Eine Zeitung auf Papier
Wisst Ihr, was gar nicht mehr so einfach ist?
Eine Zeitung zu kaufen.
Ich war heute etwas an der frischen Luft. Die Strandpromenade am Meer entlangflaniert, in der warmen Sonne ein schönes Eis gegessen, den Wellen zugeguckt. Auf dem Rückweg noch eingekauft.
Eigentlich wollte ich noch eine Zeitung kaufen. Eine auf Papier.
Leute, bitte, versteht mich nicht falsch. Ehrenwort, ich wollte keine Zeitung für mich kaufen. Aber ich brauche für eine Versicherung Fotos eines Gegenstandes auf einer tagesaktuellen Zeitung, um zu zeigen, dass ich den Gegenstand habe, er in gutem Zustand ist und die Fotos davon aktuell sind. Die wollen das so. Ich brauche die nur, um etwas draufzustellen und es so zu fotografieren, dass man Titelzeile, Datum und sowas sieht. So ähnlich wie früher bei den Erpresserbriefen, bei denen man den Entführten mit einer aktuellen Zeitung zeigte, um zu beweisen, dass er noch lebt.
Gar nicht so einfach.
Was wollen Sie? Eine Zeitung? Auf Papier? Nee, tut uns leid, haben wir nicht. Wer liest denn noch Papierzeitungen?
So ähnlich, wie als ich hier fragte, ob sie Blu-ray-Player haben. (Standardantwort: Hatten wir früher mal. Kauft aber keiner mehr. Die streamen jetzt alle.)
Nun kann ich mich zwar erinnern, vor etwa zwei Jahren in einem internationalen Zeitschriftenladen gestanden zu haben, der sogar einige deutsche Zeitungen und Zeitschriften führte. Aber das war in einem Touristenhotspot, da wäre ich jetzt mit dem Auto hin und zurück eineinhalb Stunden unterwegs, aber das war eben für Touristen der älteren Jahrgänge.
Wo, zum Kuckuck, kauft man denn hier eine Zeitung?
Der dritte Supermarkt, in dem ich vorbeikam, hatte hinter den Kassen, also da, wo man seine Einkäufe vom Wagen in die Tüte umpackt, so ein unscheinbares kleines Drahtgestell mit ein paar britischen, griechischen und zypriotischen Zeitungen. Aber auch so ganz in der Ecke, wo es nicht im Weg steht. Also habe ich mir die billigste genommen, die englisch war. Die Cyprus Mail. Titelschlagzeile
Von der Leyen to visit to discuss sea corridor.
Gottogottogott. Von der Leyen kommt morgen nach Zypern um einen humanitären Seekorridor nach Gaza zu diskutieren. Was wohl nicht ganz einfach werde, weil die Türken behaupten, Zypern sei der Umschlagplatz für Waffenlieferungen nach Israel.
Muss das sein? Hätte es da nicht auch eine Videotelefonkonferenz getan? (Ach, nee, stimmt ja, da hören ja die Russen mit…)
Was ich damit eigentlich sagen will:
Die Zeitung auf Papier ist nahezu tot. Noch nicht ganz, es gibt noch welche. Und für die, die unbedingt eine wollen, steht abseits in der Ecke noch ein Ständer mit ein paar Zeitungen.
Ich habe auch im Flugzeug schon lange niemanden mehr mit einer Zeitung gesehen. War doch früher Standard. Ich kann mich noch erinnern, dass ich früher bei den Dienstflügen immer die kostenlosen Zeitungen mitgenommen habe, um mich dann zu ärgern, dass man auf den schmalen, engen Sitzen Zeitung eigentlich gar nicht lesen kann. Einige, wie DIE WELT hatten das ja erkannt und extra für Flüge eine Kompaktausgabe angeboten, aber längst sitzen die Leute alle mit großem Handy oder Tablet im Flieger, womit das nicht nur viel leichter geht und auch auf kleinen Tischen.
Die Sache hat auch noch einen anderen Problempunkt. Man ist es heute gewohnt, dass man Bewegtbilder mit Ton bekommt, auch als Video bekannt. Das geht auf Papier nicht. Da werden nicht mal die Farbfotos schön. Papier, vor allem schnödes Zeitungspapier, kann mit der elekronischen Darstellung nicht mehr mithalten.
Ich muss mal die Versicherung fragen, wie sie das dann machen, wenn es keine Zeitungen auf Papier mehr gibt.
Damit brechen dann auch schlechte Zeiten für entführte Geiseln an, aber bei den heutigen KI-Möglichkeiten haben solche „Lebt-noch-Bilder“ sowieso keinen Beweiswert mehr.