Baden-Württemberg lässt Buch von AfD-Politiker Maximilian Krah verbieten
Leser fragen – Danisch weiß es auch (noch) nicht. [Update]
Und weiter geht das Gehampel.
Ein Leser fragt an, ob ich das erklären könnte:
Mehrere Medien berichten, dass das Landgericht Karlsruhe auf eine Klage des Finanzministeriums des Landes Baden-Württemberg hin (was effektiv mit den Grünen gleichzusetzen ist, denn Finanzminister ist der deutsch-türkisch-grüne Danyal Bayaz), entschieden habe, dass das Buch „Politik von rechts – ein Manifest“ von Maximilian Krah nicht mehr verkauft werden dürfe – wegen des Titelbildes auf dem Umschlag.
SWR:
Auf dem Einband des Buches von Maximilian Krah (AfD) mit dem Titel “Politik von rechts – ein Manifest” ist das Laienrefektorium aus dem Kloster Maulbronn zu sehen. Das Foto hat der Verlag ohne Nutzungsrechte verwendet.
Ohne Genehmigung des Eigentümers, also der Staatlichen Schlösser und Gärten, dürfen Aufnahmen aus dem UNESCO-Weltkulturerbe nicht für gewerbliche Zwecke benutzt werden, sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Finanzministeriums dem SWR. Das Landgericht Karlsruhe hat der Unterlassungsklage des Landes jetzt stattgegeben. Das Buch darf so nicht mehr verkauft werden.
Viel bringen wird es nicht, irgendwo stand, dass sich das Buch nicht nur gut verkaufe, sondern der Verlag über das Wochenende einfach schnell einen neue Aufklage mit anderem Titelbild drucke, und das Buch dadurch nur umso bekannter werde. (Ich kannte es bis gerade eben nicht, und jetzt schreibe ich schon einen Blogartikel darüber, ohne überhaupt zu wissen, worum es in dem Buch geht.)
Ob ich wisse, auf welcher Rechtslage das beruhe, fragt der Leser an.
Weiß ich nicht.
Allerdings ist mir gerade auch nicht ganz klar, worauf sich die Entscheidung bezieht. Schaut man nämlich bei Amazon oder beim Verlag nach, dann sieht man da eine Abbildung des Deckengewölbes schwarz auf dunkelblau, die wie so ein alter Holzstich aussieht. Googlet man aber nach dem Titel, dann findet man auch ein anderes Titelbild, nämlich ein (schlecht zu vergleichen, weil da jeder anders scannt und abfotografiert) ebenfalls schwarz auf (wohl etwas hellerem) blau gehaltens Bild, das mehr als nur eine Deckenwölbung zeigt, nämlich so eine Wandelhalle mit fünf Deckendoppelsäulen und ihren Deckenwölbungen und dahinter eine Fensterreihe, die Abbildungen aber so schlecht, dass ich eigentlich auch nicht so genau sagen kann, ob Foto oder Zeichnung. Und dazu gibt es noch ein Bild des Buches, ebenfalls mit der Wandelhalle, anscheinend kleiner Ausschnitt, aber mit hellbraun auf weiß statt blauf auf schwarz. Ich sehe also mindestens drei verschiedene Titelbilder von (angeblich) fünf Auflagen.
Letztlich also kann ich die Frage schon allein deshalb nicht beantworten, weil ich nicht weiß, auf welches Umschlagbild sich das bezieht.
Aber selbst wenn man mal hypothetisch einfach beide Umschlagbilder betrachtet, werde ich nicht schlau draus.
Die wichtigsten Fragen bei solchen Urheberrechtsstreitigkeiten ist immer, wer der Künstler war und wer oder was abgebildet ist. Eine wichtige Frage ist leicht zu beantworten, es ist nämlich kein Mensch abgebildet.
Die nächste Frage wäre die nach dem Künstler. Und ich weiß nicht, wie diese Bilder zustandekamen. Wenn das von der Deckenwölbung wirklich ein alter Stich ist, dann dürfte das Urheberrecht abgelaufen sein. Wenn es neu gemacht und nur alt wirken soll, dann hat natürlich derjenige, der dieses stichartige Bild gemacht hat, ein Urheberrecht als Künstler daran. Eine ähnliche Frage stellt sich bei dem anderen Bild des Wandelgangs, das ich aber auch nicht in so guter Qualität, nur sehr klein und stark jpeg-komprimiert, gefunden habe, dass ich nicht einmal sehen kann, ob das ein (digital bearbeitetes) Foto oder eine Zeichnung ist.
Und solange man nicht weiß, wer das wann wie angefertigt hat, kann man dazu schlecht etwas sagen. Außer, dass wenn es um Rechte des Künstlers geht, es seltsam wäre, dass das Land und nicht der Künstler klagt, es sei denn, das Land war Auftraggeber und ist Inhaber der Verwertungsrechte.
Die dritte Frage wäre die, was abgebildet ist. Man darf auch nicht alles fotografieren und veröffentlichen, das ist oft kunsturheberrechtlich geschützt. Eifelturm bei Tag geht, aber Eifeltum bei Nacht geht nicht, weil beleuchtet, und die Beleuchtung geschützt ist. Da hätte ich hier aber größte Zweifel, weil das Kloster Maulbronn um 1147 eröffnet wurde, zunächst romanisch war und später gotisiert wurde, und ich mal so frei annehme, dass die Urheberrechte der Architekten abgelaufen sein dürften.
Nun fragt der Leser an, dass man ja ein Recht am Bild der eigenen Person habe, aber nicht an eigenen Gegenständen. Das ist wahr, aber auch nur, wenn der Gegenstand nicht selbst wieder urheberrechtlich geschützt ist. Kaufe ich mir ein Auto, habe ich daran kein Urheberrecht. Male ich es an, dann schon.
Also erst einmal fällt mir da kein eindeutiges Recht ein, die Nutzung des Fotos zu verbieten. Das naheliegendste Problem wäre, dass das Bild selbst ein Foto ist und dann unter den Schutz des Lichtbildwerkes fiele, also schlicht geklaut war. Dazu passt aber die Pressemeldung im SWR nicht so ganz. Außerdem entscheiden Gerichte in solchen Fällen eher auf Entschädigung als auf Unterlassung.
Und das mit dem UNESCO-Welterbe halt ich auch für Quatsch, denn dann dürfte man ja keine Postkarte davon mehr verkaufen. Die UNESCO hat ja auch nicht über Urheberrechte zu entscheiden.
Was mir dazu aber einfällt, ist, die Frage andersherum zu stellen: Nicht, was für die Illegalität des Bildes spreche, sondern umgekehrt, worauf das Nutzungsrecht beruhe.
Der Knackpunkt ist nämlich, dass das Bild der Wandelhalle nicht von einer öffentlichen Straße aus aufgenommen sein kann, sondern von innen. Es unterliegt also dem Hausrecht und nicht etwa dem sogenannten Panoramarecht. Man müsste also eher umgekehrt die Frage stellen: Wie könnte das Bild rechtmäßig zustande gekommen und gewerblich nutzbar geworden sein? Und da findet sich der Bogen zum Land Baden-Württemberg und dem Finanzministerium, denn dem Land und seiner Vermögensverwaltung gehört das Kloster laut Wikipedia überwiegend.
Und wenn das eine Zeichnung ist, dann wäre das schon möglich, weil es eben nicht verboten ist, sich etwas anzuschauen und dann zuhause eine Zeichnung davon zu machen.
Vor Ort ein Foto davon zu machen ist allerdings kritisch. Da gilt erst einmal das Hausrecht. Beispielsweise darf man in Bahnhöfen nicht fotografieren (hält sich nur niemand dran). Auch vom Schloss Sanssouci und seiner Umgebung durfte man keine Fotos machen, sofern man sich dabei auf deren Grund befand. Das haben die allerdings neulich geändert, weil sie gemerkt haben, dass ihnen das Verbot mehr schadet als nutzt, und sie auf den Trichter gekommen sind, dass ganz viele Fotos in den Social Media und auf Webseiten die beste und auch noch kostenlose Werbung für sie ist. Sie haben gemerkt, dass so ein Fotoverbot schlicht dumm und kontraproduktiv ist – was aber nichts daran ändert, dass es ihr Recht und ihre Entscheidung ist.
Langer Rede kurzer Sinn:
Ich kann die Frage nicht beantworten, weil ich viel zu wenige Informationen dazu habe und überhaupt nicht weiß, wie die Abbildungen auf den verschiedenen Buchauflagen zustande- und sowohl technisch wie auch rechtlich dorthin kamen. Und um welche Rechte es überhaupt ging.
Ich weiß es schlicht nicht, und mir drängt sich auch nichts mit solcher Eindeutigkeit auf, dass ich das sagen könnte.
Es interessiert mich aber, und vor allem der Zeitpunkt ist schräg, sehr schräg. Das passt zeitlich viel zu gut um Zufall zu sein.
Und es stinkt dann auch ganz gewaltig, dass ein Bundesland unter grüner Führung derart gegen ein Buch eines AfD-Politikers vorgeht, obwohl es eigentlich eine Bagatelle ist, denn kein Mensch kauft das Buch wegen seines schönen Titelbildes, sondern wegen des Inhaltes oder des Autors. Ich glaube nicht, dass sie in an deren Fällen so ein Theater gemacht haben, und es dürfte durchaus als rechtsmissbräuchlich zu betrachten sein, wenn eine Regierung (denn das Kloster gehört dem Land und nicht den Grünen) solche Rechte für Wahlkampfzwecke zugunsten der Partei missbrauchte.
Es wird einem nicht viel anderes übrig bleiben, als zu warten, bis man irgendwie an die Entscheidung kommt – und ob sie überhaupt rechtskräftig wird.
Oder, das wäre am besten, jemanden zu kennen, der das Kloster kennt, es vielleicht in den nächsten Tagen auch mal besucht und besichtigt, und einfach mal dort zu fragen. Die Erfahrung lehrt, dass man oft am meisten herausfindet, indem man die Leute einfach fragt.
Sagt ja schon der Volksmund: Reden ist Silber, Fragen ist Gold. Alte Bloggerweisheit.
Leider wird man es wohl erst nach der EU-Wahl erfahren, was da gelaufen ist.
Update: Ein Leser schreibt mir dazu, dass es einen Kommentar dazu im Rundbrief des Verlages des Buches, also des Antaios-Verlags, gebe. Darin schrieben sie
Ursprünglich zierte eine Aufnahme des Laienrefektoriums aus dem Kloster Maulbronn das Cover von Krahs Politik von rechts. Dem Land Baden-Württemberg fiel nun ein, daß es das alleinige Recht an den Innenaufnahmen dieser öffentlich zugänglichen Schule habe.
Ein öffentliches Gebäude! Niemand konnte das wissen, und die Aufnahme, die wir verwendeten, ist über 70 Jahre alt. Jedoch: Ein Abverkauf der 5. Auflage wurde uns untersagt. Wir bieten die restlichen Exemplare deshalb mit einem schwarzen Umschlag als “Maulbronner Nachtausgabe” an – zum vergünstigten Preis.
Interessant. Das klingt plausibel, denn das Bild der Wandelhalle auf dem Buchcover sieht durchaus danach aus, eine ältere, flaue Schwarzweißaufnahme zu sein, weshalb ich mir bei den schlechten Fotos vom Buch, dich ich per Google gefunden habe, nicht sicher war, ob das ein Foto mit der Technik von früher war, ein neueres, aber nachbearbeitetes Foto oder eine realistische Zeichnung.
Wenn dieses Foto aber über 70 Jahre alt ist, also vor 1954 aufgenommen worden wäre, dann stellen sich interessante Fragen. Etwa, weil Baden-Württemberg am 25. April 1952 gegründet wurde. Und das Welturheberrechtsabkommen am 6. September 1952 beschlossen wurde.
Da wäre die Frage, ob das Land Baden-Württemberg als Eigentümer, der am Gebäude kein Urheber-, sondern das Hausrecht hat, nur über aktuell aufgenommene Fotos bestimmen kann, oder auch rückwirkend über Aufnahmen, die enstanden, als es noch nicht Eigentümer gewesen sein konnte, weil es noch gar nicht existierte.
Allerdings gab es auch schon vor dem Welturheberrechtsabkkommen ein Urheberrecht, man dachte schon im 18. Jahrhundert darüber nach, freilich über Texte und Malerei, noch nicht über Fotografie.
Und dann:
In der Zeit des Nationalsozialismus galt der Urheber als „Treuhänder des Werks“ für die Volksgemeinschaft. Bestehende Gesetze wie das Kunsturheberrechtsgesetz blieben in Kraft.
Quellenangabe dort: Instruktiv Simon Apel, Das Reichsgericht, das Urheberrecht und das Parteiprogramm der NSDAP (PDF; 65 kB), in: Zeitschrift für das Juristische Studium (ZJS) 2010, 141 , wo es heißt
Das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst“ von 1901, novelliert 1910 (LUG), und das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“ (KUG) von 1907,2 galten zwischen 1933 und 1945 – von einer Ausweitung der Schutzfristen abgesehen3 – nahezu unverändert
fort.
und dann wird beschrieben, wie das unter der NSDAP lief.
Das wäre jetzt natürlich ein Brüller, wenn das Foto zwischen 1933 und der Gründung der Bundesrepublik entstanden wäre, und die Urheberrechte, die das grüne Baden-Württemberg gegen Krah durchsetzen will, auf NSDAP-Recht beruhten.
Mir kommt da aber noch ein anderer Gedanke.
Wenn nämlich das Foto älter als 70 Jahre ist, und man annimmt, dass es auch älter als 79 Jahre ist, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Fotograf vor mehr als 70 Jahren gestorben ist, denn Männer im fotografenüblichen Alter unterlagen damals kriegsbedingt einer hohen Sterblichkeit, und damit wäre das Urheberrecht abgelaufen.
Selbst wenn der Fotograf länger gelebt hatte, und das Urheberrecht noch gälte, drängt es sich zumindest nicht auf, wie es an das Land Baden-Württemberg und nicht an die Erben gekommen sein sollte. Theoretisch könnte der sogar noch leben.
Das ist natürlich jetzt blöd, weil ich einerseits dazu schreiben muss und will, solange das Thema noch brühwarm ist. Andererseits sitzt da nun in Karlsruhe ein Richter und saugt sich ein Urteil aus den Fingern, dem ich jetzt damit Hinweise auf Fehler gegeben habe. Ich hatte ja schon geschrieben, dass Richter in Deutschland keine Rechtsfindung betreiben, sondern willkürlich entscheiden und dann Begründungsfindung treiben.
Trotzdem: Gerade wenn das Foto über 70 Jahre alt ist, bin ich umso mehr gespannt, wie sie das begründen.