Jeremiah und die Preisauszeichnung für das grüne Perpetuum Mobile
Den Zeitgeistspinnern kann man wirklich alles auftischen. [Update]
Alexander Wendt berichtet bei Tichys Einblick über den Grünen Hauptmann von Köpenick: Das Greentech-Festival in Berlin zeichnete den Erfinder Jeremiah Thoronka für seine Grünstrom-Geräte in Sierra Leone aus.
Update: Bei Tichys Einblick war es eine Textübernahme, das Original erschien bei Publico.
Fragen beantwortet weder er noch die Festival-Jury. Der junge Mann trat zwar schon bei der UNESCO und im Vatikan auf, aber niemand in der Fachwelt kennt seine angeblich bahnbrechende Innovation.
Worum geht es?
Jeremiah Thoronka (23) soll ein revolutionäres System zur Energieerzeugung erfunden haben. Revolutionär deshalb, weil es Energie liefern, aber keine benötigen soll. Perpetuum Mobile und so. Und deshalb hat er auf dem Greentech-Festival einen Green Award bekommen:
Jeremiah Thoronka. Jeremiah war 17, als er ein spezielles Gerät erfand, das die Vibrationen von Fußgängern und Verkehr an belebten Straßen auffängt und in
Elektrizität umwandelt. Mit nur zwei Geräten versorgt sein Start-up Optim Energy mittlerweile mehrere Schulen und Haushalte in Gemeinden in seinem Heimatland
Sierra Leone kostenlos mit Strom.Sebastian Tripp, Geschäftsführer der PANDA Fördergesellschaft für Umwelt des WWF Deutschland und Juror der GREEN AWARDS 2023 ist begeistert von Jeremiahs Energie und Einsatz für sein Land. „Er hat es geschafft, eine saubere und zuverlässige Energiequelle zu entwickeln – und das in einem so jungen Alter. Das ist wirklich herausragend.”
Der Mann ist Sportwissenschaftler. Also nicht Jeremiah, sondern der Laudator. Wer wäre besser geeignet, um Energiequellen zu beurteilen.
Ein Physiker hätte eher gesagt, dass es „Energiequellen“ in diesem Sinne eigentlich nicht gibt, nur Energieumwandlung.
Was macht der? Angeblich hat er in belebte Straßen Piezo-Platten eingebaut, die dann von den vielen Autos und Fußgängern, die darüber fahren und gehen, Energie erzeugt. Wendt:
Auf der Webseite von „The Index Project“, die ein Video über Thoronka enthält, gibt es eine etwas genauere Angabe: „Mit nur zwei Anlagen liefert diese Start-up-Lösung kostenlose Elektrizität für 150 Haushalte mit 1500 Bürgern, wie auch für 15 Schulen, die mehr als 9000 Schüler besuchen.“ („With just two devices, this start-up solution provided free electricity to 150 households comprising around 1,500 citizens, as well as 15 schools where more than 9,000 students attend.“) In dem Video erzählt Thoronka von seiner Herkunft aus einer armen Familie, spricht über den Energiemangel in Sierra Leone und sagt Sätze wie: „Zugang zu Energie ist ein Menschenrecht“. Über irgendwelche Details seiner beiden Stromerzeugungsanlagen verliert er kein Wort.
Hier beginnen die Fragen und Probleme, die allerdings nicht so sehr Thoronka selbst betreffen, sondern die Organisatoren des Festivals in Berlin, speziell seine Juroren. Und darüber hinaus auch alle anderen, die den Mann aus Sierra Leone innerhalb weniger Jahre zu einer Berühmtheit machten. Denn bei einem „speziellen Gerät, das Vibrationen auffängt und in Elektrizität umwandelt“, wie es auf der Greentech-Seite heißt, handelt es sich um eine piezoelektrische Konstruktion. Die Piezoelektrik, auch Piezoeffekt genannt, ist seit über 140 Jahren bekannt. Im Jahr 1880 entdeckten die Brüder Jacques und Pierre Curie, dass bestimmte Kristalle elektrische Ladungen erzeugen, wenn man sie komprimiert, also zusammendrückt.
Das ist der Punkt.
Man kann Energie nicht einfach aus dem Nichts melken wie Habeck mit Windrädern. Es gibt kein Ding, aus dem Energie rauskommt, ohne dass man auch genausoviel Energie reintut. Und wenn es durch die Umwandlung von Masse in Energie nach der berühmten Einsteinformel E=mc2 läuft.
Damit ist es – theoretisch und ganz winzig praktisch – möglich, mit solchen Piezoelementen Strom aus Bewegung zu erzeugen, wenn jemand darüber läuft. Es geht schon.
Die Sache hat zwei, drei Haken.
Jeder kennt die Piezodinger vom Gasgrill oder Feuerzeug, Drücken und es kommt ein Funke. Die Dinger können hohe Spannungen, aber fast keinen Strom liefern. Weil so ein Ding nämlich nicht mehr elektrische Energie rausspuckt, als man an mechanischer Energie durch Drücken reingesteckt hat. Bewegungsenergie, man nennt es den sogenannten „Kraftstoß“, ist das Produkt aus Kraft und Weg. Oder mathematisch exakter, das Integral der Kraft über die Wegstrecke, weil die Kraft ja nicht konstant sein muss und hier auch nicht ist. Deshalb kann man mit einem Piezoelement nicht viel mechanische Energie in elektrische Umwandeln, denn das sind Kristalle, und Kristalle lassen sich selten drücken wie ein Gummiball. Wenn man am Grillanzünder die Taste tief drückt, ist das meist so ein Schnappmechanismus mit Feder, die man erst spannt und die dann auf den Kristall knallt. Es reicht für einen Funken, aber es hat fast keine Energie. Schon mal eine gewischt bekommen, weil Ihr ein Piezoelement gedrückt und in der Hand gehalten habt? Ihr springt im Dreieck, aber es ist nicht gefährlich. Ich habe so ein Ding, das angeblich gegen Insektenstiche helfen soll, weil die Spannung angeblich Stoffe im injizierten Gift zersetzen soll.
Die Piezoelemente können also keinesfalls mehr Energie liefern, als durch die Walkarbeit durch Autos oder Fußgänger aufgewendet wird. Unmöglich die angegebenen Leistungswerte mit solchen Piezodingern auf einer Straße zu erzeugen.
Der Knackpunkt ist aber: Das Ding könnte überhaupt nur Energie liefern, wenn die Autos den Boden eindrücken (Kraft mal Weg). Kraft kann man auch ohne Bewegung übertragen, aber Energie braucht ein Stück Bewegung. Kraft mal Weg eben. Die Straße müsste einsinken, nachgeben. Und damit würde der Rollwiderstand steigen: Der Motor muss mehr leisten, braucht mehr Benzin.
Die Energie kommt also nicht, wie Grüne sich das immer wünschen, durch geniale Erfindung aus dem Nichts, sondern fehlt woanders. Die Autos verbrauchen dadurch mehr Benzin. Und obwohl die Klima-Heinis das für klimaschädlich halten, zeichnen sie solchen Unfug aus, weil sie es nicht kapieren. Weil Leute sich anmaßen, die Welt retten zu wollen, die das mit der Energie überhaupt nicht verstanden haben. Eine Dummenversammlung.
Dazu nämlich kommt, dass das alles absurd teuer und schlecht wäre, es hätte einen hundsmiserablen Wirkungsgrad, weil die Hauptenergie darin bleibt, die Straße durchzukneten und kaputtzumachen. Der Hauptteil der Energie würde dafür vergeudet, die Straße zu erwärmen und zerbröseln. Und die Piezos halten ja auch nicht lange.
Es wäre also weitaus spritsparender, effektiver, effizienter, besser, den ganzen Blödsinn bleiben zu lassen, und anstatt mit diesem Hokus Pokus die Autos zu mehr Benzinverbrauch zu bringen, alles zu lassen, wie es ist, und einen gewöhnlichen kraftstoffgetriebenen Stromgenerator hinzustellen, der ist nämlich für so etwas gebaut und hat einen viel, viel besseren Wirkungsgrad, geht nicht so schnell kaputt, und ist nicht darauf angewiesen, dass Autos vorbeifahren.
Oder anders gesagt: Da ist Schwindel. Schnapsidee. Offenkundiger Quatsch, wenn man ein Mindestmaß an physikalischem Verständnis der Sorte Weißer Mann in der Duftnote Mansplaining hat.
Zudem wäre die Straße unbrauchbar, weil ständig kaputt. Piezos und Belag halten das ja nicht lange.
Eine völlig bekloppte Idee.
Es gab ja neulich schon mal so einen, der meinte, er hat einen Fernseher erfunden, der Energie nicht braucht, sondern liefert. War ja auch Quatsch.
Aber den grünen Zeitgeistspinnern kann man wirklich jeden Quatsch auftischen, wenn
- es Energie irgendwie gratis oder aus dem Nichts liefern soll,
- wenn es von irgendwem anderem als weißen Männern kommt und dann auch noch so aussieht, als könnten irgendwelche Diverse etwas, was der Weiße nicht kann, worauf man ja sowieso immer gewartet hat,
- es darauf hinausläuft, dass man die Welt des Weißen Mannes mit Kohle- und Kernkraftwerken in Wirklichkeit gar nicht braucht, und die Unterdrückten in der Lage sind, saubere, klimafreundliche, kostenlose Energie aus dem Nichts zu zaubern,
weil sie genau das für ihr Weltbild brauchen. Wenn es passt, kann man ihnen jeden Blödsinn andrehen.
Und diese Physik- und Energiestümper bilden sich ein, als Einzige Bescheid zu wissen, wie die Energiepolitik für Deutschland und die Welt auszusehen hat.
Aber selbst wenn man das alles glaubt und keine Ahnung von Physik hat, bleibt immer noch: Sie machen die Stromversorgung vom Autoverkehr abhängig und schaffen dann die Autos ab.