Ansichten eines Informatikers

Wo Thomas Gottschalk recht hat

Hadmut
24.11.2023 18:20

Ich kritisiere ja gerne. Aber ich kann auch mal jemandem zustimmen.

Ich habe gerade im Fernsehen ein Interview mit Thomas Gottschalk zu seiner morgigen allerletzten Wetten, dass…?-Sendung (wenn ich richtig mitgezählt habe, ist es die dritte allerletzte Sendung) gesehen, in dem er sagte, dass es jetzt wirklich die letzte sei. Und das nicht nur, weil er selbst nun schon 73 sei, auch wenn er sich nicht so fühle, er aber nicht wolle, dass man ihm seine Gäste erst erklären müsse, wer das ist und warum, und mit wievielen Followern. Sondern auch, weil die Zeit der großen Abendunterhaltung für alle einfach vorbei sei.

Und das ist ein wichtiger Punkt.

Etwas in der Art hatte ich ja damals auch schon als Sachkundiger für den Landtag Sachsen zur Anhebung der Rundfunkbeiträge geschrieben – nämlich dass das große zentralistische Fernsehen einfach vorbei ist.

Und das hat nicht nur mit der Veränderung der Gesellschaft und der Sehgewohnheiten zu tun, sondern auch mit der Veränderung und dem Fortschritt der Technik. Im letzten Jahrhundert war ein Fernsehstudio, eine Fernsehübertragung noch ein monströser technischer Aufwand, kostete eine einzelne Fernsehkamera alleine schon mehr als ein Einfamilienhaus. Ich kann mich noch erinnern, als ich – noch Schüler – den Führerschein gemacht habe und der Fahrlehrer uns riet, auf eine höhere Versicherungsdeckung zu achten, weil man sich mit einem einzigen Unfall sonst finanziell ruinieren könne – irgendwo hatte jemand beim Auffahren auf die Autobahn einen kleinen Fehler gemacht, der dazu führte, dass ein Sendewagen des Fernsehens umgekippt ist. Großschaden, siebenstellig. Noch in PAL. Wir hatten damals als ganzer Staat nur Produktions- und Sendekapazitäten für sechs, sieben, acht Programme – ARD, ZDF, die Dritten, und auch das nur von ca. 17.00 Uhr bis kurz nach Mitternacht. Grob geschätzt, trotz riesigem Aufwand kaum 100 Stunden Sendekapazität pro Tag, für das ganze Land. Da blieb gar nichts anderes übrig, als Sendungen für alle zu machen. Einen ähnlichen Effekt hatte ich schon für die Presse der letzten 300 Jahre beschrieben.

Heute bekommt man schon für dreistellige Beträge Geräte, die weitaus leistungsfähiger sind und in Top-Qualität in FullHD oder 4K senden können. Kinder senden auf Youtube und TikTok.

Es gibt keinen Grund und keinen Bedarf mehr dafür, Sendungen für alle, für jeden Geschmack, für jedes Alter zu machen. Man will heute individuelle Sendungen, aber auch „näher dran“. Nicht mehr die große Halle mit Gästen von jung bis alt, sondern auf kurze Distanz.

Die Sache hat einen Knackpunkt.

Weil wir nämlich große Sendungen wie Wetten, dass…? nicht mehr brauchen und nicht mehr wollen, sondern kleine, dafür viele, individuell zugeschnittene Sendungen, bis runter zum einzelnen Youtuber, brauchen wir auch die Rundfunkanstalten nicht mehr. Jedenfalls nicht mehr so viele.

Schaut man sich an, was ARD und ZDF so senden, dann sind viele Teile des Programms längst keine Eigenproduktionen mehr, sondern werden von externen Produktionsfirmen zugespielt. Also eigentlich schon dezentral und von kleinen Produzenten.

Gerade wollen die ÖRR noch mehr Geld. Immer mehr Geld. Während da immer mehr Korruption und Geldverschwendung tobt.

Meines Erachtens, wie schon gegenüber dem Landtag Sachsen beschrieben, ist die Obsoleszenz von Wetten, dass…?, die sogar Gottschalk selbst beschreibt, kein Problem dieser Sendung, sondern nur ein Symptom dessen, dass der Öffentlich-Rechtliche Rundfunk in seiner Form weg kann. Weg muss.

Wir haben auch nicht mehr die knappen Sendefrequenzen wie früher, als man nur drei, vier, fünf Programme senden und für jedes Programm noch eine eigene Antenne aufs Dach schrauben musste. Wir haben heute Digitalfernsehen und Streaming in einer Kapazität, dass wir jeden Haushalt, jeden Seher quasi mit eigenem Programm versorgen können. Es gibt keine Rechtfertigung mehr für zentralistischen Rundfunk.

Meines Erachtens sollte es nur noch eine Art Marktplatz geben, auf dem jeder, der will, anbieten kann, der dann die Angebote, je nach Zugriffszahlen und Bedarf, per Broadcast oder Streaming ausleitet, und die Einnahmen proportional (oder proportional logarithmisch) verteilt. Es also nicht mehr die Redaktionen, sondern die Zuschauer bestimmen, was beliebt ist und was nicht.