„Deutschlands Tage als industrielle Supermacht sind gezählt“
Wir gehen nicht nur unter.
Wir machen uns dabei auch noch lächerlich. Die Titanic ist wenigstens mit einer gewissen Würde gesunken.
USA
Die amerikanische Seite Bloomberg trocken: Deutschlands Tage als industrielle Supermacht sind gezählt, Original Germany’s Days as an Industrial Superpower Are Coming to an End. Sie berichten, was hier alles dicht macht und vor die Hunde geht.
Deutschland hat immer noch viel Substanz, einschließlich einer beneidenswerten Reihe kleiner, wendiger Hersteller, und die Bundesbank und andere weisen die These zurück, dass eine umfassende Deindustrialisierung bevorsteht. Aber da die Reformen ins Stocken geraten sind, ist unklar, wie der Niedergang aufgehalten werden kann.
“Wir sind nicht mehr wettbewerbsfähig”, sagte Finanzminister Christian Lindner letzte Woche bei einer Bloomberg-Veranstaltung. Deutschland werde “immer ärmer, weil wir kein Wachstum haben, wir fallen zurück.”
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“Man muss kein Pessimist sein, um zu sagen, dass das, was wir bislang tun, nicht ausreichen wird, um die Wirtschaftsstruktur Deutschlands und unseren Wohlstand über die nächsten zehn Jahre zu erhalten”, sagt Volker Treier, Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). “Die Geschwindigkeit des Strukturwandels ist schwindelerregend.”
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Die schwindende industrielle Wettbewerbsfähigkeit droht Deutschland nach Meinung von Maria Röttger, der Nordeuropa-Chefin von Michelin, in eine Abwärtsspirale zu stürzen. Bis 2025 schließt der französische Reifenhersteller zwei seiner deutschen Werke und gibt die Neureifen-Produktion in einem dritten Werk auf, was 1.500 Arbeiter betrifft. Der US-Rivale Goodyear hat ähnliche Pläne für zwei Werke.
“Trotz der Motivation unserer Mitarbeiter sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir Lkw-Reifen nicht mehr zu wettbewerbsfähigen Preisen aus Deutschland exportieren können”, so Röttger. “Wenn Deutschland nicht mehr wettbewerbsfähig im internationalen Kontext exportieren kann, verliert das Land eine seiner größten Stärken.”
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“Es ist ja nicht nur die Energie, sondern auch die Personalverfügbarkeit in Deutschland, die mittlerweile sehr angespannt ist”, sagt CEO Klaus Geißdörfer. “Wenn man sich jetzt die Demografie anschaut, wie es in zehn Jahren in Deutschland aussehen wird, werden wir einfach strukturell deutlich zu wenig Arbeitskräfte haben.”
Russland
Der Anti-Spiegel unter russischer TLD: Deutschland verarmt, für den Spiegel ist das kein Problem
Der Spiegel hat einen Artikel mit der Überschrift „Heizsaison – Darum ist Deutschlands Gasversorgung plötzlich so stabil“ veröffentlicht, der wirklich interessant ist. In dem Artikel freut sich der Spiegel, dass die deutschen Gasspeicher zu Beginn der Heizsaison randvoll sind und der Spiegel ist optimistisch, dass Deutschland gut durch den Winter kommt. Danach sieht es in der Tat aus, wenn der Winter nicht extrem kalt wird.
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Im Klartext: Deutschland verbraucht 2023 deutlich weniger Strom, weil die Strompreise so hoch sind. Und man kann im Wirtschaftsteil des Spiegel ständig lesen, dass die hohen Strompreise der Grund für die Wirtschaftskrise in Deutschland sind, was das Statistische Bundesamt als „konjunkturelle Abschwächung“ bezeichnet. Das bedeutet, dass die hohen Strompreise der Wirtschaft schaden und das wiederum bedeutet, dass die Wirtschaft weniger Strom verbraucht.
Davon, dass es in Deutschland beim Gas eine „Kehrtwende“ im positiven Sinne gibt, wie der Spiegel seinen Lesern zu Beginn des Artikels suggeriert, kann also keine Rede sein.
Polen
Miele und andere Firmen treten ja auch schon die Flucht nach Polen an. Polen wird über uns lachen, die bekommen Industrie quasi gratis.
Schweiz
Am tiefsten bohrt die Schweiz in der Wunde. Die machen gleich eine neunteilige Serie draus: «Das Haus brennt»: Krise total: Läuft Deutschland auf Grund?
Deutschlands Wirtschaft geht bachab: Firmen verlagern die Produktion ins Ausland, es droht eine Deindustrialisierung.
„Bachab“? Das Wort kannte ich noch gar nicht. Ich kannte nur „Mit … geht es bergab“ und „geht den Bach runter“. Ist aber schön.
Und dann – Frechheit! – machen die auch noch so eine schöne Niedergangsgraphik:
Die Weltpresse wundert sich. «Deutschland, das Land der sorgfältigen Planung und Pünktlichkeit, scheint es nicht zu schaffen, dass seine Züge pünktlich fahren», hiess es zuletzt im «Wall Street Journal». Auch die SBB ist genervt. Nun will sie offenbar Züge von München herkommend aus dem Schweizer Fahrplan entfernen.
Die Missstände der Deutschen Bahn scheinen stellvertretend für den wirtschaftlichen Niedergang Deutschlands zu stehen. Das Wirtschaftsmagazin «Economist» sieht in Deutschland bereits «den kranken Mann Europas». An der Börse setzen Anleger Milliardenbeträge auf den Niedergang Deutschlands.
Sie wetten darauf, dass Unternehmen wie Volkswagen oder Siemens abschmieren. Ihre Gewinnchancen stehen gut, wie «Business Insider» schreibt. Viele Firmen hätten derzeit vor allem durch Einsparungen und Kürzungen bei Personal und Investitionen gute Aktienwerte erreicht. Das lasse sich aber nicht ewig durchhalten. Die deutsche Wirtschaft gleiche einem «Auto-Unfall in Zeitlupe», schreibt die «Financial Times».
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Doch die Anzahl Unternehmen steigt, die ihre Produktion entweder drosseln, ins Ausland verlegen oder ganz wegziehen. So streichen energieintensive Firmen wie der weltgrösste Chemiekonzern BASF Tausende Stellen. «Das Haus brennt», warnt der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie. Die Regierung versucht, mit einem milliardenschweren Strompreispaket gegenzusteuern.
Die machen gleich eine Serie draus:
Artikelserie zu Deutschlands Krise
Dies ist ein Artikel der 20-Minuten-Serie über die wirtschaftlichen Probleme in Deutschland:
1. Artikel: Krise total: Läuft Deutschland auf Grund?
2. Artikel: Gangs, Gewalt und Übergewicht: Die Symptome
3. Artikel: Ausgerechnet Deutsche kaufen nun Autos aus China
Ab Mittwoch online und im Print:
4. Artikel: Deutsche Wirtschaftskrise befeuert Zuwanderung in die Schweiz
5. Artikel: Jetzt fordert die Schweizer Wirtschaft neue Handelspartner
6. Artikel: Wird Deutschland für die EU nun das neue Italien?
Ab Donnerstag online und im Print:
7. Artikel: Wer ist eigentlich Schuld am ganzen Schlamassel?
8. Artikel: Deutschlands Krise hat einen grossen Profiteur9. Artikel: Was Deutschland jetzt tun muss