Ansichten eines Informatikers

Kontenkündigungen: Über die WISE.com, den Datenschutz in der EU und die Korruption in Brüssel

Hadmut
2.11.2023 14:28

Neue Schmutzigkeiten aus dem Reich der Kontenkündigungen.

Wer das damals mitbekommen hat, weiß, dass ich nach der Kontenkündigung durch die Deutsche Bank am 9.7.2023 ein Ersatzkonto bei der WISE eröffnet hatte, das an diesem Sonntag sogar gleich funktionierte, es gingen schon ein paar Gelder ein, insgesamt ein dreistelliger Betrag am Sonntag, und sicherlich deutlich mehr, aber unbekannt am Montag, weil das normale Banksystem Sonntags nicht funktioniert und die Überweisungen, die Sonntags beauftragt wurden, erst Montags oder Dienstags reinkommen, aber nie ankamen, weil das Konto schon am nächsten Morgen, dem Montag, wieder gesperrt wurde. Die Nachricht kam morgens um 06:00:04 rein, also zweifelsohne ein automatisierter Vorgang.

An der WISE läuft praktisch alles automatisiert, die scheinen fast kein Personal zu haben. Es gibt zwar einen Kundendienst, der aber immer nur blöde Antworten gibt und anscheinend gar nichts weiß und nichts kann, und der mir auf die Frage, warum das Konto gesperrt wurde, gar keine inhaltliche Auskunft gab, und auch auf die Datenschutzanfrage antwortete, dass sie sie nicht beantworten können, weil das Konto gesperrt sei und sie deshalb nicht mehr an die Kontodaten kämen. Die Antworten so hölzern, inhaltslos und bausteinmäßig formuliert, dass ich bezweifle, dass da überhaupt Menschen sitzen, und vermute, dass das irgendein KI-/Eliza-System ist, das den Kunden abwimmelt.

In England gibt es da wohl auch einige wenige echte Menschen, aber die blocken auch alles ab.

Dazu muss man drei Dinge wissen:

  1. WISE ist ein britisches Unternehmen und sitzt in London. Vermutlich als Folge des Brexit firmieren sie aber zusätzlich unter einer Briefkastenadresse in Brüssel und arbeiten in der EU mit einer Bankenlizenz der Belgischen Nationalbank.
  2. Die WISE ist keine Bank im eigentlichen Sinne, sondern – eigentlich weiß ich es auch nicht so genau – eine „Plattform“, ein „Fintech“, das das Bankgeschäft wohl nicht selbst betreibt, sondern nur so eine Art Frontend darstellt und die eigentliche Arbeit von Banken in den verschiedenen Ländern machen lässt, die sie als Vertragspartner hat.

    Ich finde die Seite gerade nicht mehr auf Anhieb, aber ich kann mich erinnern damals bei der WISE irgendwo einen Hinweis gesehen zu haben, welche Banken das sind, und in Deutschland war das eben die Deutsche Bank.

    Bei der Deutschen Bank findet man eine Meldung von 2017, in der es heißt:

    Deutsche Asset Management nimmt ersten Partner auf WISE Robo-Plattform

    Die Digitalisierung verändert die Welt in vielerlei Hinsicht und damit auch die Art und Weise der Vermögensanlage. Die Robo-Technologie der Deutschen Asset Management (Deutsche AM) ist ein wichtiger Schritt, aktiv an diesem Prozess teilzunehmen. Deshalb hat die Deutsche-Bank-Tochter „WISE“ gestartet – ihren Anlageroboter, der als digitale Vermögensverwaltungsplattform daherkommt. Die Basler Versicherung wird „WISE“ als erster Vertriebspartner der Deutschen AM einsetzen und dem Endkunden wiederum auf www.monviso.de anbieten.

    Nicolas Moreau, Vorstandsmitglied und Chef von Deutsche AM, sagt über den Anlageroboter: „WISE steht für eine fantastische Technik. Wir machen unsere herausragenden Investment-Möglichkeiten digital noch greifbarer, und wir holen die Kunden dort ab, wo sie sind: in der digitalen Welt. WISE ist ein Quantensprung für die Deutsche AM und die Deutsche Bank.“

    Ich bin mir aber nicht sicher, ob damit die WISE.com gemeint ist, oder etwas anderes, was nur zufällig auch WISE heißt. Laut Wikipedia partnern sie mit Black Rock.

    Das Verhältnis zwischen WISE und der Deutschen Bank ist mir derzeit nicht klar und ich kann es auch nicht belegen, es ist aber noch zu ergründen.

  3. Kurz nachdem die WISE mir das Konto gekündigt hatte, kochte in England die Erregung um die Kontenkündigungen von Nigel Farage hoch, und wurde dort angekündigt, Banken, die Konten aus politischen Gründen kündigen, die Banklizenz zu entziehen. Sie können also nicht mehr zugeben, Konten willkürlich zu kündigen.

Jedenfalls hatte ich den Verdacht, dass es da eine Querverbindung zwischen WISE und der Deutschen Bank – oder einen Akteur, der auf beide einwirkt – gibt, denn dass ein Konto zunächst bestätigt und in Betrieb genommen, und in weniger als 24 Stunden, morgens um 06:00:04 wieder gesperrt wird, mit der fadenscheinigen Behauptung, ich hätte gegen deren Richtlinien verstoßen, obwohl ich mit dem Konto noch gar nichts gemacht hatte (außer den geforderten Anfangsbetrag von ein paar Euro einzuzahlen, um das Konto freizuschalten, was aber eben zur Freischaltung führte), bin ich der Sache nachgegangen.

In Belgien gibt es eine Art Bankenaufsicht, den Ombudsman für Finanzdienstleistungen.

Bei dem und der Nationalbank hatte ich Beschwerde erhoben. Die Nationalbank meinte, da könnten sie nichts machen, das sei Sache des Ombudsmanns, bei dem ich ja schon Beschwerde erhoben hätte. Das fand ich erstaunlich, dass die Nationalbank davon schon wusste.

Der Ombusmann (bzw. eine von dessen Mitarbeiterinnen) meinte, da könnten sie noch nichts machen, weil sie frühestens 30 Tage nach der Korrespondenz mit der Bank tätig würden.

Also etwas mehr als 30 Tage gewartet und erneut Beschwerde erhoben, und sie meinten, ja, jetzt seien sie zuständig.

Dann passierte lange gar nichts. Es dauert da immer alles ewig, und die WISE zögert die Sachen immer erkennbar bis zum Ende einer Frist hinaus. Wenn sie überhaupt antworten, dauert das immer Wochen, gerne einen Monat.

Zwischendurch bekam ich eine Nachricht der WISE, in der man mir mitteilte, dass man das Konto gesperrt habe, weil ich Kryptowährungen verwendet hätte. Was überaus erstaunlich ist, weil

  • ich in meinem ganzen Leben noch nie etwas mit Kryptowährungen gemacht habe,
  • man mit dem Konto gar nichts mit Kryptowährungen machen kann.

Auch das habe ich den Ombusleuten da mitgeteilt.

Vor ein paar Tagen bekam ich deren Antwort:

Sehr geehrter Herr Danisch,

Ihre Beschwerde betrifft die Schliessung ihres Konto duch Wise.

Wise teilt mit dass gleich nach der Eröffffnung des Konten, viele Summen aufs Konto kreditiert wurden. Dies gibt ein Signal von Handel in Krypto Währung ab und Wise hat darum entschlossen das Konto zu schliessen. Wise dultet keine Handel in Krypto Währung.

Wise kann in bestimmten Situationen Konten schliessen ohne Vorherige Mitteilung, cfr artikel 25.2 der Kundenvereinbarung.

Wir meinen, Wise ist hier korrekt aufgetreten.

Wise hat ihnen 175 GBP (oder den Gegenwert in einer anderen Wâhrung) als Entschädigung angeboten, für die Verzögerung in der Beantwortung ihres Datenanforderung und für die Verzögerung bei der Bereitstellung einer endgültigen Antwort. Dieses Entschädigungsangebot gilt nach wie vor. Falls sie dieses Angebot annehmen möchte, fragt Wise um die Angabe der Kontodaten, auf die diese Summe überwiesen werden soll.

Können sie uns mitteilen ob sie den Angebot annehmen?

Mit freundlichen Grüssen,

Christine Buisseret

Adviseur / Conseiller

(Afwezig donderdag, vrijdag en woensdag om de 2 weken)

Ombudsfin vzw/asbl

Das finde ich gleich in mehrfacher Hinsicht überaus dubios.

Denn erstens macht sich der Ombudsmann hier über seine Mitarbeiterin zum Sprachrohr der WISE.

Zweitens hatte ich der WISE, die mir das Geld auch schon anbot, bereits mitgeteilt, dass ich ihr Trinkgeld nicht annehme, eben weil damit die Sache erledigt wäre, und das ein Witz im Vergleich zum entstandenen Schaden ist. In manchen Jurisdiktionen ist das nämlich so, dass die Sache erledigt ist, wenn man eine „Entschädigung“ angenommen hat.

Drittens gibt dieser Artikel 25.2 das nicht her, denn da heißt es (in der aktuellen Version vom 21.08.2023, also eine Version nach der Kündigung (in dem Punkt hat sich aber laut Internet Archive auch nichts geändert),

25.2 Wir können dein Multi-Währungs-Konto und/oder Wise-Konto unter bestimmten Umständen ohne Ankündigung sperren oder schließen.Wir können jederzeit ohne Ankündigung dein Multi-Währungs-Konto und/oder Wise-Konto sperren oder schließen und/oder diese Vereinbarung beenden, wenn:

a. du gegen die Bestimmungen dieser Vereinbarung oder gegen die in dieser Vereinbarung genannten Dokumente verstößt;

b. wir von einem zuständigen Gericht, einer Regierungsbehörde, einer öffentlichen Stelle oder einer Strafverfolgungsbehörde dazu aufgefordert oder angewiesen werden, dies zu tun;

c. wir ernsthafte Gründe zur Annahme haben, dass du gegen geltendes Recht oder geltende Gesetze verstößt; oder

d. wir ernsthafte Gründe zur Annahme haben, dass du in betrügerische Aktivitäten, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung oder andere kriminelle oder illegale Aktivitäten verwickelt bist.

sie einem aber nicht einmal sagen, ob sie a, b, c oder d behaupten, und auch nicht erklären, warum überhaupt einer dieser vier Fälle vorliegen soll. Ganz abgesehen von der Frage, ob solche Regelungen einer AGB-Prüfung (oder was auch immer die in Belgien dazu haben) standhalten müssen.

Viertens es völlig idiotisch und blödsinnig ist zu behaupten, dass eine Bank ein Konto schließt, weil „viele Summen“ darauf eingehen und sie das dann für Kryptowährungsgeschäfte halten würden. Eine Bank, die Konten sofort schließt, wenn Geld darauf eingeht. Was für ein geniales Konzept. Wer’s glaubt, wird selig.

Ganz abgesehen davon, dass es sich meiner Kenntnis entzöge, wenn der Gebrauch von Kryptowährungen irgendwie verboten wäre.

Fünftens aber, und das halte ich für den wichtigsten Punkt: Nehmen wir das einfach mal so hin, wie sie das darstellen. Das wäre in der EU verboten. Es gibt nämlich die Datenschutzgrundverordnung, genauer gesagt, Artikel 22 DSGVO. Das Verbot, ausschließlich einer automatisierten Bewertung und Reaktion unterworfen zu sein. Genau wegen so etwas hat die Berliner Datenschutzbeauftragte erst im Mai einer Bank ein Bußgeld von 300.000 Euro aufgebrummt.

Sechstens stellt sich dann aber die Frage, wie diese Mitarbeiterin des Ombudsmanns zu der Aussage

Wir meinen, Wise ist hier korrekt aufgetreten.

kommt, wenn das Verhalten der WISE schon dann, wenn es genau so war, wie sie behaupten, nach EU-Recht verboten ist. Und nicht nur das Verhalten, sondern im Prinzip das ganze Geschäftsmodell der WISE, denn das beruht ja darauf, dass sie fast keine Mitarbeiter haben und der gesamte Geschäftsbetrieb vollautomatisch erfolgt.

Wie kann das sein, dass man so eine Antwort bekommt?

  • Wissen sie – in Brüssel, ausgerechnet in Brüssel – nicht, dass wir in der EU sind und hier EU-Recht gilt? Also Inkompetenz?
  • Oder gilt das nichts mehr, gelten da gerade andere Direktiven? Pfeift man da gerade auf das eigene Recht, weil man im Hintergrund heimlich Geldwäsche bekämpfen will? Es stänke so nach der Methode von der Leyen und würde dazu passen, dass sie gerade unter dem Vorwand, Kinderpornographie zu bekämpfen, sämtliche Chats überwachen wollen? Es könnte bedeuten, dass die EU in einem viel tieferen Kriminalitätssumpf untergegangen ist, als uns mitgeteilt wird, und würde auch erklären, warum sie auf einmal so auf diesen Digital-Euro drängen.
  • Oder sind sie halt einfach nur korrupt, wie die EU eben so ist?

Ich bohre also gerade weiter und gehe zwei Fragen nach:

  1. Wie konnte WISE an eine belgische Banklizenz kommen und unbehelligt agieren, obwohl deren Geschäftsmethode nach Artikel 22 DSGVO verboten ist?
  2. Wieso ist in Belgien für die Bankenaufsicht ein Ombudsmann (bzw. Team) zuständig, der nicht einmal die DSGVO kennt und selbst offensichtliche Verstöße für korrekt hält?

Übrigens: In der Sache habe ich auch Beschwerde bei der Berliner Datenschutzbeauftragten erhoben, sogar doppelt. Erst wegen der WISE, weil die die Auskunft verweigert und eben entgegen Artikel 22 automatisiert gesperrt hat. Und etwas später dann wegen der Sache mit der Abfrage von Kontodaten durch das Landeskriminalamt Berlin. Denn bei Datenschutzverstößen im (EU-)Ausland kann man sich an den für einen selbst örtlich zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten wenden, der dann die Sache zusammen mit dem im EU-Land zuständigen ausländischen Datenschutzbeauftragten koordiniert.

Sie stellt sich seither tot.