Das Geschwätz des SAP-Chefs vom Leistungsdenken
Auf einmal will man wieder Leistung.
Mir fällt gerade ein Interview der WELT mit SAP-Chef Christian Klein auf, der im Oktober 2019 im Alter von 39 Jahren SAP-Chef wurde.
Da heißt es:
Klein: Natürlich gibt es einen gewissen Mangel an Fachkräften. Vor 20 Jahren waren wir nahezu die Einzigen in Deutschland, die Software-Entwickler gesucht haben. Mittlerweile ist jeder Automobilhersteller quasi auch ein Softwareunternehmen. Und das führt deutlich zu einem Mangel an entsprechenden Fachkräften in Deutschland. Aber es mangelt auch generell an einem gewissen Leistungsdenken. Ich verfolge gerade die Diskussionen, dass bei den Bundesjugendspielen plötzlich jeglicher Wettkampf abgeschafft werden soll. Später im Arbeitsleben kommen auf unsere Kinder auch gewisse Drucksituationen zu. Mit Druck umzugehen muss man einfach auch lernen.
Nein. Das war SAP nicht.
Ich hatte vor 20 Jahren ein haarsträubendes Vorstellungsgespräch bei SAP, und die dort angelegten Kriterien und so manche Personalie aus dem SAP-Umfeld sorgen noch heute für meine Verachtung dieses Konzerns. Die Einzelheiten kann ich nicht beschreiben, weil ich sie nicht beweisen kann. Würde ich sagen, was damals in diesem Vorstellungsgespräch vorgefallen ist, würden mich sämtliche Anwälte SAPs verklagen. Man hat auch keine „Softwareentwickler“ gesucht, sondern möglichst gefügige Befehlsempfänger, und nicht umsonst stand SAP damals bei den Informatikern an der Uni als Kürzel für „Senke arbeitsloser Physiker“. Die haben für möglichst geringe Gehälter Leute ungeachtet deren IT-Fähigkeiten eingestellt, die sie günstig bekommen und die halt so ein kleines bisschen programmieren konnten und beim PC die Rückseite gefunden haben.
Aber auch wenn man von SAP abstrahiert und auf die DAX-Unternehmen verallgemeinert:
Die schwafeln erst vom Leistungsprinzip, seit sie nur noch stinkfaule Generation-Z-Leute auf dem Arbeitsmarkt finden.
Die letzten 20 Jahre hat man auf das Leistungsprinzip gepfiffen. Da galt nämlich Frauenquote und Gleichbezahlung. Da hat man das Leistungsprinzip demonstrativ abgeschafft und zum Teufel gejagt, und den Leuten systematisch und ostentativ qualifikations- und befähigungsfreie Quotentussis vorgezogen und nach oben befördert. Man hat jedem, der noch irgendwas leisten wollte, drastisch vor Augen geführt, dass seine Leistung ihm nichts bringt, und nur dazu führt, dass er die Arbeit für andere mitmacht, den ganzen Gerechtigkeitsballast mitschleppt. Keine Rede von Leistung, es ging nur um „Gender Pay Gap“. Da wurde Leuten, die das studiert haben und über 10 Jahre Berufserfahrung hatte, plötzlich irgendeine ahnungslose Quereinsteiger-Tussi mit unterirdischem Benehmen als Vorgesetzte vor die Nase gesetzt. Die sich dann meistens mit den Leistungen anderer schmückten.
Einer ganzen Menge von Leuten wurde das zu blöd.
Viele haben den Leistungswillen eingestellt und sich auf Dienst nach Vorschrift reduziert.
Andere haben sich aus dem Dasein als Angestellter zurückgezogen und sich als Freiberufler teuer und ohne den Gender-Pay-Gap-Vergleich betätigt.
Wieder andere sind ins Ausland gegangen.
Und viele aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis – und damit meiner Altersstufe – haben sich in irgendeine Art von Vorruhestand begeben oder machen nur noch irgendwelche leichten Arbeiten und überbrücken die Zeit bis zur Rente aus der Spardose.
Mir schreiben auch viele, dass sie sich selbst auf Hartz IV gesetzt haben und keinen Finger mehr rühren.
Es hat sich das MESA-Prinzip durchgesetzt. MESA = Macht Euren Scheiß alleine!
Warum? Weil es keinen Leistungsgedanken mehr gab, weil Leistung nicht honoriert wurde, weil der Dumme war, wer etwas geleistet hat. Selbst wenn man die Leistung anerkennend zur Kenntnis nahm, hat Leistung oft dazu geführt, dass man nicht mehr befördert wurde, weil man genau da, wo man war, für unentbehrlich gehalten wurde – während man Leute, die auf ihrem Posten gar nichts geleistet haben, befördert hat, weil sie da, von wo man sie wegbefördert hat, ja nicht fehlen, und sie auf einem anderen Posten vielleicht einen Nutzen haben – oder jetzt auf einem Posten sitzen, auf dem man am besten die Klappe hält und nichts macht. Ich habe einige Male Leute auf höchsten Konzernposten erlebt, die einfach gar nichts machen. Und man hatte sie dahingesetzt, damit sie nichts machen.
Das ganze Prinzip war umgekehrt leistungsorientiert: Je weniger einer macht und kann, desto höher kommt er. Und je mehr einer kann, desto mehr braucht man ihn da, wo gerarbeitet wird: Bei den Bodentruppen.
Und jetzt, wo ihnen der Kittel brennt, jetzt kommen die an und beklagen, dass es am Leistungsdenken fehlt, das man selbst in den letzten 20 Jahren totgeschlagen hat.