Ansichten eines Informatikers

Der Laplacesche Dämon

Hadmut
26.6.2023 23:05

Ich habe nachgedacht.

Vorgestern hatte ich über Marx und Laplace geschrieben, und dass mir ein Leser geschrieben hatte, dass Karl Marx’ Ansichten auf Laplace beruhten, Laplace aber nun einmal seit 100 Jahren widerlegt sei. Und dass es mir nicht auf Anhieb einleuchtet.

Ich habe 2 Tage darüber nachgedacht.

Mir ging die Frage durch den Kopf, wie das mit der Denkweise der Marxisten zusammenpasst, denn ich hatte ja geschrieben, dass sich meines Wissens Marx an Hegel orientiert hat, diesem Idealismus, wonach Idee, Natur und Geist eines seien. Was ich für blödes Geschwätz halte, aber den Geisteswissenschaftlern gefällt es.

Der Laplacesche Dämon geht von einer vollständig durchdeterminierten Welt aus, die nicht nur völlig vorherbestimmt ist, sondern auch von einem Geist eines gewissen Maschinenmodells (ich drücke das jetzt mal in Informatikersprech aus) simuliert und berechnet werden kann. Was mit Informatikerwissen leicht zu widerlegen ist, denn könnte der Geist die Welt simulieren, müsste er selbst – wir haben nur diese Welt und keine Meta-Welt – selbst Teil der simulierten Welt sein, sich als selbst zuzüglich der umgebenden Welt simulieren können, und dafür gibt es die klassischen Gegenbeweise wie die Diagonalisierung.

Aber übergehen wir mal die Frage nach der Möglichkeit und unterstellen, dass die das glaubten. Um zu klären, was jemand aufgrund seines Glaubens tun würde, setzt ja nicht voraus, dass der Glaube stimmt. Es muss ja nicht richtig, sondern nur folgerichtig sein.

Könnte es sein, dass die Marxisten an beides glauben? Also dieses Geist-schafft-Welt-Ding und die Determiniertheit?

Es würde viel erklären. Auch dieses ganze Sprechakttherie-Gehampel. Diese ganzen Sprachvorschriften. Dann nämlich würden sie in der Konsequenz glauben, dass Sprache über den Geist und das Denken die Realität erschafft, und Sprachvorschriften und -verbote zwingend, weil deterministisch, zu der gewünschten Welt führen würde. Ich hatte oft geschrieben, dass Linke aus irgendeinem Grund glauben, dass sich zwingend eine Art natürlichen Paradieses einstelle, wenn wir nur alle ein Marx-frommes Leben führen. Ist es etwa so, dass sie glauben, dass schon allein die Sprachvorschriften über deterministische Kettenreaktionen zwangsläufig zum Paradies führen?

Es würde mich in gewisser Weise an den Islam erinnern, wo man glaubt, dass ein hinreichend frommes Verhalten im Diesseits einen Platz im anschließenden Paradies sichert. Ist der Nazi für Linke was der Kuffar für Muslime? Der Ungläubige?

Hassen Linke deshalb Nazis, weil die die Sprech-Homogenität stören und damit die deterministische Folge des Paradieses verhindern?

Ein Leser schickte mir einen Link auf einen Telegram-Artikel von Henning Rosenbusch, wonach die bundesweite Mobilisierungskampagne gegen die AfD nicht zu weniger Stimmeng für die AfD geführt hat, sondern sie deutlich mehr hat.

Das kampagnenhafte „Nazi“-Geplärre scheint sich nicht mehr zu verfangen. Und auch die verprellten Anhänger bekam man nicht an die Urne, damit sie „verhindern“.

Aber beschimpft die Menschen ruhig weiter…

Könnte es sein, dass da gerade deshalb Hektik ausbricht, weil die Determiniertheit, an die man glaubt, nicht eintritt und nicht die erwarteten Resultate folgen?