewährungsanhörung frühestens nach 2000 Jahren.
Irgendwo kam es heute, ich weiß gar nicht mehr, wo ich das aufgeschnappt habe, ich glaube, es kam im Radio, ich finde aber keine Quelle mehr dazu, dass das FBI ihn schon seit Tagen observiert habe. Dass also nicht die Presse den Fall aufgedeckt habe, sondern das FBI schon gewusst habe, wer da dahinter steckt, und den beobachtet habe. Vermutlich wollten die erst einmal sehen, ob der alleine tätig ist, oder ob der Komplizen hatte. Deshalb könnte es sein, dass die Presse das nicht aufgeklärt, sondern eher die Aufklärung gestört hat. Ich finde das etwas irritierend, dass das am Mittwoch groß in der Zeitung stand und das FBI ihn erst am Donnerstag am Haus seiner Eltern festgenommen hat. Da hätte man auch schneller drauf kommen können.
Es gibt allerdings Leute, die die ganze Nummer für einen Fake halten.
Man muss sich da immer die Frage stellen, ob das nicht alles inszeniert war und man den ausgesucht hat, weil der glaubwürdig den Spinner geben würde. Ich hatte mal vor vielen Jahren in einem Buch über die Enigma und die Geheimdienste im Zweiten Weltkrieg gelesen, dass die Briten zur Täuschung der Deutschen eine Leiche als britischen Offizier ausstaffiert und ihm – gefälschte – Schriftstücke in einer Aktentasche an die Hand gebunden und ihn ins Mittelmeer geworfen hatten, damit er an Land angespült wird und die Deutschen glauben, sie wären an geheime Dokumente gekommen, um sie in die Irre zu führen.
Ein Leser hatte den gleichen Gedanken und wies mich darauf hin, dass das „Operation Mincemeat“ hieß und dokumentiert ist. Sehr lesenswert, wieviel Aufwand die bis ins Detail getrieben haben, um die Deutschen zu täuschen, die ihrerseits erstaunliche Nachforschungen angestellt haben, bevor sie das geglaubt haben. Man hat sich extra eine Leiche passenden Alters eines an einer Lungenentzündung verstorbenen Landstreichers ohne Angehörige gesucht, damit der Flüssigkeit in der Lunge hat und glaubwürdig nach ertrunken aussieht, ihn besonders vorsichtig behandelt, damit der keine Hämatome oder Druckstellen bekommt, und mit Trockeneis gekühlt, damit er den richtigen Verwesungszustand hat. Und natürlich einen passenden Nachruf auf ihn nach dem fingierten Flugzeugabsturz in britischen Zeitungen veröffentlicht, und die Leiche natürlich, nachdem sie von Spanien gefunden und an die Briten zurückgegeben worden war, mit den zur Legende passenden militärischen Ehren bestattet. Auch die Aktentasche mit den Akten hat man den Briten zurückgegeben, aber die haben festgestellt – und per ULTRA, also dem Enigma-Abhörprogramm verifiziert – dass die Unterlagen alle vorsichtig geöffnet und sorgfältig wieder verschlossen worden waren, weil natürlich die Deutschen versucht hatten, den Briten vorzugaukeln, dass ihre Geheimnisse nicht kompromittiert worden seien, damit sie ihre Pläne nicht ändern.
Und weil ja gerade wieder Krieg ist, muss man auch damit rechnen, dass solche Maschen wieder zur Anwendung kommen. Nun kann man heutzutage schlecht gefälschen Leichen abwerfen, zumal auch keine Agenten mehr die Akten im an der Hand angeketteten Koffer herumtragen wie vor 80 Jahren.
Aber ein junger Aufschneider, der sich in Foren wichtig tut, wäre vielleicht das passende Analogon unserer Zeit.