25 Jahre www.danisch.de
Kleines Ungefähr-Jubiläum, auch wenn es nicht viel zu feiern gibt.
Fiel mir gerade eben so auf, als ich im vorangegangenen Blogartikel erwähnte, dass ich seit 1999 darüber schreibe, wie man die deutsche Informatik versenkt und auf blöd geschaltet hat, während man heute jammert, dass wir nichts mehr zu bieten haben. (Eigentlich seit Zuse nie mehr hatten.)
Hoppla.
Da fällt mir auf, dass es nun ungefähr 25 Jahre sind, dass es www.danisch.de gibt.
Genau kann ich es nicht mehr sagen. Ich bin damals im Promotionsstreit zum 1.7.1998 von der Uni Karlsruhe zum Uni-Ableger Xlink gewechselt, nur 150 Meter entfernt, wo ich dann wieder bei den Ex-Kollegen des Europäischen Instituts für Systemsicherheit E.I.S.S. war, die da auch schon hingewandert waren.
Xlink war einer der ersten beiden Internet-Provider in Deutschland, und wir haben damals Firmen mit Firewalls versorgt und ans Internet angeschlossen. Ich hatte ja neulich beschrieben, dass ich damals im Alleingang das Kernkraftwerk Neckarwestheim abgesichert und ans Internet angeschlossen hatte.
Xlink war auch Domain-Händler. Damals noch sehr exotisch. Und ungefähr ein Drittel des deutschen Internets stand bei uns, das Projekt Strato, Domain-Hosting. Mit dem hatte ich auch zu tun, aber nur am Rande.
Xlink war der Meinung, dass die Mitarbeiter hochqualifiziert sein und wissen müssten, wovon sie reden. Man war der Meinung, dass die Leute das, was sie verkaufen und installieren, vorher geübt, ausprobiert, erlernt haben müssen. Und deshalb bekam damals jeder Mitarbeiter aus diesem technischen Bereich eine Domain „geschenkt“. Das war nämlich damals noch sehr teuer. Mit der Aufgabe, sie zu verwenden, um damit irgendetwas zu üben und auszuprobieren. DNS-Konfiguration. Webseiten. Mailserver. Solches Zeugs halt. Die Ansage war: Macht damit, was Ihr wollt, aber macht es.
Und dazu bekamen wir damals noch einen leicht veralteten, aber noch voll tauglichen ausgemusterten Server (die alten, damals noch üblichen 3HE-Gehäuse) und einen Platz im Rechenzentrum (eigentlich auch noch sehr teuer, aber zum Experiementieren), also haben wir im Team alle unsere persönliche Domain auf die Kiste gelenkt und uns da unsere eigenen virtuellen Mailserver und so etwas gebaut.
Genau kann ich nicht mehr sagen, wann das war. So irgendwann im Sommer oder Herbst 1998, ziemlich schnell, nachdem ich von der Uni zu Xlink gewechselt hatte, ich glaube, ich hatte das damals auch angeregt und danach gefragt. Denn an der Uni hatte ich noch als Student einen der ersten Webserver weltweit betrieben, als Professoren noch nicht verstanden, was das ist. Als im Usenet die ersten Versionen des http-servers und des Browsers Mosaic rumkamen. Das war noch Abenteuer, die Dinger überhaupt compiliert zu bekommen. Gepatcht habe ich sie, um unser System zur sicheren Durchdringung der Firewall zu nutzen. Und von den Problemen, die ich damit bekam, weil ich wegen der Professoren-Paranoia nichts auf die Webseite schreiben durfte, hatte ich ja erzählt. Die Universität San Francisco (genauer: University of California, San Francisco) hatte sich bei mir gemeldet, nachdem ich damals 1994 auf der IETF in San Jose war und dort unsere Verschlüsselungssystem zwar nicht offiziell vorgeführt, aber so auffällig verwendet hatte, dass es jeder sehen musste. Damals noch mit externem Kartenlese und Chipkarten an der SUN. Man fragte bei mir an, ob wir die Universität absichern könnten. Ich bin schier an die Decke gesprungen. Klar können wir. Ob wir unsere Doku auf den Webserver legen könnten. Äh, nein, das darf ich nicht. Oh, da bot man mir an, dass man das für mich in den USA auf den Server lege, sie hätte dort nämlich Freedom of Speech. Dass wir in Deutschland eine so schlimme Zensur haben, davon hätte man gehört. Nein, sagte ich, Freedom of Speech hätten wir hier auch. Nicht der Staat verböte es, sondern der eigene Professor. Dann habe ich nie wieder von denen gehört.
Es gab weitere Streitigkeiten. Der Professor, Beth, wollte sich ja an der Universität und in der Öffentlichkeit damit profilieren, indem er der erste deutsche Informatik-Professor sei, der E-Mail (man hatte groß getrötete, dass in Karlsruhe die erste deutsche E-Mail empfangen worden sei) wieder abschaffe. Nach seiner Auffassung war die einzige vertretbare und eines Informatikers würdige Kommunikationsform das Fax. Weil es nämlich, so seine Argumentation, an jeder Hotelrezeption ein Fax-Gerät gäbe und er damit einfach von überall aus seine Anweisungen an seine Sekretärin (persönliche Internet-Ausdruckerin) schicken könnte, die er mit Bleistift auf Papier kritzelte. So stellte der sich damals Informationsverarbeitung und Telekommunikation vor. Und das waren die Leute, die über unsere technische Zukunft bestimmen sollten.
Deshalb hatte ich es damals am eiligsten, endlich meinen eigenen Webserver zu betreiben, in den mir keiner reinredet.
Im Prinzip existiert diese alte Kiste noch immer. Denn 2002 wurde Xlink durch den Mutterkonzern KPNQwest, der Xlink und viele andere europäische Internet-Provider aufgekauft hatte, unverschuldet in die Insolvenz gerissen. Also haben wir die Kiste gerettet und mit dem ehemaligen Team daraus den Verein Rackland gemacht, um nach dem Prinzip von 1998 die Domains weiter zu betreiben. Natürlich haben wir die Hardware einige Male durch neue ersetzt, aber im Prinzip hat sich bis heute nichts daran geändert.
Nur meinen Webserver habe ich vor einigen Jahren aus Rackland ausgegliedert, weil ich da bei ca. 100 Domains alleine mit www.danisch.de über 90% des Traffic gemacht habe. Der läuft seither separat.
Ich kann es heute nicht mehr so exakt und auf den Monat genau sagen. Wann genau das 1998 war.
Aber wenigstens so ungefähr existiert die Webseite www.danisch.de nun seit 25 Jahren.
Und vermutlich war es das Sinnvollste, was ich in diesem Leben getan habe. Wie auch immer man das sehen mag.