Thema verfehlt

Sechs, setzen.

Normalerweise ist es ein typischer Fehler des Prüflings, in seiner Antwort die Frage zu verfehlen und einen Aufsatz über etwas anderes zu schreiben, als gefragt wurde. Das ist dann normalerweise „Thema verfehlt“ und führt zu durchgefallen. Ist mir mal in einer der mittleren Schulklassen beim Aufsatz passiert. Obwohl ich es eigentlich sehr passend fand, zu erzählen, was ich an einem Tag gemacht hatte, aber der Lehrer fand, ich hätte mich mit den sachlichen Vorgängen beschäftigt, während Drama gefragt war. Das hätte ich aber so gut geschrieben, dass er es interessant fand und gern gelesen habe, eigentlich der beste, nur nicht das, was verlangt war, für ich dann noch eine mittlere Note bekommen hatte, weiß nicht mehr, ich glaube eine Drei, mit dem Hinweis, dass es eigentlich eine Fünf oder Sechs hätte werden müssen, aber bei anderer Aufgabenstellung eine Eins geworden wäre. Seitdem ist mir die Wertung „Thema verfehlt“ für immer im Gedächtnis geblieben. Es war lehrsamer, als wenn er mir eine gute Note gegeben hätte. Die nämlich wäre völlig bedeutungslos gewesen und ich hätte sie längst vergessen.

Ein Leser schickt mir gerade den Link auf die Abi-Prüfungen in Bayern in Geschichte im Jahr 2023.

Und beim Lesen ging mir bei jeder Frage „Thema verfehlt“ durch den Kopf. Nicht bei der Antwort, sondern bei der Aufgabe.

Wenn ich das lese, dann

• gehören die Aufgaben nicht in das Fach Geschichte, sondern Politologie,
• haben die durchweg einen starken Linksdrall und sind ausnahmslos auf irgendwas zwischen Marxismus, SPD und Antifaschismus geeicht.

Vor allem stört mich daran, dass man da „diskutieren“ oder „stellen Sie Möglichkeiten dar“ gefragt wird, was nicht auf eine Wissens-, sondern eine Gesinnungsprüfung hinausläuft. Es wird da eigentlich nicht geprüft, ob man Geschichte verstanden hat, sondern ob man politisch korrekt schwafeln kann. Dafür bekommt man dann die Note und über den Numerus Clausus den Studienplatz, damit die wichtigen Studienfächer nur von Politisch Korrekten besetzt werden.

Dabei ist das Ausgangsmaterial gar nicht mal schlecht. Beispielsweise die als M1 bezeichnete, angefügte, aber auf der Webseite unlesbar runterskalierte Karikatur von Karl Arnold aus dem Simplicissimus von 1931, die ich hier in besserer Auflösung gefunden habe.

2.1 Analysieren und interpretieren Sie die Karikatur (M 1)!

2.2 Diskutieren Sie, inwieweit sich die Karikatur (M 1) als zentrale Quelle für die Ausstellung eignet.

Daraus hätte man was machen können, weil sie zeigt, dass nicht etwa nur die Nazis die Bösen und die Kommunisten die Guten waren, wie man das heute darstellt, sondern die letztlich aus demselben Holz geschnitzt waren und in Konkurrenz zueinander standen, und alle drei, Nazis, Kommunisten und Monarchisten zusammen die Demokratie zerstört haben, und nicht diskutieren, sondern mit Gewalt handeln wollten.

Es wird aber nicht gefragt, was passiert ist.

Es wird gefragt, was man davon hält und wie man es verwenden würde.

Und dann ist es eben keine Wissens- oder Geschichtsprüfung, sondern nur eine Gesinnungsprüfung.

Thema verfehlt.