Ansichten eines Informatikers

1.500 Euro Strafe für „Drecksstaat“

Hadmut
21.9.2023 14:34

Ein Vergleich.

Ich war gestern am Brandenburger Tor, um mir den Stand der Verunreinigung durch die Farbspritzereien der Letzten Generation anzusehen.

Im Radio hatte ich zuvor gehört, dass Gebäudereiniger zwar einen großen Teil der Farbe entfernen konnten, aber nur den äußeren Teil. Nicht den Teil, der in den (porösen, vermutlich Sand-) Stein eingezogen sei, und sie erhebliche Probleme hätten, weil sie aus Denkmalschutzgründen weder Chemie, noch hohen Wasserdruck verwenden dürften. (Ich weiß aus eigener Kunde, weil wir mal einen Hochdruckreiniger hatten, dass die Dinger Wasser in winzigste Ritzen und Spalten pressen, das dann beim nächsten Frost gefriert und den Stein sprengt.)

Als ich gestern da war, waren keine Reiniger mehr da, die hatten entweder schon aufgegeben, oder mussten wegen der Vorbereitungen zum Marathonlauf und wegen einer Demo am Morgen verschwinden. Jedenfalls war noch ziemlich viel Sauerei zu sehen und mir da auch nicht klar, wie man das aus dem Stein wieder rausbekommen will. An den ebenfalls versauten, aber wohl gestrichenen Seitenteilen könnte man neu streichen, aber auf dem blanken Stein, die Säulen, die das Frontbild ausmachen?

Eine Französin war höllenstinksauer und hatte dringendes unstillbares Mitteilungsbedürfnis. Wie man so etwas nur machen könne, was für einen Sinn das haben soll, wie Deutsche sowas nur zulassen könnten. Sie fragte mich, obwohl ich ja nun nichts dafür konnte, quasi als eine Art Stellvertreter für die Deutschen schlechthin, weil ich gerade neben ihr stand. Mein Antwort war, dass ich zwar Deutscher sei, es aber genausowenig verstünde wie sie, ich könnte mir auch nicht vorstellen, welchem Sinn das folge.

Mir kam allerdings der Gedanke, dass das Absicht gewesen sein könnte, dass das Tor dann zu den – weltweiten – Fernsehübertragungen der Marathonläufe am Wochenende versaut aussieht. Das also eine Art Beleidigung Deutschlands schlechthin ist, und es gar nicht eigentlich um das Klima geht, sondern einfach um das Versauen und Entwerten eines der zentralsten Symbole für Deutschland. Dass nach Sprache und so weiter auch alles, was irgendwie als kulturstiftend angesehen wird, vernichtet werden muss.

Ich muss dabei an Raucher denken, kann mich einer Assoziation nicht erwehren. Unzählige Male habe ich beobachtet, dass Raucher leere Schachteln einfach fallenlassen und wegwerfen, wo sie gerade sind. Aber praktisch nie lässt man sie einfach nur fallen. In praktisch allen Fällen wird die Schachtel vorher zusammengeknüllt, um sie symbolisch zu entwerten und das Eigentum aufzugeben, sich von ihr zu trennen.

Irgendwie kommt es mir vor, als wollte man gerade alles Deutsche vernichten und zerstören, könnte es aber nicht einfach fallen lassen, sondern müsste es vorher noch irgendwie versauen, bevor man sich seiner entledigt.

Dagegen eine Meldung auf NiUS: Student muss 1500 Euro Strafe zahlen, weil er Corona-Deutschland „Drecksstaat“ nannte

Ein Informatik-Student wurde wegen „Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“ anonym bei der Polizei in Düsseldorf angezeigt. Jetzt muss er ein Strafgeld von 1500 Euro zahlen und die Prozesskosten übernehmen. Der Grund: Er bezeichnete den deutschen Staat in einem Tweet als „Drecksstaat“, weil er seine Oma während der Corona-Maßnahmen nicht besuchen durfte. Die Akten des Falles liegen NIUS exklusiv vor.

Eigentlich ist diese Geschichte kaum zu glauben: Ein 26-jähriger Informatik-Student aus München äußert sich im Jahr 2022 auf Twitter über die Corona-Maßnahmen. In einem Thread beschwert sich Bernhard D. darüber, dass er wegen der strengen Kontaktbeschränkungen während der Corona-Pandemie seine Oma nicht besuchen darf. Er wollte ihren 90. Geburtstag mit ihr feiern, wurde aber von den Pflegern darauf hingewiesen, dass seine Großmutter wegen eines Corona-Falls das Haus nicht verlassen darf. Wütend schreibt er in einem der Tweets: „Ich kriege das absolute Kotzen bei diesem Drecksstaat und jeder einzelnen Person, die dieses menschenverachtende System unterstützt.“

Ein Jahre später, Mitte Juni 2023, macht Bernhard D. den Briefkasten auf und traut seinen Augen nicht: Die Polizei Rosenheim lädt den Studenten zu einer „Vernehmung“ aufs Polizeipräsidium vor. Der Grund: Er habe „den Staat und seine Symbole“ verunglimpft.

Der Student weiß zu diesem Zeitpunkt nicht, was er genau verbrochen hat. Auch nicht, dass mehrere Staatsanwälte und Kriminalbeamte bereits seit einem Dreivierteljahr gegen ihn ermitteln. Bernhard D. besorgt sich einen Anwalt und verlangt Akteneinsicht. Die 43-seitige Akte, die NIUS vorliegt, wirkt kafkaesk. Denn sie zeigt die Arbeit von Beamten, die mit der digitalen Welt komplett überfordert sind und deswegen willkürlich einzelne Bürger zu Staatsfeinden erklären.

Was ich übrigens für verfassungswidrig halte, gestützt auf eine Vielzahl von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Meinungsfreiheit. Denn solange ein Sachbezug vorliegt – und der ist hier eindeutig gegeben – unterliegt die Äußerung dem Grundrecht der Meinungsfreiheit und kann deshalb nicht bestraft werden.

Strafgesetzbuch (StGB)
§ 90a Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole

(1) Wer öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3)

1. die Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft oder böswillig verächtlich macht oder

2. die Farben, die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder verunglimpft,

wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine öffentlich gezeigte Flagge der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder oder ein von einer Behörde öffentlich angebrachtes Hoheitszeichen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder entfernt, zerstört, beschädigt, unbrauchbar oder unkenntlich macht oder beschimpfenden Unfug daran verübt. Der Versuch ist strafbar.
(3) Die Strafe ist Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe, wenn der Täter sich durch die Tat absichtlich für Bestrebungen gegen den Bestand der Bundesrepublik Deutschland oder gegen Verfassungsgrundsätze einsetzt.

Es wäre eine heitere Diskussion, darüber zu debattieren, welche unserer Politiker diesen Staat mit ihrem Auftreten und ihren Gesetzen verächtlich machen.

Dagegen wäre mir nicht bekannt, dass man irgendeine Strafverfolgung zu befürchten hätte, wenn man genau dies, Deutschland zu beschimpfen oder verächtlich zu machen, auf türkisch, arabisch oder sonst in irgendeiner anderen Sprache als Deutsch täte.

Man darf gespannt sein, wie der Staat mit denen umgeht, die eines der markantesten Symbole, die unser Land weltweit darstellen und repräsentieren, unmittelbar vor weltweit übertragenen Fernsehaufnahmen derart beschmieren.