Zur Katastrophentauglichkeit
Ein Notarzt mit Feuerwehrinsiderwissen schreibt mir:
Zu Deutschland:
Ich weiß von verheerenden Hotelbränden, wo die Leute regelmäßig ihre Koffer und Taschen zuerst ins Sprungpolster der Feuerwehr werfen. Ein älterer Kollege hat immer vom Brand eines Bürohauses in der City berichtet: Die Angestellten nahmen noch alles mögliche mit, Schreib- und Rechenmaschinen (heute wären es die PC?), Aktenordner usw., so das sich die Drehleiter völlig überladen im Mauerwerk verkeilte und nicht mehr zu bewegen war.
Leute, die ihre Schreibmaschinen und Aktenordner noch vor sich selbst retten wollen.
Und zu Japan:
Zu Japan: Das Verhalten der Leute dort hat eine Menge mit dem Drill zu tun, der wegen der hohen Erdbebengefahr bereits im Kindergarten statt findet: Die Kinder lernen, sich auf ein bestimmtes Stichwort, das völlig ungeplant und spontan im Unterricht fällt, z.B. unter den Tisch zu werfen.
Und es gibt riesige, volksfestartige Erdbebenübungen mit tausenden Teilnehmern: In ruckelnden Erdbebensimulatoren krabbeln z.B. ganze Familien dabei unter Küchentische.
Aus dem Grund ist die Nachbarschaft auch in Zivilschutz-Gemeinschaften organisiert. Die haben einen kleinen Transporter mit dem Nötigsten und fangen oft vor dem Eintreffen der Feuerwehr schon mit dem Löschen an!
Wenn ich mir so etwas auch nur entfernt in Deutschland vorstelle. Irgendwo in der bayerischen Pampa könnte das noch funktionieren, aber in Berlin? Oder im Ruhrgebiet?
Stellt Euch mal vor, wie all diese „Coolen“, diese Gefahrennichternstnehmer reagierten, wenn die Lehrerin sowas schreien würde. Die vielleicht noch meinen, dass sie aus einem Kriegsgebiet kommen und hier dann gar nichts zu fürchten hätten. Außer vielleicht, dass sie eine gute Handy-Aufnahme verpassen.
Ich war mal in Neuseeland abseits, in der tiefsten Provinz, in einem Feuerwehrmuseum, das von einem pensionierten Feuerwehrmann geführt wurde, und der ganz überrascht war, dass überhaupt jemand vorbei kam. Wie ich ihn gefunden hätte. Er sei auf Google Maps eingezeichnet. Ich war völlig verblüfft, dass es dort im Feuerwehrbereich etwas gibt, was auch im englischen Sprachraum nur einen deutschen Namen hat. Weiß gar nicht mehr, ich glaube, es war der „Zumischer“, mit dem Löschmittel zum Wasser zugesetzt wird. Mit dem unterhalten. Der sagte mir, dass sie hier draußen auf dem Land sehr weit weg wären von der nächsten Berufsfeuerwehr und deshalb auch so eine Art Gemeinschaftsfeuerwehr haben, also noch weniger als eine freiwillige Feuerwehr. So ab und zu stehe dort ein Grundfeuerwehrauto bereit, paar Schläuche, paar Äxte, eine Pumpe. Die Leute üben das aber nicht regelmäßig, sondern wissen nur so im Prinzip, wie das geht, haben irgendwann mal eine Einweisung bekommen. Und zumindest für Waldbrände reicht das sogar, wenn es brennt, kommen welche und kriegen das auch aus. Nur: Das Zeug sei in entsetzlichem Zustand, weil die einfach alles, was es da gibt, dann völlig dreckig, versifft und ungeprüft irgendwie wieder in das Auto schmeißen und es einfach stehen lassen bis zum nächsten Brand. Man weiß dann nie, was und in welchem Zustand man da vorfindet.
Aber würde, könnte so eine Gemeinschaftsfeuerwehr – also keine freiwillige, bei der die, die wollen, regelmäßig dabei sind und das lernen und üben, sondern eine Nachbarschaftsgelegenheitswehr – in Deutschland noch funktionieren?
Wo man schon die Berufsfeuerwehr angreift und das Zeug aus den Feuerwachen klaut?