Ansichten eines Informatikers

Endlich einheitliche Kabel

Hadmut
5.1.2024 17:06

*Seufz*

nachdem zumindest der Papiermüll (anderes Unternehmen, anderer Schlüssel) wieder abgeholt wurde, habe ich gerade mal einen großen Teil der Kartons, Papiertüten, Verpackungen rausgeworfen, der sich von den Jahresendeinkäufen angesammelt hat. So eine Wohnung ist gleich viel wohnlicher, wenn mal der ganze Müll raus ist. Und es ist erstaunlich, wieviel Staub sich innerhalb von nur zwei Wochen hinter einem Karton ansammelt, den man so vorläufig mal in eine Ecke stellt, bis wieder Platz im Papiermüll ist.

Wie ich also gerade so im finstern Verschlag stand und die Kartons zerlegt habe, damit die möglichst wenig Volumen wegnehmen, auch weil es den Nachbarn ja genauso geht, und auch die Kartons nochmal alle durchgesehen habe (ich prüfe die vor dem Wegwerfen immer ganz genau, weil ich die Angewohnheit habe, Kabel, Verpackung und so weiter erst einmal 2-3 Wochen im Karton zu lassen, denn ab und zu kommt es vor, dass ich irgendwas zur Gewährleistung wieder zurückschicken muss, gerade ja den PC mit dem defekten Einschalter), nehme ich auch deshalb die Kartons immer möglichst vollständig auseinander, damit mir kein Kabel oder Zubehörteil in den Müll rutscht. Und das war auch gut, dass ich das alles nochmal durchsehe, ein Stromkabel war noch in einem der Kartons.

Dabei ging mir etwas durch den Kopf: Es gibt fast keine Spezialkabel mehr.

Alles, was ich in letzer Zeit gekauft habe, hatte, wenn denn überhaupt noch mit Kabeln geliefert, nur noch

  • Standard-Stromkabel, entweder zweipolig (IEC-60320 C7/C8) oder „Kleeblatt/Micky Maus“ (IEC-60320 C5/C6)
  • USB-Kabel (A zu C oder C zu C)
  • HDMI-Kabel
  • ganz selten optisches Audiokabel
  • machmal ein kleines dünnes Flachband-Ethernetkabel

und selbst wenn alle Kabeln fehlten, wäre das auch kein Problem, weil ich von allem inzwischen eine Kiste vorrätiger/übrig gebliebener Kabel habe.

Früher dagegen hatte so ziemlich jedes Gerät irgendwelche proprietären Phantasie- und Sonderstecker, kam jedes Gerät mit irgendeinem ganz speziellen Spezialbuchsen und noch viel speziellerem Spezialkabeln mit Spezialsteckern daher, jeder irgendwas anderes. Ich habe irgendwo noch eine Kiste mit solchen „So-eins-kriege-ich-nie-wieder“-Kabeln – in Wirklichkeit „So-eins-brauche-ich-nie-wieder“-Kabel – längst entsorgter Geräte, und früher hatte ich auch eine riesige Sammlung von Netzteilen, für jedes Handy-Modell ein anderes. Eigentlich kommen inzwischen nur noch die Akku-Powerstations mit Ladeeingang für Solarzellen jedes mit einem anderen Stecker.

Nicht, dass ich dadurch jetzt weniger Netzteile hätte, jetzt habe ich auch eine riesige Kiste mit noch mehr USB-Netzteilen jedweder Leistung, Größe, USB-Norm, Steckerzahl und so weiter, aber ich kann die jetzt mischen und tauschen.

Das ist sehr erholsam.

Fehlt noch bei Akkus. Fällt mir so auf. Bei Nikon habe ich eine riesige Sammlung von Akkus, weil die sich für jede Kamera eine neues Modell ausdenken (und inzwischen sogar beim gleichen Akku-Format drei, vier verschiedene elektronische Untervarianten, je nachdem, ob die Kamera den Zustand erfassen oder den Akku gar in der Kamera laden können soll), ähnlich bei GoPro, während bei Sony, zumindest soweit ich sehen kann, mit nur zwei Akkutypen alle Kameras funktionieren: Ein großer und ein kleiner. Der große für große Kameras mit großem Hunger, der kleine für kleine Kameras mit kleinem Hunger.

Und das wäre etwas, was ich mir noch wünschen würde: Einheitliche Akkus. Damit man nicht mehr einen ganzen Schrank voller Akkus braucht, die man jeweils nur selten verwendet, und die sich alle technisch gleichen, weil sie alle zwei LiIon-Zellen drin haben, aber jeder Hersteller seine eigene Suppe draus kocht, um seine eigenen Teuer-Akkus zu verkaufen, was ironischerweise darauf hinaus lief, dass die Original Nikon-Akkus für die Z50 neulich gar nicht mehr lieferbar waren und man gezwungen war, die von Drittherstellern zu kaufen (was ich sowieso mache, zumal meine Erfahrungen da bisher nicht schlecht waren, außer teils bei der Lebensdauer, das macht aber nichts, wenn sie nur ein Drittel kosten; leider schwindeln die Dritthersteller mitunter bei der Kapazität). Ich habe den Schrank voller Akkus, die künstlich inkompatibel zueinander gemacht sind, obwohl technisch überall das Gleiche drin ist.

Das wäre noch ein Brüller, wenn man herstellerübergreifend einheitliche Akkus hätte. (Was es tatsächlich mal gab. Lange Zeit, bis etwa 2010, konnte ich alles, was ich an Kamera-Zeugs habe, entweder mit 2 oder mit 4 Mignon/AA-NiMH-Akkus betreiben. Dann kamen die LiIon-Akkus auf mit ihrer höheren Dichte und Leistung, und dann rührte jeder seine eigenen Akku-Formate zusammen. Kurioserweise entstand aber mit dem 18650 ein neuer de-facto-Standard, ausgerechnet durch E-Zigaretten.)

Das wird aber nicht kommen. Denn im Gegensatz zu Kabeln, die für die Hersteller ein Kostenfaktor sind, weil sie sie mitliefern müssen, und die Geld sparen, wenn sie einheitliche Kabel kaufen und mitliefern, statt sie individuell anfertigen zu lassen, würde mit einem Einheits-Akku das Geschäft mit den Ersatzakkus wegfallen. Es besteht aber die Hoffnung, dass das Geschäft durch die Dritthersteller sowieso keines mehr ist und die Hersteller ihren Widerstand aufgeben, zumal es da einen allgemein anerkannten Prozess gibt, dass die Kamera nicht mehr die Solotänzerin und Prinzessin der Ausrüstung ist, sondern nur noch ein Teil eines Equipments, das man rund um das Rig zusammenschraubt. Man hat eben keine „Nikon-Ausrüstung“ mehr wie früher, sondern schraubt sich von drei, vier, fünf Herstellern zusammen, was man braucht. Und irgendwo da drin steckt dann eine „Nikon-Kamera“. Früher hatten beispielsweise die Kamerahersteller alle ihren eigenen Zubehörzoo, was sie aber auch schon weitgehend aufgegeben haben. Die gehen mittlerweile offen damit um, dass man die Mikrofone von Rode, die Rekorder von Atomos und die Rigs und Cages von Smallrig kauft, und machen sich nicht nur kompatibel, sondern kooperieren. Die für die Z50 nötige Stativplatte gab es erst gar nicht mehr von Nikon selbst, sondern gleich nur noch von Smallrig, weil die das in ihrer Massenherstellung gleich billiger hinbekommen, als wenn sich Nikon das einzeln machen lässt. Ebenso geht das Gerücht, dass Nikon keine Blitzgeräte mehr herstellen will, weil die Hersteller, die sich auf Blitzgeräte spezialisieren und die herstellerübergreifend in großen Stückzahlen bauen, das längst billiger und genauso gut hinbekommen. Wenn ich beispielsweise ein Nikon-Blitzgerät von Godox kaufe, passt das mit dem Fuß zwar auch nur auf Nikon, aber ich kann damit drahtlos das Godox-Blitzgerät mit dem Sony-Fuß als Remote-Blitz einsetzen, und dasselbe auch umgekehrt, was mit Original Nikon- und Sony-Blitzgeräten eben nicht geht, komme also mit weniger Blitzgeräten aus. (Was von Vorteil ist, weil ich sowieso nicht gerne und fast nie blitze, ich mag das nicht, halte es aber für notwendig, Geräte parat zu haben, weil man sie manchmal eben doch braucht. Und finde es famos, wenn man dasselbe externe große Blitzgerät mit allen Kameras gut steuern kann, weil es Steuergeräte für alle Kamerahersteller gibt.)

Früher war es ein Wettbewerbsvorteil, inkompatibel zu sein. Weil der Kunde gezwungen wird, alles beim selben Hersteller zu kaufen. Kennt man ja auch von Microsoft und Apple. Inzwischen wird das zum Wettbewerbsnachteil, wird ungekehrt die Kompatibilität und das Zusammenarbeiten mit den Produkten anderer Hersteller, die irgendwas anderes machen, zum Wettbewerbsvorteil. Heute schreiben die auf die Packung, dass die Kamera mit dem Recorder der Firma sowieso arbeitet oder der Recorder brüstet sich, dass er mit dem neuesten Firmwareupdate auch mit den Kameras der Firma irgendwas prima funktioniert. Weil die sich inzwischen darin einfügen, nicht mehr alles zu liefern, sondern einen Baustein in irgendeinem Gesamtgebilde, der möglichst kompatibel zu allen anderen sein muss. Heute steht man echt blöd da, wenn man ein Gerät liefert, das nicht per USB-C zu laden ist, damit man es an jeder Powerstation, in jedem Flugzeug, jedem Hotelzimmer und so weiter aufladen kann.

Ich bin mal gespannt, wo wir in 5 oder 10 Jahren sind. Ob sich diese Vereinheitlichung fortsetzt. Das macht die Sache für die Hersteller manchmal auch schwieriger, weil man nicht mehr so an einen Hersteller gebunden ist. Und vielleicht hat Apple auch irgendwo recht damit, dass das innovationshemmend wirkt (was insofern Quatsch ist, weil der USB-C, zu dem Apple gezwungen ist, tatsächlich leistungsfähiger als deren proprietärer Lightning-Stecker ist, ihnen aber weniger Geld beschert).