Meine Stellungnahme zum Gesetz zu dem Dritten Medienänderungsstaatsvertrag
Der Thüringer Landtag hat auch meine Stellungnahme online gestellt. [Nachtrag]
Die Bundesländer beschließen gerade eine Änderung des Medienstaatsvertrages, die von jedem Landesparlament abgesegnet werden muss. Dazu führen die Parlamente Anhörungen durch. Der Thüringer Landtag hat dazu auch mich angehört, und ich habe meine Stellungnahme letzte Woche mit Einverständnis zur Veröffentlichung abgegeben.
Nun teilt mir der Landtag mit, das nach dem Thüringer Beteiligtentransparenzdokumentationsgesetz die Angaben zu den Angehörten und die Stellungnahmen derer, die einer Veröffentlichung zugestimmt haben, online gestellt wurden. Das ist hier.
Und weil sich ja auch für Blogger eine gewisse Transparenz gehört, teile ich das auch hier mit.
Wie sich vielleicht mancher Leser denken kann, der mich kennt, habe ich da doch den ein oder anderen Kritikpunkt gefunden und geäußert, auch wenn ich es für etwas seltsam halte (und als Rüge auch geäußert habe), dass da erst der Gesetzestext gemacht und zwischen den Ländern abgesprochen, dann von den Ministerpräsidenten unterschrieben wird, dann als Gesetzesvorlage mit dem Hinweis „alternativlos“ publiziert wird und erst dann, wenn eigentlich schon alles fertig und nicht mehr zu ändern ist, die formale Anhörung der Sachkundigen erfolgt. Man hat also eigentlich gar keinen Einfluss mehr, es sei denn, man zeigt so deutliche Mängel auf, dass man den ganzen Landtag dazu bewegen könnte, gegen das Gesetz zu stimmen. Man kann daran nichts mehr ändern. Entweder stimmen alle zu, oder das Gesetz ist im Ganzen hinfällig. Man kann nicht etwa sagen, dass man in § x etwas umformulieren oder einen Begriff in die Begriffsbestimmungen aufnehmen sollte. Es gibt nur die Möglichkeit, die Schwelle zu erreichen, ab der das ganze Gesetz abgelehnt wird, und die ist sehr hoch, weil ja sonst alles von vorne losgehen müsste. Das war etwas, was mich damals schon bei der Anhörung zur Beitragserhöhung in Sachsen gestört hat: Auch wenn man schwere Mängel aufzeigt, kommt man eigentlich schon zu spät, weil die Sache da eigentlich schon durch und zwischen den Bundesländern abgesprochen ist. Man hat ja dann gesehen, zu welchen Verwerfungen und Konflikten das führte, als dann doch ein Bundesland ausscherte. Anders gesagt: Die Anhörung ist nicht konstruktiv, sie ist ihrer Natur nach destruktiv. Man kann das Gesetz nicht verbessern, man kann nur noch erreichen (und auch das kaum), dass die Gesetzesänderung nicht angenommen wird.
Deshalb wäre es auch so wichtig, dass wir die Sachkunde bei den Parlamentariern und nicht erst bei den Angehörten haben. Ich halte das deshalb für ein großes Problem, dass in den Parlamenten immer mehr Studienabbrecher und Leute ohne Berufserfahrung sitzen, und man das dann alles auf die Angehörten auslagert. Das ist so ein ähnlicher Effekt wie bei den Ministerien, bei denen die hohen Posten mit Parteileuten besetzt sind, und die Arbeit dann an Unternehmensberatungen ausgelagert wird. Aber die kriegen immerhin einen Haufen Geld dafür. Hier bekommt man gar nichts außer der Gelegenheit, sich zu äußern. Was ich schon aus Prinzip tue, weil ich mir ja eklatant selbst widersprechen würde, wenn ich einerseits beklage, dass die Politik abgehoben und eingemauert ist und sich nicht mehr um Realität und Volkesmeinung kümmert, dann aber das Maul nicht aufmachen würde, wenn ich dann doch mal gefragt werde. Bedenke, worum Du bittest, es könnte Dir gelegentlich gewährt werden.
Ich bin in Sorge.
In Sorge deshalb, weil mir diese Gesetzesänderung, was ich auch zum Ausdruck gebracht habe, als qualitativ sehr unzureichend vorkommt. Das fällt mir schon bei der sprachlichen Ausdrucksweise auf, bei der nebulöse Begriffe geäußert, aber unklar und mehr- oder andersdeutig verwendet werden, hier etwa die „Nachhaltigkeit“.
Mir fällt ebenfalls auf, dass das nicht durchdacht und unlogisch ist, dass man sich auch über die Konsequenzen anscheinend keine Gedanken gemacht hat. Und das hängt zusammen mit dem dritten Problem, was mir aufgefallen ist: Den Gesetzgebern ist anscheinend nicht bewusst, dass sie selbst etwas zu tun, zu bauen, zu regeln, zu konstruieren haben. Da wird nicht mehr geregelt, da werden nur noch zeitgeistfromme Wünsche und Forderungen aufgestellt, die dann irgendwer anderes irgendwie zu erfüllen hat. Den Leuten ist nicht klar, dass das der Gesetzgeber selbst zu tun hat. Man merkt da sehr deutlich, dass die Parlamente inzwischen von Leuten bevölkert werden, die noch nie einen echten Beruf erlernt und ausgeführt haben, bei denen es mal passiert, dass sie eine Aufgabe bekommen und diese zu lösen haben. Das sitzen immer mehr Leute aus dem Parteienumfeld und auch dem feministischen Umfeld, die gar nichts anderes können als irgendwelche Gerechtigkeit und Integration und Diversität und Gleichheit von anderen zu fordern, ohne sich selbst darüber Gedanken zu machen, wie das gehen soll. Es sind eher Wunschzettel als Gesetze. Es kommt mir mitunter vor, als wären Leute zwar im Erwachsenenalter angekommen aber nicht erwachsen geworden, und hätten deshalb noch nicht gemerkt, dass sie nicht mehr die sind, die sich zu Weihnachten was wünschen dürfen, sondern es inzwischen ihre Aufgabe ist, einen Baum hinzustellen und die Geschenke darunterzulegen. Wir haben keine Gesetzgeber mehr, wir haben Super-Wünscher mit Spitzengehältern.
Das vierte Problem, was mir daran aufgefallen ist, dass man sich eigentlich nur darum kümmert,
- politische Wünsche wie Diversität und Klimaschutz
- Forderungen des Bundesverfassungsgerichts
in den Medienstaatsvertrag einzubauen, weil man halt muss, sich aber überhaupt nicht darum kümmert, ob der Medienstaatsvertrag überhaupt funktioniert, ob es damit Probleme gibt, ob der so anwendbar ist. Man schert sich nicht um Verfassungskonformität oder -widrigkeit, bis ein konkretes Urteil des Bundesverfassungsgerichts vorliegt. Man ist eigentlich nicht mehr in der Lage, sich selbst darum zu kümmern. Man schickt einfach irgendetwas los und wartet nur noch, ob das Bundesverfassungsgericht irgendwann irgendwas anmeckert – das ja nun selbst wieder von den Parteien übernommen wurde. Damit spielen die Grundrechte eigentlich gar keine Rolle mehr, und geben nur noch das rhetorische Arsenal und Alibi dafür ab, wenn das Bundesverfassungsgericht als der große Parteienrat daran etwas auszusetzen hat.
So gab es keine – explizite – Frage, welche Erfahrungen man mit dem Medienstaatsvertrag hat, welche Probleme man mit der Anwendung hat. Es gab aber über die Aufgabenstellung, sich zu den Änderungen zu äußern und dabei in deren Struktur und Reihenfolge zu bleiben, hinaus noch die ausdrückliche Erlaubnis, dabei eigene Schwerpunkte zu setzen, also durchaus noch zusätzlich zu sagen, was man zu sagen hat. Davon habe ich Gebrauch gemacht. Wahrscheinlich hätte ich meine Kritik noch ausführlicher dargelegt, aber mir ging dann etwas die Zeit aus, weil ich den Auftrag zu spät erhalten habe (er lag in Berlin in meinem Briefkasten, während ich auf Zypern war), mich dann noch etwas anderes in Beschlag genommen hat und dann noch die Verletzung am Finger dazwischenkam.
Ich bin mir allerdings bewusst, dass ich nicht weiß, wer den Text erarbeitet hat. Da das hier länderübergreifend passiert, bedeutet das eben nicht, dass Thüringen da selbst dran mitgeschrieben hat, sondern nur, dass es jetzt darüber beschließt. Ich habe also Kritik an einem Gesetzgeber, aber nicht an Thüringen, weil ich ja nicht weiß, wer es war.
Nachtrag:Wisst Ihr, was mir gerade noch auffällt?
Ich hatte die Stellungnahme in PDFLaTeX geschrieben und deshalb als sauberes PDF mit Links zum Anklicken im Inhaltsverzeichnis geschickt. Offenbar hat man es dazu ausgedruckt und wieder eingescannt, um es zu veröffentlichen.
Ich sehe zwar ein, dass es gute Gründe gibt, ein PDF nicht so herauszugeben, wie man es bekommt, weil da auch Javascript usw. drin sein könnte. Es ist aber auch kein großes Problem, ein PDF direkt auszurendern, also direkt in Graphiken zu wandeln und wieder zum PDF zu machen, damit das dann „sicher“ ist und scharf aussieht, nicht mit kleinen Punkten vom Papier übersät.