Er hat keinen Bock mehr und schmeißt hin
Da geht es Serdar Somuncu wohl so wie mir.
Die WELT hat einen Artikel über den Kabarettisten Serdar Somuncu, der so rundum die Schnauze voll hat: „Ich habe keinen Bock mehr“
Und es liest sich, als ginge es dem genau wie mir.
Über kaum einen Kabarettisten empörte sich die mediale Öffentlichkeit mehr als über Serdar Somuncu. Nun nimmt er desillusioniert Abschied von der Bühne: „Manchmal habe ich den Eindruck, wir leben in einer Gesellschaft, die sich ständig gegenseitig ausspioniert und denunziert.“
Ja, aber, genau so ist es doch. Nur so waren Drittes Reich, DDR und Genderismus möglich.
Mittlerweile zieht der 54-Jährige mit seinen Äußerungen – etwa zu Corona und dem Ukrainekrieg – eher den Zorn des linksliberalen Bürgertums auf sich.
Nach mehr als drei Jahrzehnten verabschiedet Somuncu sich mit einer Abschiedstournee im Herbst von der Bühne, sie heißt „Das Vierte Reich“.
[…]
WELT: Nach 35 Jahren auf der Bühne gehen Sie im Herbst auf Abschiedstournee. Warum – und warum jetzt?
Serdar Somuncu: Ich habe – einfach gesagt – keinen Bock mehr. Ich habe genug Geld verdient und alles erlebt. Es gibt keinen Reiz mehr, kein Risiko, das ich noch eingehen könnte – und eigentlich auch kein Ziel mehr.
Abgesehen von dem Detail, dass ich noch nicht genug Geld verdient habe, um mich zurückzuziehen, die gleiche Situation wie bei mir.
WELT: Das klingt resigniert.
Somuncu: Es sind die Umstände, die mich nerven. Ich habe keine Lust mehr, auf eine Bühne zu gehen, während im Publikum Leute sitzen, die alles mitschreiben und sofort auf einer Scheiß-Social-Plattform posten, wenn sie Erregungspotenzial erkennen. Danach habe ich dann fünf Wochen Ärger – nur weil ich genau den Job gemacht habe, den ich seit Jahrzehnten mache.
Ja.
In meiner Jugend gab es den Spruch: Wir sind die, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben.
Heute müsste man sagen: Die Linken sind die, vor denen uns die Linken so gerne gewarnt haben. Nämlich die Faschisten. Was übrigens ganz gut dazu passt, dass ich irgendwo noch eine Leserzuschrift habe, die sich um die Beoachtung dreht, dass Linke und damit unsere heute Gesellschaft überhaupt keinen Humor mehr hat. Was ich wiederum als intellektuelles Defizit einstufe, denn Humor braucht Intelligenz, und die heutige Gesellschaft ist so strunzedumm, wie es eben erforderlich ist, um links zu sein. Vor allem aber ist das eine Folge, ein Symptom einer feministischen Gesellschaft. Denn die feministische Gesellschaft hat keinen Humor, nur die unerbittliche Überwachung und Denuntiation.
WELT: Seit Jahrzehnten stehen sie allerdings auch immer mal wieder in der Kritik. Das kann für Sie doch keine neue Erfahrung sein.
Somuncu: Doch. Auseinandersetzungen, die man früher sinnbildlich auf dem Schulhof geklärt hat, trägt man jetzt in aller Öffentlichkeit aus. Das ist neu. Und das hat dazu geführt, dass die Sitten verroht sind und dass Grenzüberschreitungen mittlerweile als legitimes Mittel zum Zweck gelten, die eigenen Anliegen durchzusetzen. Die Vorwürfe werden mit einem passenden Wort belegt, um Leute auf die eigene Seite zu ziehen, die sich für engagiert halten, aber auch nur auf Reizworte reagieren.
WELT: Wie zeigt sich diese Sittenverrohung?
Somuncu: Es gibt Gestalten, die das narzisstische Spiel mit der Empörung geschickt ausnutzen, weil sie meinen, zu einer Minderheit zu gehören. Auf Twitter gibt es besonders viele, die sind dann entweder schwarz oder schwul oder beides. Und es gibt auch einen Haufen von Mitläufern, also geltungssüchtige Menschen, die sich dann daran hängen und denken, sie wären mehr wert, wenn sie laut sind und sich virtuell aufregen. Aber für mich ist es kein Qualitätsmerkmal, laut zu sein – auch wenn man mir das immer unterstellt hat. Für mich ist es eher ein Qualitätsmerkmal, nachdenklich zu bleiben.
Gut beobachtet und beschrieben.
Abstraktion
Da ist es wieder, mein Dauerthema:
WELT: Glauben Sie wirklich, dass das Publikum nicht mehr abstrahieren kann, etwa zwischen Ihrer provokanten Bühnenfigur und Serdar Somuncu als Person, der, wie Sie sagen, zu Hause unter der Dusche nicht „Heil Hitler“ oder „Fotze“ ruft?
Somuncu: Im Theater ist diese Unterscheidung teilweise noch möglich. Man geht ja durch einen Eingang in einen Raum, der sich Theater nennt. Und da weiß man eigentlich, dass der Künstler, der auf der Bühne steht, nicht er selbst ist, sondern eine Fiktion. Im Internet ist das ein bisschen schwieriger zu unterscheiden. Facebook, Twitter und Instagram sind aber auch Bühnen.
[…]
Somuncu: Das Publikum in den Live-Vorstellungen ist anders als das Publikum im Internet. Meine Zuschauer kennen mich ja und wollen mich sehen – dafür zahlen sie Geld. Im Internet kann man sich aber alles unverbindlich angucken. Und da gibt es Leute, die gar keinen Bock auf mich haben und die nur einen Anlass suchen, um mich irgendwie dumm anzumachen oder irgendeines Fehltritts zu beschuldigen. Und dieses ungebetene zweite Publikum, nennen wir es die „Gesellschaft“, ist asozialer geworden. Manchmal habe ich den Eindruck, wir leben in einer Gesellschaft, die sich ständig gegenseitig ausspioniert und denunziert. Und so landen dann irgendwelche Behauptungen über mich im Internet, die entsprechende Leute dann verbreiten.
Ja. Darauf beruht das ganze Linkstum. Krankhaft übersteigertes Rudelverhalten, indem es nur noch darum geht, „Feinde“ vom anderen Rudel zu identifizieren, indem man immer striktere und absurdere, sich auch ständig ändernde Regeln aufstell und schaut, wer sich nicht penibel danach richtet. Ich halte unsere Gesellschaft für psychisch krank. Und ich habe in vielen Blogartikeln erklärt, wie und warum. Das, was Somuncu hier sagt, scheint genau die symptomatische Beschreibung dessen zu sein. Man spitzt die Regeln immer mehr zu, dreht die Konformitätsanforderungen immer höher, um ständig und immer wieder Leute als Nonkonformisten beschuldigen zu können. Ich halte dieses ganze linksfeministische Lager für psychisch krank, und ich habe jahrelang beobachtet, analysiert und beschrieben, wie sie sich selbst krank machen.
Somuncu: […] Denn dann kommt eben der nächste Einschüchterungsversuch.
WELT: Wie sieht der aus?
Somuncu: Man markiert bei Twitter den Arbeitgeber, in meinem Fall Radio Eins. Und fragt: „Was meint ihr denn dazu?“ Und der Arbeitgeber reagiert natürlich nach seinen Befindlichkeiten. Vor allem, wenn die Intendantin des Ladens Geld veruntreut hat.
WELT: Aber das hat doch zunächst wenig mit einzelnen Programminhalten zu tun?
Somuncu: Aber der RBB steht deshalb enorm unter Druck. Dann ruft die Redaktion dich nach jeder kleinen Kontroverse sofort an und sagt: „Alter, wir haben hier die Scheiße am Dampfen, du musst dich sofort entschuldigen.“ Du fragst: „Wofür, ich habe mich doch erklärt.“ Alles nur, weil irgendjemand eine Äußerung von mir falsch verstanden hat. Und den Leuten reicht es heute nicht mehr, dass du erklärst: „So war das nicht gemeint. Hast du den Kontext verstanden, in dem die Worte gefallen sind?“ Nein, die sagen: „Fuck den Kontext, wir wissen, dass du ein Nazi bist.“ Und am Ende stehst du da und sagst „Ey, ich hab‘ keinen Bock mehr.“ Und so ist es bei mir gerade.
Immer dasselbe Spiel. Und so war es bei mir auch. Die versuchen, sozialen Druck aufzubauen und Leute zu ruinieren, die nicht exakt konform sind. Und irgendwann hat man dann einfach keinen Bock mehr, seine Energie und seine Lebenszeit an diese Gesellschaft zu verschwenden.
WELT: Sie sprechen häufig über den Ukrainekrieg, kritisieren Waffenlieferungen und die lange vorherrschende Diskursverengung bei den Corona-Maßnahmen. Warum hören Sie in einem zeithistorisch so interessanten Moment auf?
Somuncu: Ich habe mir einfach abgeschminkt zu hoffen, dass es einen höheren Auftrag gibt, den wir auf der Bühne gemeinsam erfüllen können. Auch wenn wir in einer Situation sind, in der es wirklich an guter Satire mangelt. Noch nie war Satire so angepasst, so brav und so regierungskonform. Wir haben eine Scheißregierung, die macht, was sie will. Eine Außenministerin, die sich durch die Weltgeschichte stottert und überall Porzellan zerbricht.
Und keiner schafft es, eine dezidierte Kritik zu äußern. Oder zu sagen: Nicht alle, die die Ukraine-Politik der Bundesregierung kritisieren, sind Rechte oder der AfD nah, sondern es gibt einen Großteil in dieser Bevölkerung, der das, was sie gerade macht, nicht gut, sogar gefährlich findet. Ich würde die Grünen heute nicht wählen, jetzt, da ich weiß, wie schnell sie ihre vermeintlichen Werte über Bord werfen. Die erzählen einem etwas darüber, dass keine Waffen in Krisengebiete geliefert werden sollen, und am Tag darauf sind sie die größten Einpeitscher, denen es nicht schnell genug gehen kann.
Ja. Aber dann ist es eben auch keine Satire mehr, sondern Propaganda. Weil die Richtung die falsche ist. Satire ist die Schussrichtung aus dem Volk oder der Opposition gegen die Regierung. Was wir erleben, ist aber das Gegenteil, nämlich das Schießen der Regierung oder aus der Regierungs-/Grünenposition egen Opposition und Bevölkerung. Da ist dann Satire das falsche Wort. Das ist Propaganda.
WELT: Wird die Satire inzwischen von einer immer irreren Wirklichkeit überholt?
Somuncu: Unsere Gesellschaft bringt wahnsinnige Pathologien hervor. Leute, die sich auf die Straße kleben, weil sie glauben, dass morgen die Welt untergeht, haben ein großes Potenzial an Hysterie, das sie treibt. Das sind Formen von Wahn, die dem Wahnsinnigen oft nicht bewusst sind, weil er sie für Realität hält. Doch der kollektive Wahn, in dem wir uns befinden, entfremdet uns nicht nur von der Realität, sondern ist mit ihr verwoben, er ist ein Teil von ihr. Diese große Sehnsucht, sich einer imaginären Gruppe von Gleichgesinnten zuzuordnen, führt zu einer unberechenbaren Dynamik. Man weiß nicht, woher das kommt oder wohin es noch führt. Das Einzige, was man machen kann, ist, sich nicht zuzuordnen und im eigenen Denken offenzubleiben.
Dass die Satire mit der Realität nicht mehr mithalten kann, sage ich schon lange.
Und auch das, was er dann da beschreibt, ist eigentlich wieder die Symptomatik einer ins Krankhafte übersteigerten Rudelmechanik.
Somuncu befindet sich nicht nur in einer sehr ähnlichen Situation wie ich, er beobachtet und beschreibt auch die Symptome eben der Vorgänge, die ich hier im Blog seit Jahren bearbeite.