Mac oder Microsoft?
Ein Arzt fragt an.
Grüße Sie Herr Danisch,
Schon öfter haben Sie ja erwähnt, dass Sie es für unverantwortlich halten, Microsoft installiert zu haben.
Seit einigen Monaten habe ich eine kleine eigene Arztpraxis eröffnet. Aktuell läuft das Praxisverwaltungssystem noch auf Microsoft. Ich plane jetzt aber eigentlich es ausschließlich auf Apple Geräten laufen zu lassen. Halten Sie das auch für eine bessere Entscheidung?
Vielen Dank für eine kurze Rückmeldung ihrerseits.
Das ist eine schwere Frage. Ich weiß nicht, ob ich die seriös beantworten kann. Dazu müsste ich vor allem erst einmal etwas über dieses Praxisverwaltungssytem wissen.
Rein technisch gesehen würde ich dazu neigen, ein solches Praxissystem, sollte ich es bauen, client-server-mäßig zu bauen und den Client, soweit möglich, als Browser zu bauen, und dann zu sagen, dass es ziemlich egal ist, was man verwendet, Hauptsache Browser, aber ich glaube, das klappt so nicht ganz. Man braucht ja auch Rezeptdrucker, vielleicht Anbindung an Medizingeräte auf Client-Seite, z. B. Ultraschallbilder, EKG oder irgendsowas digital einlesen, oder Barcodedrucker oder -leser für Blutproben und so ein Kram (Barcodeleser funktionieren meist auch mit Browsern), insofern müsste ich erst einmal die Anforderungen kennen, bevor ich so etwas beurteile. Generell neige ich zu der Auffassung, das zu einer Praxis ein Server gehört, und für den würde ich weder Microsoft noch Apple (Apple baut keine Serversysteme) verwenden. Ich kann so aus dem Stand auch nicht sagen, wo der Server stehen darf und muss.
Ich kann mich erinnern, dass mich vor einiger Zeit schon mal Ärzte kontaktierten, weil irgendwas ihnen vorschrieb, dass sie Patientenakten vorhalten müssen, und die dann von der Polizei durchsucht und beschlagnahmt werden könnten. Ärzte meinten aber, die Vorschrift besagte nur, dass und wie lange sie das vorhalten müssten, aber nicht wo. Es gäbe keine Vorschrift, die besagte, dass sie die Akten auch in der Praxis aufbewahren müssten.
Ich kenne aber auch die rechtlichen Anforderungen nicht.
Ich weiß eigentlich fast gar nichts von Arztpraxen, um das beantworten zu können.
Ich habe mal ein Sicherheitsprojekt in einer Klinik geleitet, habe mal einem Arzt inoffiziell den FTP-Zugang auf der Sun freigeschaltet, die seinen Computertomographen steuerte, weil der Hersteller ihm sagte, das koste den Gegenwert eines Neuwagens, weil dazu der Rechner erst mit Ethernet ausgestattet werden müsste, ich aber wusste, dass das Blödsinn ist, weil das Modell von Sun Ethernet schon auf dem Mainboard fest eingebaut hatte, und es mich 3 Minuten gekostet hat, ihm das Ethernet zu konfigurieren und FTP einzuschalten, weil der Techniker des Herstellers das Root-Passwort auf einen Zettel geschrieben hatte, der irgendwo klebte. Und ich habe mal einige Kliniken als Sicherheitskunden gehabt. Sogar ein Bundestagsgutachten über Sicherheitsanforderungen im Medizinwesen geschrieben.
Das ist aber alles mindestens 15 Jahre her.
Man müsste erst einmal das alles ordentlich erfassen, was eigentlich die Anforderungen sind.
Ich stecke auch nicht tief genug in den Macs drin.
Zwar habe ich einige Macs, und hatte auch in den letzten 10 Jahren einen Dienst-Mac, aber so richtig tief durchblicken tue ich das nicht, weil wir da den Firmen-Modus nicht verwendet haben (kostet Aufpreis) und ich immer dann, wenn es hart zur Sache ging, virtuelle Linux-Systeme auf dem Mac verwendete.
Ich sage es mal so:
Die Hardware gefällt mir, ist zwar teurer, hat sich aber auch als (meist, nicht immer) haltbarer erwiesen, und hat wegen ihres Metall-Glas-Designs womöglich den Vorteil, leichter zu desinfizieren und resistenter gegen Desinfektionsmittel zu sein als Kunststoff. Ich habe bei den Mac-Tastaturen auch nicht das Problem, dass die Buchstaben abrubbeln, weil die beim Mac komplett durchgehen und nicht aufgeklebt oder aufgedruckt sind, weil die von innen beleuchtbar sind (Macbook Pro).
Allerdings hatte Apple in letzter Zeit, soweit ich lesen konnte, auch ein paar ziemliche Qualitätsprobleme und deshalb sogar ein Release verschoben, weil man sich doch erst einmal dem Bug fixing zuwandte. Auch bei Mac muss man sich um Backups kümmern, und das hat der Mac zwar theoretisch über Time Machine eingebaut, aber als so sonderlich zuverlässig habe ich das nie erlebt. Ich habe es zwar noch nie gebraucht, aber die inkrementellen Backups haben sich immer wieder beschwert, dass sie die letzten nicht lesen können, und alles neu anfangen müssen. History futsch.
Apple ist auch notorisch bekannt dafür, dass sie einem überall ihre Cloud aufzwingen und verdammt viel Zeugs hochladen.
Und ich habe auch noch keine Macs in einer Firmennetzkonfiguration, also mit zentraler Verwaltung und übergreifender Accountverwaltung betreut.
Und die Softwareverwaltung auf Apple finde ich gruselig, unwürdig.
Ich weiß auch nicht, inwieweit man Apple überhaupt trauen kann. Ich habe immer das Gefühl, dass sie einen zwar ausspionieren, aber nicht ganz so unseriös sind wie Microsoft. Kann mich aber auch täuschen.
Die Oberfläche des Macs finde ich aber um Welten besser als Windows, auch wenn ich auch mit dem Mac nicht allzu glücklich bin.
Ein Vorteil des Macs ist aber, dass Hardware und Betriebssystem aus einer Hand kommen und deshalb irgendwelche Treiberinstallationen und so weiter nicht erforderlich sind. Der Mac ist zwar auch nicht fehlerfrei, aber erfahrungsgemäß funktioniert das alles gut und stabil.
Eine zentrale Frage ist aber: Bekommt man im Falle eines Falles auch wirklich Ersatzhardware?
Und was mich da stört, ist, dass man Macs kaum noch erweitern kann. Früher kommt man da noch RAM-Riegel reinstecken, inzwischen muss man alles schon ab Werk bestellen, weil eingelötet.
Langer Rede, kurzer Sinn:
Ich weiß es nicht und kann es nicht mit Gewissheit sagen, weil ich überhaupt nicht weiß, welche Software Ärzte heute einsetzen können und müssen, und wo die läuft. Nachher stellt man sich überall Macs hin, und dann will irgendeine Krankenkasse, irgendeine Behörde, irgendein Kartenleser, irgendein Medizingerät, dass man einen Windows-Treiber verwendet.
Und selbst wenn das jetzt funktioniert: Wer weiß, was denen nächstes Jahr noch einfällt? Wer von unseren Politikern sich da von Microsoft einschüchtern oder sonstwie einsacken lässt?
Sorry, aber die IT-Landschaft ist einfach besch…sch…scheiden.
Eigentlich bräuchten wir so etwas wie einen europäischen Rechner mit – wie ich neulich schon schrieb – immutable Betriebssystem und monolithischem Update, das als Grundlage für Branchenanpassungen verwendet werden kann – Lehrer, Schüler, Behörde, Ärzte, und so weiter. Das kriegen wir aber nicht hin, weil wir dafür nicht nur kontinental zu doof sind, sondern die endlose Fülle an Verwaltungsvorschriften, Minderheitenquoten, Genderwahn und so weiter es unmöglich machen würde, so etwas zu entwickeln. Meine Hoffnung ist da noch unter Null, weil ich nicht nur nicht daran glaube, dass wir das schaffen könnten, sondern wenn ich mir anschaue, was in der Politik so läuft, und wer da auf den Posten sitzt, ich mich bei dem Gedanken „hoffentlich nicht“ ertappe.
Generell würde ich schon dazu tendieren, es wenigstens mal auszuprobieren. Notfalls kann man Macs auch ganz gut gebraucht wieder verkaufen (unbedingt professionell löschen und neu installieren!). Und unter den Ärzten zu kommunizieren und vergleichen.
Bis neulich war das auch noch so, dass die Macs einen x86-Prozessor hatten und man notfalls auch ein virtuelles Windows auf einem Mac laufen lassen konnte, dann hatte man einfach beides. Inzwischen geht das aber nicht mehr, weil die nun andere Prozessoren verwenden, die nicht mehr x86-kompatibel sind.
Aber wie gesagt: Ich kann es nicht seriös beantworten, weil ich die Medizinanforderungen gar nicht und MacOS und deren Firmenmechanismen zu wenig kenne.
Ich rate aber dringend dazu, zu eruieren, inwieweit man mit Linux arbeiten könnte, damit man für den Notfall ein Reservesystem hat, das sich schnell und einfach mit leicht und billig verfügbarer Hardware betreiben kann. FullHD-Bildschirme gibt es ab 100 Euro. N100-PCs mit 16GB RAM und mindestens 256GB SSD bekommt man unter 200 Euro inkl. USt. Tastatur, Maus nochmal ab 30 Euro. Nach Abzug von Steuern kommt man da im einfachsten Fall unter 200 Euro pro System. Notebooks gibt es auch schon brauchbar ab etwa 300 Euro. Es ist also sicher keine dumme Idee, einfach mal auszuprobieren, was von dem Arztzeugs auf Linux laufen könnte, und sich einfach mal ein paar Rechner in Reserve in den Schrank zu stellen. Und einfache Notebook-Rechner kann man sowieso immer irgendwie brauchen, das ist ja kein totes Material, außerdem steuerlich geringwertig, und auch darüber inzwischen nach Finanzministerium in einem Jahr abzusetzen. Mit Fedora Silverblue/Kinoite oder ab demnächst Ubuntu immutable Desktop hat man dann auch ein wartungsarmes und hoffentlich robustes und sicher(er)es System. Dann hat man zumindest ein Reserversystem, falls irgendwas anbrennt.
Auch sollten Ärzte das eruieren, evaluieren und kommunizieren, was bei solchen Experimenten herauskommt. Pflichtenheft, Anforderungskatalog erstellen.