Powerbank
Heute wieder eine neue, nervenzerreißende Folge aus dem nie enden wollenden Drama „Ich und die Flughafensicherheit“. Heute in XXXL.
(Eine zwar seltene, aber sehr alte Serie in diesem Blog.)
Die Sache ist die: Eine Wohnung am Zielort zu haben ist eine unglaublich bequeme Angelegenheit, weil man zum Reisen kein Gepäck mehr braucht. Nicht mehr schon durchgeschwitzt sein, bevor man überhaupt am Flughafen ist. Rein theoretisch würde alles, was ich unbedingt mitnehmen muss, in die Hosentaschen einer Cargo-Hose passen. Was ich aber natürlich nicht mache, weil selbst im Billigflieger eine Tasche einer gewissen kleinen Mindestgröße im Preis mit dabei sein muss. Hat der BGH mal entschieden, wenn ich mich jetzt richtig erinnere. Also habe ich einen kleinen schmalen Rucksack, so einen kleinen Tornister, der gerade so die maximal gestattete Größe des kleinen, im Preis inbegriffenen Bordgepäcks hat. Denn Trolley oder einchecken kostet extra.
Und den mache ich halt voll mit Dingen, die man in Zypern nicht, nur schwieriger oder deutlich teurer als in Deutschland bekommt. Die Flughafensicherheit am BER bekommt regelmäßig das Grausen, wenn ich komme, weil ich immer jede Menge Zeugs im Bordgepäck (der kleine Rucksack, und in der Vergangenheit auch zusätzlich ein Trolley-Köfferchen) Dinge dabei habe, an denen sich die Mustererkennung die Zähne ausbeist. Bluray-Player, Flachbettscanner, Radio und solche Dinge. Führt regelmäßig zu Diskussions- und Besichtigungsbedarf, und häufigem Abwischen mit dem Chromatographen zur Sprengstofferkennung, aber außer dem Umstand, dass ich meinen Krempel über meist vier Wannen ausbreiten muss und hinterher alles wieder zusammenräumen muss, bisher keine Probleme. Man zeigt sich gelegentlich verständnislos darüber, warum ich nicht wie andere Reisende Badehose, Unterhose, Kosmetik und solche Dinge in den Koffern habe. Ich bin nicht wie andere Reisende.
Aktuell stand mir der Sinn nach einer kleinen Powerbank und einem Solarmodul zum Laden. Zwar sagte man mir auf Zypern, dass man sich nicht erinnern könne, dass hier schon einmal der Strom ausgefallen sei. Und in Zypern läuft zwar alles mit Solarenergie, aber in der Regel die Heißwasserbereitung, nicht die Stromerzeugung. Außerdem habe ich Bedarf, gelegentlich im Auto mal Handy oder Kameraakku nachzuladen, ohne außerhalb der Fahrt.
Also beschaffte ich mir eine hinreichend kleine Powerbank und ein ausreichend großes tragbares zusammenklappbares dünnes Solarmodul von zwar nicht herausragender aber ordentlicher Qualität und unschlagbarem Preis-Leistungs-Verhältnis.
Nun ist mir bekannt, und das habe ich extra vor dem Kauf geprüft, dass man solche Akkus bei Flugzeugen nicht einchecken darf, sondern mit in die Kabine nehmen muss, damit sie im Brandfalle gelöscht werden können. Und dass ihre Kapazität begrenzt sein muss. Das habe ich mir also vorher angesehen. So heißt es hier, oder auch hier, dass Batterien 160 Wattstunden nicht überschreiten dürfen, während viele Fremdseiten, auch der Hersteller, reden von einer Grenze von 100 Wattstunden pro Batterie, was eine allgemein geltende Grenze ist, dazu unten mehr.
Also kaufte ich mir eine Powerbank mit 88 Wattstunden. Und um ein anschauliches Bild zu liefern, als Afiliate zu Amazon:
Ich habe noch 109 Euro plus etwas Versandkosten gezahlt. Die Dinger sehe ich aber seit Jahren, da gibt es irgendeinen Hersteller in China, und die tauchen unter den unterschiedlichsten Namen und in mindestens zwei Varianten (unterschiedliche Lampen und Buchsen) auf:
Das ist zwar jetzt ziemlich mickrig, weil der Spaß bei der Powerbank eigentlich frühestens bei 500Wattstunden anfängt, aber sie hat eben zwei wichtige Eigenschaften: Sie passt von Volumen und Gewicht in meinen Rucksack, und sie liegt unterhalb der Grenze für Bordgepäck.
Also habe ich gestern abend einige Zeit damit verbracht, auszutüfteln, wie ich erstaunlich viele Dinge in dem erstaunlich kleinen Rucksack unterbringe, und sie dabei noch so zu polstern, dass sie nicht zerkratzen. Knobelaufgabe, aber ich habe es hingekriegt. Alles drin.
Nur nicht die große Solarzelle, die sah eher aus, wie so eine Künstlermappe für A2-Zeichnungen. Keineswegs Bordgepäcktaugliche Maße, ich hätte es aber auch für unangemessen gehalten, für das Ding, das kaum dicker als 1cm ist und 1kg wiegt, Gepäckgebühren abzulatzen, zumal sie normalerweise auch nichts sagen, wenn man Jacke, Tüte mit Duty-Free-Einkäufen oder Lebensmitteln dabei hat. Hauptsache, es lässt sich verstauen. Deshalb hatte ich mir – entgegen meiner Vorliebe, am Gang zu sitzen, einen Fensterplatz gebucht, um das Ding im Spalt zwischen Sitz und Außenwand unterzubringen. (Um es vorweg zu nehmen: Das hat auch genau so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt hatte, war hinterher aber voller altem ekligem Kaugummi, weil irgendwelche Leute früher mal ihre Kaugummis auf die Außenseite des Flugzeugsitzes geklebt hatten, wo die Stoffummantelung meiner Solarzelle sie abzog.
Nun, dachte ich mir, ich versuche es einfach. Entweder sie lassen mich mit der Solarzelle durch, oder sie meckern, und dann lasse ich sie da, weil die Strafgepäckgebühren mehr als den Wert der Solarzelle betrügen.
Aber, ach.
Es lief völlig anders als gedacht. Niemand, wirklich niemand, hat diesem großen Solarpanel, das ich mit mir rumschleppte und nicht als Gepäck angemeldet hatte, auch nur irgendeine Beachtung geschenkt, als existierte es gar nicht.
Und das kam so. (Soweit ich das aus dem Gedächtnis noch zusammenbekomme, nicht protokolliert, vielleicht in jedem Detail von der Reihenfolge richtig.)
Der Tragödie erster Teil
Ich kam früher als pünktlich an. Flug FR 353 von Berlin nach Paphos, 09:00. Flugsteig schließt 08:30. Ich war um 07:00 am Flughafen. BER. Terminal 2. Das sollte selbst für Diskussionen reichen.
An der Sicherheitskontrolle.
Die übliche Ansage, die übliche Reaktion.
Er: Alle Computer rausnehmen und getrennt hinlegen.
Ich: Nehme einen Computer aus dem Rucksack.
Er: Was ist das denn?
Ich: Ein Computer. (So ein kleiner Miniserver, der statt Lüfter zwecks Lautlosigkeit rundherum Kühlrippen hat und so ein bisschen wie ein Igel auf Ecstacy aussieht.)
Ich packe das nächste aus.
Er: Und was ist das?
Ich: Ein Drucker.
Er: Warum ist der denn so klein?
Ich: Weil es ein kleiner Drucker ist. (Canon Selphy Fotodrucker im Postkartenformat.)
Es bereitete sichtliches Unbehagen, dass ich da mit so einem kleinen Rucksack angekommen war und endlos Kabel, Stecker, seltsame Dinge herausholte und ausbreitete und schon vier Wannen gefüllt hatte.
Ich wurde gefragt, warum ich das Zeug nicht einchecke. a) Weil es Geld kostet. b) Weil die Sachen kaputt gehen, wenn sie, wie dort üblich, rumgeworfen werden. c) Weil man, wie er eigentlich wissen müsste, Li-Ion-Akkus nicht in das eingecheckte Gepäck tun darf. Der steht den ganzen Tag da, alle fünf Minuten kommt eine Lautsprecherdurchsage dazu.
Weil er dann meinte, dass ich jetzt dann doch mal das Zeug durch den Röntgenkasten schieben sollte, fragte ich noch, was mit Powerbanks ist. Wegen des Gewichts ganz unten.
Nein, die soll ich drin lassen.
Drei meiner vier Wannen wurden aussortiert, weil Sondergesprächs- und -untersuchungsbedarf bestand. Es hatte wohl auch für zusätzliche Verwirrung gesorgt, dass ich alle Teile, die noch im Rucksack waren, in einer Pacsafe-Tasche hatte, die ich mir für den Strand gekauft habe, weil ich auf mein Zeugs nicht aufpassen kann, wenn ich im Meer baden bin, und die ich, um den Eindruck eines zweiten Gepäckstücks zu vermeiden, einfach in das große Fach des Rucksacks geschlagen hatte, die zufällig gleich groß war, und dann alles in die Pacsafe-Tasche gesteckt habe. Das nämlich führte dazu, dass sie die Akkus in einem seltsamen Netzmuster sahen, weil die Pacsafe-Tasche ein Stahlnetz eingewirkt hat, damit man sie nicht einfach aufschneiden kann.
Warum ich die Powerbank nicht herausgenommen hätte, werde ich angeherrscht. Ich zeige auf den am anderen Ende und sage, dass ich den gefragt hatte, und der hatte Drinlassen gesagt.
Die müsse man konfiszieren, wurde mir beschieden. Die könne man unmöglich mit ins Flugzeug nehmen.
Warum, wollte ich wissen. Ich hatte das doch extra geprüft. Weil da – auch – 24.000 mAh draufstehe. 24.000 sei einfach zuviel. Dass mA aber über den Energiegehalt nicht viel sagen ohne Spannung, und genau deshalb auch 88Wh draufsteht, wäre zu kompliziert geworden.
Aber wo denn das stehe? Ich hatte mittlerweile eine der Ryanair-Webseiten auf dem Handy und das gezeigt. Hier: 160Wh lassen die zu.
Das habe mit der Fluglinie gar nichts zu tun. Das könnten die nicht bestimmen. Das seien Vorgaben des Flughafens.
Wo denn?
Von der IATA. (IATA = International Air Transport Association, Verband der Fluglinien, der Dinge normiert, damit das alles zusammenpasst.) Die hätten das verboten.
Man findet einen Zettel, auf dem Steht: Bis 100Wh. Na, sag ich, dann ist doch alles gut.
Nein, keineswegs, hieß es, ich bräuchte dafür eine Freigabe des IATA-Managers von Ryanair. Der müsse persönlich mit hochkommen und bestätigen, dass Ryanair die Powerbank akzeptiere.
Wie, frage ich, ich muss jetzt mit allen meinen Sachen wieder runter, den IATA-Manager von Ryanair holen und dann mit allem Krempel nochmal von Neuem durch die Sicherheitskontrolle?
Ja.
Zweiter Akt
Ich also runter, zurück ins Erdgeschoss, an die Schalter von Ryanair.
Beachtlicherweise, und das ist mir früher schon aufgefallen, ist da kaum jemand oder oft gar niemand von Ryanair, weil die das nicht selbst machen, sondern von Flughafenpersonal machen lassen. Ich bin also zu irgendeinem da hin.
Ich: Guten Tag, wo finde ich denn den IATA-Manager von Ryanair?
Er: Ryanair hat keinen IATA-Manager.
Ich: Die oben haben mich aber runtergeschickt, um den IATA-Manager von Ryanair zu holen.
Er: Das kann sein, dass die da oben das machen, aber Ryanair hat keinen IATA-Manager.
Ich: Warum hat Ryanair denn keinen IATA-Manager?
Er: Weil Ryanair nicht in der IATA ist.
Ich: … ? … ? … *!
Ich also wieder hoch, geladen wie meine Powerbank, und auf diese Weise noch einen Weg gefunden, sich an der ganzen Warteschlange vorbeizuschummeln. Weil die mich ja oben gleich wieder reinlassen wollten.
Ich da also hin und gefragt, warum sie mich runterscheuchen, um einen IATA-Manager zu holen, den es nicht gibt. Und wieso sie überhaupt mit IATA-Regeln kommen, wenn Ryanair nicht in der IATA ist.
Nun hieß es, die auf Ryanair komme es nicht an, weil die IATA die Gesetze macht. Blödsinn, sagte ich, die Gesetze macht der Bundestag und nicht die IATA. Die IATA mache eben internationale Gesetze, hieß es. Es gibt keine internationalen Gesetze und keinen internationalen Gesetzgeber, die müssten jeweils in Staatsrecht überführt werden. (Stimmt nicht ganz, die EU macht sowas, aber die IATA ist weltweit aktiv.) Die IATA ist ein privatrechtlicher Laden, die kann gar keine Gesetze machen.
Doch, hieß es, die IATA sei die Gewerkschaft, und die mache die Gesetze.
Dabei war zu bemerken, dass deren Umgangsformen sehr daran orientiert waren, sich gegenüber Passagieren durchzusetzen. Einer, der besonders intensiv auf mich einredete, hatte das besondere rhetorische Muster, dass dass er nach jedem Satz aggressiv „Richtig?“ fragte und so lange wartete und das wiederholte, bis man endlich „ja“ sagte und er der rhetorische Sieger war.
Er: bla .. bla .. ba .. Richtig?
Ich: Ja.
Er: bla .. bla .. ba .. Richtig?
Ich: Nein.
Er: Nun lassen Sie mich doch mal ausreden!
Man kam offenbar zu dem Schluss, dass größere Kaliber erforderlich seien. Die Polizei rückte an, als gäbe es einen aufsässigen Passagier. Zeitweise fünf Polizisten.
Dann aber Erstaunen bei der Polizei, als man merkte, dass es um eine Formalie geht und sie die Frage auch nicht beantworten konnten.
Derweil arbeitete ich mich zu zweiten mal durch den Sicherheitsparcours, um am Ende mit einem großen Haufen meines Krempels, dem Corpus delikiti Powerbank und so ungefähr fünf inzwischen interessierten Polizisten zu stehen. Man hatte den Chef hinzugeholt.
Mit dem konnte ich mich am besten unterhalten, weil der auch selbst wusste, dass Ryanair nicht in der IATA ist, und – staun – in seiner Polizeimütze die IATA-Regeln immer bei sich hatte.
Während es also anfangs noch hieß, ich hätte die IATA-Regeln verletzt, wurde nun umgekehrt argumentiert: Die Powerbank würde die IATA-Regeln offenbar nicht verletzten, nach IATA-Regeln könnte man die Powerbank mitnehmen. Weil aber Ryanair nicht in der IATA sei, gälten diese Regeln hier ja nicht, also dürfte ich die Powerbank nicht mitnehmen. Und auf die Fluglinienregeln käme es nicht an.
Ich wandt ein, dass es ja nicht darum gehe, welche Regeln nicht anzuwenden seien, sondern darum, welche Regeln anzuwenden seien. Außerdem wiedersprächen sie sich selbst, wenn ständig wurde behauptet, dass sie hier die Regeln der Fluglinien umsetzen, die von der IATA bestimmt werden, obwohl schon an den zwei Stellen bröselte, dass Ryanair nicht in der IATA ist und die IATA diese Powerbank nicht verbietet. Einerseits sagten sie, sie würden die Regeln der Fluglinien umsetzen, andererseits aber nichts darauf geben, dass Ryanair eine Grenze von 160Wh vorgibt. Beweis: Webseite.
Schließlich waren sich alle, Polizei und Sicherheitsdienst, einig, dass man mich nicht mit der Powerbank an Bord lassen könnte, weil zu gefährlich. Die Dinger könnten Feuer fangen. (Ja, sagte ich, besonders, wenn man sie fallen lässt, denn einer Polizistin war sie runtergefallen, wenn auch nur ca 20cm aus der Hand auf den Tisch, dann können sie nämlich innerlich brechen und irgendwann dann Kurzschlüsse bekommen und in Brand geraten.)
Mittlerweile ging es mir nämlich nicht mehr und die Powerbank oder deren Wert an sich, sondern um das Ärgernis, dass man sich nicht mehr verlässlich vorher informieren kann, was man mitnehmen kann, und dann einer solchen Willkür ausgesetzt ist, in der jeder etwas anderes behauptet und von jeder Aussage auch das Gegenteil erhoben wird. Mittlerweile nämlich war es ca. 8:15, und ich war noch nicht am Gate, und erklärte, dass ich wegen dieser Powerbank nicht den Flug verpassen wolle, das käme mich nämlich weit teurer. Die Powerbank hatte ich innerlich längst aufgegeben, wollte aber einfach Klarheit für das nächste Mal haben.
Ich hätte gerne einen Widerspruchsfähigen Bescheid oder eine Nachricht, damit ich das beweisen und prüfen kann.
Nein. Alle waren sich einig, dass sie mich nicht mit der Powerbank an Bord lassen. Aber alle bestritten, dass sie derjenige wären, der mich an der Powerbank hinderte. Alle hinderten mich, aber keiner wollte mich hindern.
Auch mein Hinweis, dass man bei der Polizei doch geübt sein müsse, zu einer Maßnahme die gesetzliche Grundlage zu nennen.
Luftsicherheitsgesetz.
Stimmt sogar. § 11. Da stehen aber keine Grenzen, welche Akkus man mitnehmen kann und welche nicht.
Der Chef sagte, das müsse geklärt werden, aber das dauere.
Ich sagte, ich müsse jetzt weg, um den Flug nicht zu verpassen. ließe die Bank nun bei ihnen, was auch immer sie damit machten, und bat, mir eine E-Mail zu schicken, dass man mir die Bank abgenommen habe und wer und warum.
Dritter Akt
Eigentlich hatte ich mir aus dem Kühlschrank morgens noch Äpfel und eine ganze Packung herrlicher Zwetschgen mitgenommen, die ich nicht wegwerfen, sondern essen wollte. Das mache ich immer so, wenn ich bei der Abreise noch Obst übrig habe, dass ich das dann im Wartebereich vor dem Gate am Flughafen vertilge. Ins Flugzeug hinein nehme ich sie nur sehr ungern, weil das immer irgendwie zerdrückt, zermatscht, rausfällt, ausläuft, klebrige Finger, Flecken macht, kein Platz ist.
Weil sich das nun aber so lange gezogen hatte und an der Passkontrolle eine lange Schlange war, kam ich buchstäblich erst auf den letzten Drücker ans Gate, als das Boarding schon weitgehend durchgelaufen war.
Wie ich so aus dem Flughafengebäude rauskam und im Freien zum Flugzeug lief, sehe ich, dass die Polizei am Flugzeug vor der Treppe steht. Man sieht am Blickkontakt, dass sie auf mich gewartet haben. Oha. Gibt das jetzt Ärger?
Nein. Chef und Polizistin übergeben mir meine Powerbank.
Man habe sich reingehängt und Mühe gegeben, und man wolle ja, dass die Polizei als Freund und Helfer dasteht, und auch für den Bürger eintritt, und man habe das mit der Powerbank geklärt. Und immerhin hätten sie ja auch jeder nun 45 Minuten ihrer Lebenszeit darauf verwendet. Aber die Polizei nehme zur Kenntnis und erkenne an, dass das der Klärung und Verbesserung bedarf, und man das für die Zukunft verbessern werde, damit das dann klargestellt wird.
Was kam denn dabei heraus?
Man habe jemanden von Ryanair erreicht und gefragt, wie die das halten.
Antwort von Ryanair: Das wissen sie nicht. Man müsse auf deren Webseiten gucken. Da aber hatte das alles ja angefangen, da hatte ich ja schon vor dem Kauf geguckt.
Nachdem es aber nun keine greifbare Grundlage gegen diese Powerbank gebe, könne ich sie mitnehmen. Die Polizei hat sie mir zum Flugzeug gebracht.
Schön. Dankeschön! 🙂
Vierter Akt
Eigentlich war alles gut.
Alle (nein: Fast alle) saßen pünktlich im Flugzeug, wir hätten pünktlichst um 9:00 starten können.
Aber, ach.
Man suchte nach zwei Passagieren, die nicht an Bord waren, und die sich auch auf Durchsagen nicht meldeten.
Aus Sicherheitsgründen könne man nicht losfliegen, wenn Passagiere fehlen, aber deren Gepäck im Flugzeug ist. Bombengefahr. (Habe ich schon öfter erlebt.)
Das Suchen der Passagiere und dann das Finden und Ausladen des Gepäcks kostete eine Stunde Verspätung, und das Warten auf einen freien Slot zum Abflug eine weitere (der Pilot erklärte es damit, dass Ferienzeit und alles voll sei.)
Zwei Frauen, mit denen ich mich über meine Powerbank-Abenteuer unterhalten hatte, fragten, wie man denn das schaffe, sein Gepäck einzuchecken und dann trotzdem nicht zu fliegen. Vielleicht hängen die noch an der Sicherheitskontrolle?
Tatsächlich starteten wir erst um 11:00 Uhr, standen also zwei Stunden rum.
Gegen 09:40, als wir also eigentlich längst außerhalb Deutschlands hätten sein sollen, kam plötzlich Sicherheitspersonal vom Boden mit roten Warnwesten an Bord. Sie suchten den Mann, der eine Diskussion mit der Polizei wegen einer Powerbank gehabt habe. Ich meldete mich. „Herr Danisch?“ Ja. Ob er meine Powerbank sehen könne. Ich gab sie ihm. Die müsse er erst kontrollieren, und verschwand damit. Wie gewonnen, so zeronnen, sprach ich zu den Frauen, nun ist sie doch noch weg. Wären wir pünktlich abgeflogen, hätte ich sie noch.
Nach einiger Zeit kam der Sicherheitsdienst zurück und brachte mir meine Powerbank. Man habe sie geprüft. Sie sei in Ordnung, ich könne sie mitführen. Was auch immer man damit angestellt hatte. Vielleicht nochmal geröntgt.
Letzter Akt
Als wir um 11:00 abhoben, meinten die Frauen, jetzt sei sie aber in Sicherheit, jetzt könne ja nichts mehr passieren. Ich sagte, ich hätte das im Gefühl, das noch irgendwas schief geht. Ein Tag, der so anfängt, kann nicht glatt laufen.
Ich weiß nicht, warum, aber die Piloten sind nach der Landung am Ende der Landebahn nicht auf den Taxiway gefahren, sondern haben – habe ich noch nie erlebt, ich wusste gar nicht, dass Verkehrsflugzeuge das können und so einen kleinen Wendekreis haben – auf der Landebahn um 180° gewendet und sind auf der Landebahn zurückgefahren, während man am anderen Ende schon das nächste Flugzeug stehen sah, das starten wollte, und man bekommt so einen Teneriffa-Schreck-Moment, wenn man zwei Flugzeuge aufeinander zufahren sieht. Ich sagte noch, hätte das jetzt gekracht, hätte es in Berlin geheißen, das lag bestimmt an dem Typ mit der Powerbank.
Die Powerbank ist wohlbehalten am Ziel angekommen und steht hier neben mir.
Epilog
Das ganze Ding hatte sich daran entzündet – Mist, nein, nicht entzündet, ganz falsches Wort, keinesfalls in Zusammenhang mit Akkus gebrauchen – hochgeschaukelt, dass ich eine Powerbank mit einem Li-Ion-Akku von 88Wh dabei hatte.
88Wh sei zuviel.
Denn das Ding war ungewöhnlich und das mit den 88Wh steht unten drauf.
Gleichzeitig laufen aber an allen Sicherheitsgassen massenweise und völlig unbeanstandet Notebooks durch.
Ein modernes Macbook Pro (16 Zoll, 2021) hat eine Kapazität von 100 Wh. , also noch höher. An der Grenze laut IATA.
Kein Mensch käme da aber auf die Idee, bei einem Notebook die Kapazität zu prüfen und irgendwelche IATA-Regeln rauszukramen. Hat man aber ein Ding dabei, das irgendwie nach Energie aussieht, obwohl letztlich die gleichen Akkuzellen wie auch in vielen Notebooks oder Kameras drin sind, und „nur“ 88Wh, dann ist plötzlich Großaufgebot mit Polizei da.
Ich will es mal so sagen: Da fehlt es einfach an Schulungen. Die müssen doch wissen, wer wem warum nach welchen Recht und nach welchen Regeln verbietet, irgendetwas mit ins Flugzeug zu nehmen. Das wirkt auf mich doch sehr nach „Mach mal nach Gefühl“.
Dennoch, und das mag den Leser erstaunen: Freut mich, dass ich zum Erkennen und Lösen eines Problems beitragen konnte.