Tod durch TikTok
Herrje, ist das dämlich.
Neulich wurden in Hamburg zwei junge Frauen, 18 Jahre alt, Zwillinge, vom Zug überfahren. Eine tot, die andere schwer verletzt. Die ungeklärte Frage war, wie die da eigentlich auf die Bahngleise gekommen waren, weil man da eigentlich nicht hinkommen sollte. Was wollten die da?
Die MoPo berichtet (oder besser gesagt, schreibt aus dem Abendblatt ab), dass die Überlebende der beiden inzwischen befragt werden konnte und erklärt hat, wie es dazu kam.
Demzufolge wollte das Duo für das soziale Netzwerk Tiktok einen Spot auf den Gleisen drehen. Dabei wollten sie sich wohl im letzten Moment durch einen Notausstieg in Sicherheit bringen.
Doch genau dort habe ein großer Hund gestanden, sagte der Teenager der Zeitung weiter. „Er knurrte und fletschte die Zähne.“ Einen anderen Fluchtweg habe es nicht gegeben und in dem Moment sei die Regionalbahn in hohem Tempo gekommen. Ihre Schwester habe noch „Vorsicht, da kommt ein Zug!“ gerufen.
Die Überlebende warnte in dem Interview eindringlich davor, die Bahngleise für solche Aktionen zu betreten. „Die Leute wissen nicht, wie gefährlich das ist, (…) wie schlimm das enden kann.“ Sie appellierte deshalb deutlich: „Begebt euch nicht in Gefahr! Zug-Surfen ist unglaublich gefährlich! Ebenso ist es lebensgefährlich, euch in die Gleise zu begeben. Fangt damit gar nicht erst an!“
Irgendwie verstehe ich das alles nicht. Wir hatten damals kein Internet, kein Youtube, kein Google, kein Wikipedia, eigentlich nur ein paar Bücher. Aber uns war das irgendwie einfach klar, dass man sich nicht auf Zuggleisen herumtreibt, weil das gefährlich ist. Das war auch Teil der Erziehung, dass es da schon zu Todesfällen kam. Wir wussten, dass man nicht auf Gleisen gehen soll, weil man dabei nur in eine Richtung sieht und es zu spät merkt, wenn der Zug von hinten kommt. Und wir wussten damals, dass man das Märchen, dass man das hören könnte, ob ein Zug kommt, wenn man das Ohr auf ein Gleis legt, tunlichst nicht ausprobieren sollte, weil der Zug das letzte sei, was man hört.
Ich verstehe das nicht, warum junge Leute heute so eine seltsame Affinität zu Bahnanlagen haben und alle Weil’ einer runterfällt, überfahren wird, obendrauf mit dem Kopf gegen eine Brücke knallt oder im Lichtbogen gebraten wird. Haben die das Allgemeinwissen nicht?
Irgendwo stand mal was von einem sehr seltsamen Todesfall, bei dem man erst rekonstruieren musste, wie einer zershreddert wurde. Der war allein im letzten Abteil, hat da randaliert und die Fenster ein-, oder besser rausgetreten, und bei einem der Fenster kam genau dann, als der Fuß draußen war, ein Signalpfosten, an dem er hängen blieb, aus dem Zug gerissen wurde und dann irgendwo dagegenknallte, ich glaube, gegen einen entgegenkommenden Zug.
Warum üben Züge so eine seltsame Anziehungskraft aus?
Und warum machen die Leute für TikTok jeden Blödsinn?