Die Unlöschung der Löschung
Tun sich da Abgründe bei Apple auf?
Ein Leser spielt mir gerade das Gerücht zu, das sich gerade in Social Media ausbreite, wonach auf iPhones nach dem neuesten Firmwareupdate uralte und vor Jahren (vermeintlich) gelöschte Fotos wieder auftauchten. Die Rede ist von „NSFW“-Bildern. NSFW steht im anglisch-amerikanischen Sprachgebrauch für „Not Safe For Work(place|space)“ und meint solche Bilder, die man am Arbeitsplatz nicht auf dem Bildschirm haben will = Nackt- und Pornofotos.
Nun ist das ja in den USA gang und gäbe, und durchaus auch bei uns, sich gegenseitig Schweinkram zuzusenden. Das fängt mittlerweile in den mittleren Schulklassen schon an, und ich hatte ja mal erzählt, dass ich vor 20 Jahren mal auf einen Aktworkshop mit drei Models war, und sich die Fotografen äußerste Mühe gaben, dass das alles sehr höflich, distanziert, respektvoll, würdevoll, nur nicht den Hauch eines Schmuddeleindrucks erwecken. Und als der Workshop vorbei war, fragte mich eine, ob ich ihr noch einen Gefallen tun könnte, sie bräuchte noch ein paar Bilder von sich auf ihrem Handy, die sie dann (damals moch per MMS) ihrem Freund schickt, kurz bevor der nach Hause kommt, um ihn spitz zu machen, damit es gleich losgehen kann, wenn er rein kommt. Klar, sag’ ich, nehme ihr Handy, „mach’, wie Du haben willst…“. Und dann ging es hardcore-mäßig rund. War nicht ganz einfach zu erklären, weil dann doch noch eine von den anderen Models reinkam, erstaunt guckte und sehr komisch fragte, was wir da machen, und ich noch erklärte, es sei nicht das, wonach es aussähe, es wäre ja ihr Kamerahandy und ihr Wunsch. Es war nicht ganz klar, ob sie das abstoßend fand, das auch wollte, oder sogar beides. Wie auch immer, das ist seither wohl sehr, sehr in Mode gekommen, und omnipräsent, es gibt ja längst einen Fachbegriff dafür, das „Sexting“ (aus Sex und Texting), und es gibt ja auch immer wieder die Kriege, in denen dann Leute die Bilder ihrer Ex posten, was ja inzwischen in manchen Ländern ein eigener Straftatbestand ist, und an den Schulen ist das wohl zur Epidemie geworden.
Und wenn das jetzt plötzlich alles wieder auftaucht, und dann vielleicht die Gattin die findet oder die den Kollegen zugänglich werden – oha.
Wobei ich noch überlege, wie das technisch funktioniert. Gerade bei Apple und Windows ist das ja so, dass gelöschte Dateien erst einmal gar nicht gelöscht, sondern nur in ein Papierkorbverzeichnis verschoben werden, bis man sie mal richtig löscht. Ich habe das mal in der Firma vorgeführt, dass auf USB-Sticks, die im Gebäude oder am Drucker gefunden wurden, und die vermeintlich leer waren, die Kapazität dann nur als 50% oder 70% angezeigt wurden, und das ja einen Grund haben muss, der Stick nicht leer sein kann, und siehe da, man jede Menge vertraulicher Daten im versteckten Papierkorbverzeichnis findet. Wohlgemerkt: Das sind keine Undelete-Tricks, die Dateien wurden nie gelöscht, sondern nur verschoben.
Aber: Gerade bei iPhones drängt sich mir das nicht so auf, weil deren Speicher ja begenzt ist und man das ja merken würde, wenn man Dateien „löscht“, aber der Speicher nicht frei wird.
Deshalb dürfte das eher an deren Cloud liegen, zumal die Bilder ja als Jahre alt beschrieben werden, die Leute vermutlich längst ein neues iPhone haben, und das die Sache noch übler macht, weil damit wohl alte, gelöschte Bilder auch auf neue Geräte wandern können und vielleicht sogar Privatfotos auf Diensthandys oder sogar -computern landen können, denn Macs greifen ja auch auf die Cloud zu.
Es wäre denkbar, dass da ein – vielleicht sogar gewollter – Softwarefehler dazu führt, dass Bilder in die Cloud hochgeladen werden, aber das lokale Löschen nicht richtig übertragen wird, die dort vielleicht nur als gelöscht markiert oder verschoben werden.
Mal sehen, was da noch draus wird. Vielleicht haben die Leute sich das auch nur eingebildet und nur gedacht, sie hätten ein Bild gelöscht.
Aber wenn das so wäre – dann hätte Apple vielleicht ein Problem.
Die Frage ist natürlich dann, in welchen und wessen Kompromatkoffern das dann gelandet sein könnte.