Ansichten eines Informatikers

Von der Ermüdung, deutsch zu sein

Hadmut
16.8.2023 22:58

Ich empfinde es zunehmend als Belastung, Deutscher zu sein.

Man wird ja heute bei jeder sich bietenden Gelegenheit als „Nazi“ und „rechts“ beschimpft, wobei „Nazi“ ja eigentlich für „National…“ steht. Das Wort Nazi entstand, weil die Sozialisten, damals mit dem Schimpfwort „Sozi“ belegt, ein Gegenschimpfwort brauchten und das Problem hatten, dass es komisch aussieht, wein ein Sozialist den Gegener als Nationalsozialist beschimpft.

Daraus wurde, dass man jeden als Nazi beschimpft, der nicht Sozialist ist. Sonst gibt es nichts mehr. Tertium non datur.

Und da gibt es dann ja auch diese „stolz, ein Deutscher zu sein“-Fraktion. Ich hatte dazu schon mal irgendwann geschrieben, dass das ja gar nicht geht, weil es keine Leistung ist, und deshalb auch sprachlich falsch, man also bestenfalls „ich bin froh, ein Deutscher zu sein“ sagen könnte.

Selbst dazu gibt es zumindest in der Bilanz keinen Anlass mehr. Ich empfinde Deutschland zunehmend als Standortnachteil seiner selbst. Nichts funtioniert mehr im Saftladen Deutschland, alles nur noch Probleme und Funktionsausfälle, nach außen hin machen wir uns eigentlich nur noch lächerlich.

Leistung gibt es zumindest als allgemeines Ziel nicht mehr, wir sind nur noch damit beschäftigt, uns gegenseitig zu tyrannisieren, drangsalieren, schikanieren. Es geht nur noch darum, sich gegenseitig eine reinzutreten, sich gegenseitig abzunehmen, was noch zu holen ist.

Wir verblöden im Galopp, die öffentliche Debatte wird jeden Tag dämlicher. Was erstaunlich ist, weil weil die öffentliche Debatte eigentlich jeden Tag dasselbe sagt, und es trotzdem erscheinen lässt, als sage sie zwar jeden Tag das immer selbe, aber trotzdem jeden Tag dämlicher als am Tag zuvor.

Ausbildung, Schule, Energieversorgung, Wohnungen – nichts geht mehr.

Außenpolitisch geben wir Witzfiguren ab, wir versagen bei praktisch allem und jedem. Das Einzige, was wir noch können, ist, die Steuern einzutreiben und das Geld dann rauszuhauen, zu zahlen, zu zahlen, zu zahlen.

Ständig wird die hohe Belastung durch ausufernde Bürokratie beklagt. Symptom eines viel größeren Problems. Nämlich, dass wir immer weniger produzieren und immer mehr Leute haben, deren einziger Lebensinhalt es ist, anderen Vorschriften zu machen oder irgendetwas zu verbieten oder wegzunehmen. Ständig kommt einer um die Ecke und will – Beispiel – höher besteuern oder Erbe abschaffen. Was ja auch nur Ausprägungen dessen sind, etwas wegzunehmen und an andere zu verteilen. Es hat keinerlei konstruktive, produktive Komponente mehr.

Wir machen nichts mehr – außer uns gegenseitig immer stärker auf den Sack zu gehen.

Ich bin müde. Und erschöpft.

Ich bin müde, ein Deutscher zu sein. Es ist einfach zu anstrengend, zu belastend, zu nachteilig geworden. Es ist, wie sich jeden Morgen mit einem Brett selbst gegen den Kopf zu schlagen, bis es weh tut, und sich den Rest des Tages über Kopfschmerzen zu beklagen. Jeden Tag.

Das Schlimmste am Deutschsein ist, unter Deutschen zu sein. Denn so blöd es ist, haben wir immer noch eine – vielleicht nicht mehr absolute, aber immer noch kritische – Mehrheit, die es sich genau so wählt, die es so haben will. Weil sie sich auf der Seite derer wähnen, die andere schikanieren und ausnahmen, und das für eine vorteilige Position halten. Oder sogar eine gute, weil sie sich für moralisch, für eine Art Philosoph oder Religionswächter halten.

Es reicht den Leuten nicht mehr, nutzlos zu sein und parasitär auf Kosten anderer zu leben. Sie wollen die, auf deren Kosten sie leben, zusätzlich noch in jeder erdenklichen Weise schikanieren, drangsalieren, stören, belasten, beschimpfen, beschuldigen. Das kann man inzwischen als Studiengang studieren, mit Master und Doktor abschließen. Wir sind ein Volk, in dem man Doktorgrade und Professuren in Selbstschädigung bekommen kann.

Wenn ich Fernsehen schaue, Nachrichten, politische Journale, kommt nur noch Mist. Irgendwelche Probleme, von denen die meisten hausgemacht sind. Probleme, die man nur hat, wenn man sich so blöd anstellt, wie wir es gerade tun. Es kommt nichts mehr, wovon ich noch sagen würde „Das ist toll“. Nichts mehr, worüber ich mich freuen würde. Nur noch Meldungen über das nächste Problem, die nächste Stufe des Abstiegs. Irgendwer blockiert irgendwas, irgendwer protestiert gegen irgendwas, irgendjemand sabotiert irgendwas, irgendwer kann irgendwas nicht mehr, irgendwer will nicht mehr, irgendwer will noch, aber kann nicht mehr. Wir sind näher am Prostataleiden als an einer funktionierenden Gesellschaft. Ich schalte den Fernseher ein und sehe einen Idioten nach dem anderen. Ich gehe auf die Straße und sehe einen Freak, einen Angreifer nach dem anderen. Wenn man ins Ausland kommt, muss man sich erst wieder daran gewöhnen, dass es sauber ist, dass man nicht gefährdet ist, dass die Leute sich normal benehmen.

Darüber kann man bloggen.

Sogar jahrelang.

Aber irgendwann ermüdet die Endlosschleife, kommt man sich vor, wie im Murmeltiertag, wenn man wirklich alle Möglichkeiten ausgelotet, alle Leute kennengelernt hat. Es gibt nichts Neues mehr.

Irgendwann ist es nur noch anstrengend, erschöpfend, belastend, zermürbend, enteignend, Deutscher zu sein.

Und es ist peinlich. Unfassbar peinlich, Deutscher zu sein.