Plug Option: Die Flugzeugtürbolzenwette

Interessante neue Informationen zu Boeing und den „door plugs“ kommen von einem Leser:

eine Anmerkung zum Artikel “Quality is a myth: Schraube locker”:

Deine Vermutung, die “Door Plugs” seien von außen aufgesetzt und abgedichtet und werden durch “Bolzen” gehalten ist nicht korrekt. Auch diese “Door Plugs” sind technisch gesehen “Plug Type”, d.h. sie stoßen innen gegen strukturelle Teile des Rahmens (im Fall der 737 eine Art Laschen, die auch auf den Bildern gut am Rahmen sichtbar sind – sie sind nicht gebrochen sondern vollkommen intakt) und werden mit dem hohen Luftdruck im Inneren des Flugzeugs von innen (!) gegen diese gedrückt. So wie “normale” Türen in der Regel auch. Zum öffnen müssen diese “Plug Type” Türen dann in der Regel nach oben oder unten verschoben werden um den Rahmen zu passieren und überhaupt nach außen aufgehen zu können. Im Fall der 737Max haben die Türen Federn und Gelenke am unteren Rand, die sie dann nach außen klappen, nachdem sie ein wenig angehoben wurden (und damit den Rahmen passiert haben). Da diese “Door Plugs” (als Türersatz) nun aber keinen Mechanismus zum öffnen besitzen, und um zu verhindern, dass sich das Teil verschiebt und potenziell nicht mehr von den Laschen gehalten wird, werden 4 Bolzen angebracht. Diese Bolzen verhindern NUR das verschieben der Tür nach oben, die Last des Luftdrucks trägt vollständig der Rahmen.
Fehlen diese Bolzen (sie werden z.B. ausgebaut um die Tür beim Ausstatten des Flugzeugs mit Sitzen zu beladen) oder brechen diese kann die Tür sich mit der Zeit bewegen und rutscht dann über die Laschen. Sobald das der Fall ist, wird sie nach außen aufspringen.

Hier ist eine ausführliche Beschreibung der Befestigung: https://www.youtube.com/watch?v=maLBGFYl9_o

Ich verwette eine hohe Summe darauf, dass diese Bolzen von vornherein vergessen wurden oder nach dem bewussten Ausbau nicht wieder korrekt eingebaut wurden.

Kleine Korrektur dazu:
Ich hatte geschrieben die betreffende Tür (oder “Door Plug”) muss nach OBEN bewegt werden um zu öffnen. Es sollte aber nach UNTEN sein. Letztlich ändert das aber nichts daran, dass sich die Tür durch den Innenluftdruck in Normalstellung von innen gegen den Rahmen presst.

Bei anderen Flugzeugtypen (die auch “Plug Type”) Türen haben, funktioniert der Mechanismus übrigens anders. Man kann bei Airbus-Türen z.B. auch von innen gut sehen, wie beim schließen der Tür ein Teil am oberen Rand der Tür nach oben gedrückt wird und damit die Tür von innen den den umgebenden Rahmen presst.
Video dazu: https://www.youtube.com/watch?v=l_L3MyGn_Rc
Man sieht bei 0:40 gut, wie sich die Tür leicht anhebt.
Bei 1:34 sieht man die Innenansicht, wie sich das Panel nach oben schiebt.

Was jetzt für mich nicht nur interessant ist, sondern eine wesentliche neue Information enthält.

Gestern nämlich hatte ich das mit den door plugs so verstanden, dass die einmal eingebaut werden und dann für alle Zeit fest drin bleiben, und dabei wohl auch überlackiert und von innen fest verkleidet werden. Das ist aber offenbar nicht so, diese door plugs sind doch so gebaut, dass man sie auch immer wieder rausnehmen kann, nur eben nicht im normalen Flugbetrieb, sondern „maintenance only“, also für Wartungsarbeiten oder den Einbau der Bestuhlung. Die sind also nicht völlig fest, sondern werden dann und wann doch mal wieder rausgenommen und funktionieren auch nicht wesentlich anders als eine normale Flugzeugtür, nur dass sie eben keinen Hebel zum Öffnen und keine Notrutsche haben, und von innen verkleidet werden.

Das betroffene Flugzeug soll erst im Oktober 2023 in Dienst gestellt und damit erst 2 Monate alt gewesen sein. Wenn das Flugzeug aber erst 2 Monate und nicht 15 Jahre alt war (was bei dem Typ ja sowieso nicht möglich wäre, der ist ja noch ziemlich neu), ist schon klar, dass das ein montagenaher Fehler sein muss.

Es könnte also unter Umständen sein, dass nicht Boeing den Bock geschossen hat, sondern die Firma, die die Innenbestuhlung eingebaut hat, wenn die dazu diese door plugs herausnehmen, um die Stühle leichter reintragen zu können (was bei der normalen hinteren und vorderen Tür wegen der Küche schwierig sein könnte, da bekommt man die Dreiersitzreihen ja nicht um die Ecke, aber irgendwie muss das bei Flugzeugen ohne diese Zusatztüren ja auch gehen), und die dann nicht wieder richtig eingesetzt haben.

Und vielleicht hat eine Firma, die „nur“ die Bestuhlung einbaut, niedrigere Sicherheitsanforderungen als eine, die die Flugzeuge baut.