71.400 Euro für COVID-Impfwerbung – unlauterer Wettbewerb?
Ich hätte da mal eine Frage.
Ein Leser schickt mir einen Link auf dieses Video, wonach Promis für Impfwerbung Geld erhalten haben, etwa Eckart von Hirschhausen soll 71.400 Euro dafür bekommen haben.
Das lässt sich auch ergoogeln, etwa beim Pleiteticker oder in der Ärztezeitung (Hirschhausen, Glas und Carpendale).
Eine Frage wäre, ob Hirschhausen dafür überhaupt werben durfte. Ärzte sind nämlich darin beschränkt, wie und wofür sie werben dürfen.
Ich will aber auf etwas anderes hinaus:
- Eine Influencerin wurde vom Landgericht Koblenz verdonnert, weil sie – entgegen einer Unterlassungserklärung – auf ihrem Instagram-Account Produktwerbung machte, ohne diese als Werbung zu kennzeichnen.
- Auch der BGH hat im Falle dreier Influencerinnen entschieden.
Es gibt auch noch weitere Entscheidungen, die mir jetzt nicht alle auf Anhieb einfallen.
Tenor ist immer: Es muss nicht jeder Hinweis auf eine Firma oder Produkt als Werbung gekennzeichnet sein. Man kann auch einfach so sagen, warum man Produkt X gut und empfehlenswert findet. Wenn man aber in einer Geschäftsbeziehung steht oder Gegenleistungen bekommt, dann muss man das auch als Werbung kennzeichnen, sonst ist es rechtswidrig.
Sonst ist das unlauterer Wettbewerb. Und es sind normalerweise Wettbewerbsvereine, Verbraucherzentralen und sowas, die da abmahnen.
Die Frage ist also: War es rechtswidrig, dass Eckart von Hirschhausen & Co. gegen Geld für die Impfung geworben haben, es aber nicht als Werbung gekennzeichnet haben?
Das weiß ich ad hoc nicht. Einerseits dürfte die Bundesregierung als Auftraggeber vielleicht nicht in einem Wettbeweerbsverhältnis stehen. Da aber die Influencerinnen und nicht die Beworbenen abgemahnt wurden, kommt es vielleicht eher auf den Wettbewerb der Influencer selbst an. Das müsste man sich mal genauer überlegen und überprüfen.
Jedenfalls verletzt es mein Empfinden für doppelte Maßstäbe zutiefst, wenn man einerseits Influencerinnen abmahnt und abstraft, wenn sie bei irgendeiner dämlichen Lippenstiftwerbung nicht „Werbung“ dranschreiben, die Bundesregierung Promis aber solche Summen zahlt, und die das dann nicht als bezahlte Werbung kennzeichnen.
Und weil das ja in Mode zu kommen scheint, dass die Politik irgendwelche Promis für Schleichpropaganda bezahlt, und man das ja hier auch geheim halten wollte, wäre das durchaus zu klären, ob von Hirschhausen hier nicht mit „Werbung“-Einblendung hätte auftreten müssen.
Nachtrag: Aus dem Beck-Text zur BGH-Entscheidung:
Im Fall Huss sei der Instagram-Beitrag sei eine bezahlte geschäftliche Handlung der Beklagten zu ihren Gunsten, aber auch zugunsten des fremden Unternehmens im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Da der Beitrag ist nicht hinreichend deutlich als Werbung gekennzeichnet sei, sei das beantragte Verbot gerechtfertigt. Influencer, die mittels eines sozialen Mediums wie Instagram Waren vertrieben, Dienstleistungen anböten oder das eigene Image vermarkteten, betrieben ein Unternehmen. Die Veröffentlichung von Beiträgen dieser Influencer in dem sozialen Medium sei geeignet, ihre Bekanntheit und ihren Werbewert zu steigern und damit ihr eigenes Unternehmen zu fördern. Eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens stelle die Veröffentlichung eines Beitrags – abgesehen von dem hier vorliegenden Fall, dass die Influencerin dafür eine Gegenleistung erhalte – allerdings nur dar, wenn dieser Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich sei, etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebe, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlasse.
[…]
Der die “Raspberry Jam” betreffende Beitrag, für den die Beklagte eine Gegenleistung des Herstellers erhalten habe, verstoße gegen § 5a Abs. 6 UWG, weil der kommerzielle Zweck dieses Beitrags, den Absatz von Produkten dieses Herstellers zu fördern, nach den nicht hinreichend kenntlich gemacht worden sei und sich auch nicht aus den Umständen ergebe. Insoweit komme es nicht darauf an, ob die Verbraucher erkennen würden, dass die Beklagte mit der Veröffentlichung von Beiträgen auf ihrem Instagram-Profil zugunsten ihres eigenen Unternehmens handle. Das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks eines mit “Tap Tags” und Verlinkungen versehenen Beitrags sei regelmäßig geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung – dem Anklicken des auf das Instagram-Profil des Herstellers führenden Links – zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Darüber hinaus verstoße der Beitrag zur “Raspberry Jam” gegen § 3a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG sowie § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV, weil die darin liegende kommerzielle Kommunikation beziehungsweise Werbung nicht klar als solche zu erkennen sei.
Es geht also (auch im weiteren Text dort) um die Frage, wann die Werbung rechtswidrig ist. Und man hebt darauf ab, ob man etwas zugunsten des eigenen Unternehmens macht, also um seine Bekanntheit zu fördern, oder zugunsten eines fremden Unternehmens, dessen Produkte man bewirbt, und dafür Gegenleistung erhält.