Fifty Shades of Migration
Ein Migrationshintergrundiger schreibt mir.
Sirins & Deutschkenntnisse
Lieber Hadmut,
zu den von mir betreuten hochbegabten Kindern gehören auch solche mit sog. Migrationshintergrund. Heute rief eine Mutter an (türkische Herkunft, deutscher Schulabschluß) und beklagte sich, daß in der vorgesehenen Grundschule für ihren Sohn in der neuen ersten Klasse “nur Ausländer” sein werden: Russen, Syrer und aus anderen arabischen Ländern. Ich – selber Migrantenkind – wies darauf hin, daß sie und ihre Familie doch auch irgendwie “nichtdeutsch” seien. Das schon …. aber die anderen Kindern sprächen zuhause gar kein Deutsch. Und ihr Sohn aus der 2. Klasse habe einen Anteil von 90% Kindern aus nichtmuttersprachlich deutschen Elternhäusern. Der Englischunterricht sei eingestellt worden, weil die meisten kein Deutsch sprächen. Selbst Wörter für Farben wie “rot” müßten erst erklärt werden. Unter solchen Bedingungen sei nicht zu erwarten, daß die Schule auf die besonderen Bedürfnisse hochbegbater Kinder eingehen können wird.
Es gibt einen Unterschied zwischen integrations- und aufstiegswilligen Zuwanderern, die sich um die deutsche Sprache und Bildung bemühen, und denen, für die das (noch) keine Prorität hat. Nach meiner Beobachtung und Einschätzung gibt es unter den “schon länger hier lebenden” Migranten viel mehr Menschen, die sich für deutsche Sprache und Werte einsetzen, als unter den einheimischen Deutschen.
Gruß
Ach, gar. Die Türken beschweren sich bei der selbstmigrationshintergründigen Lehrkraft, weil die Russen, Syrer und Araber in der Schulklasse „nichtdeutsch“ seien. Ohne dass noch ein Deutscher mit drin ist. Ich komme mir langsam vor, als wäre ich Dürrenmatt und dieser Staat ein Buch von mir.
Es erinnert mich an den Vortrag eines jungen Schwarzen auf der Gefängnisinsel Robben Island (wo Nelson Mandela interniert war) in Südafrika über Rassismus. Der erzählte, dass sie lange dachten, dass Rassismus immer nur von den Weißen kommt. Dass sie aber inzwischen auch ohne Weiße beobachten, dass wenn ein junger Schwarzer in den Laden kommt, er von vornherein nur als Ladendieb und nicht als Kunde angesehen wird, obwohl alle Anwesenden, das Sicherheitspersonal, die Verkäufer, die Geschäftsführer, die Eigentümer alle Schwarze sind und in dem ganzen Spiel gar kein Weißer mehr vorkommt. Sie rätselten noch, wer jetzt die Bösen sind, wenn gar keine Weißen mehr da sind. Beeindruckend, dass sie es überhaupt gemerkt haben. Denn andere Schwarze, vor allem in Windhuk, erzählten mir, dass der Rassismus der Weißen gar nichts wäre gegen den Rassismus der Schwarzen untereinander. Und der Reiseleiter einer Südafrikatour, der sich damit sein Studium verdiente, so mittlere Hautfarbe, erzählte mir, dass ihm gegenüber alle rassistisch seien. Die Weißen akzeptierten ihn nicht wegen der Hautfarbe, und die Schwarzen nicht, weil er englisch und afrikaans, aber nicht die Stammessprachen spricht, weshalb sie im einfach alle den Buckel runterrutschen könnten.
Schauen wir uns also die kommenden Spiele zwischen Türken, Arabern, Syrern, Russen, Ukrainern und Afrikanern an, und halten uns selbst von der Bühne fern, setzen uns wie Waldorf und Statler in die Loge und machen Witze über die Bühnenshow.
Vorräte an Chips und Popcorn aufstocken. Das wird sicher lustig.